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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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in diesem Zauber unterrichtet hatte. Jetzt galt es, sein Leben zu retten. Sie würde ihn nicht enttäuschen. Sie sah sein Gesicht vor ihrem inneren Auge auftauchen, ihr Blick glitt über seine Haut, seine Augen, seinen Körper. Für gewöhnlich brauchte sie einen Stift, um Figuren zu malen — doch für einen Zauber wie diesen erfüllten ihre Gedanken denselben Zweck. Wie geschärfte Klingen glitten sie durch Theryons Abbild, bis es ihm aufs Haar glich. Mia hörte die Geräusche des Kampfes nur noch dumpf, auf einmal spürte sie nichts mehr als das flirrende Bild von Theryon, das sich langsam aus ihrem Körper schob und mit der goldenen Luft verschmolz. Regungslos stand Theryons Illusion vor ihr. Es war das eine, die Illusion vom eigenen Körper zu erschaffen — doch das Abbild eines anderen hervorzubringen gelang nur besonders begabten Magiern. Sie hätte gelächelt, wenn nicht plötzlich ein Keuchen durch den Raum gegangen wäre. Sie roch den Duft von schwarzem Feenblut, den sie nur zu gut kannte — Theryon war verwundet worden.
    Mit klopfendem Herzen schloss sie die Augen und rief ihn in Gedanken an. Es dauerte einen Augenblick, dann erhielt sie seine Antwort. Vorsichtig lugte sie an der Säule vorbei und sah, wie Theryon gerade in diesem Moment hoch in die Luft sprang, die Hände zusammenschlug und in einer gewaltigen Nebelwolke verschwand. Das war ihr Zeichen.
    Sofort sprach sie den Zauber. Die Illusion Theryons trat an ihr vorbei in den Raum und schnippte leicht mit dem Finger. Die Feen fuhren herum, gleißend helle Flammen rasten aus ihren Fäusten auf die Illusion zu. Mia duckte sich unter den Geschossen, die rechts und links in die Säule einschlugen. Ein leichtes Flackern in ihren Gedanken ließ sie aufsehen: Theryon hockte hoch oben auf den Bruchstücken der Kuppel, regungslos und kühl schaute er auf sie herab, doch in den Winkeln seiner Augen glomm ein Lächeln.
    Mia!,
rief Jakob in ihren Gedanken.
Beeil dich!
    Atemlos stieß Mia sich von der Säule ab und rannte auf den kristallenen Gang zu. Die Illusion folgte ihr, mächtige Zauber schlugen hinter ihren Schritten ein und brannten tiefe Krater in den Boden. Mit einem Schrei stürzte Mia sich in den Gang.
    »Lauf!«, rief sie, riss Jakob mit sich und spürte, dass die Illusion ihnen nacheilte.
Kommt schon,
schoss es ihr durch den Kopf.
Folgt uns, und lasst Theryon mit dem roten Kristall allein!
Die Worte brannten hinter ihrer Stirn, während sie den Gang hinabraste. Dann hörte sie die Schritte hinter sich. Die Stimmen der Feen zerrissen die Luft und für einen Moment brach wilder Jubel durch Mias Brust. Gleich darauf wurde sie von einem heftigen Zauber beinahe von den Füßen gerissen. Jakob packte sie am Arm, doch sie sah in seinem Blick, was sie selbst dachte: Sie hatten keine Chance mehr zu entkommen.
    Stolpernd erreichten sie das Ende des Ganges und wandten sich nach links. Mia schickte den Illusionszauber in die andere Richtung und hatte nur noch einen Gedanken: fort, nur weit fort von Theryon. Im Zickzack rannten sie durch mehrere Zimmer und wollten gerade durch eine geschlossene Tür brechen, als diese geöffnet wurde und mehrere Feen heraustraten. In letzter Sekunde blieb Mia stehen, ihr Atem setzte aus, als hätte sie einen Schlag vor die Brust bekommen. Die Feen hinter ihnen verlangsamten ihre Schritte, auf einmal schien es, als hätten sie jede Hast verloren. Mia spürte die Macht eines Betäubungszaubers auf sich zurasen. Schnell griff sie nach Jakobs Hand. Theryon war es gelungen, sich bei dem Kristall zu verbergen. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis er seinen Zauber beendet hatte, und dann würde er kommen und sie retten. Sie klammerte sich an diesen Gedanken wie eine Ertrinkende an ein faulendes Holzstück. Dann traf sie der Zauber, und sie verlor das Bewusstsein.

Kapitel 39

    nter ihnen zogen die schneebedeckten Gipfel der Dolomiten dahin, sanft beschienen vom Licht der sinkenden Sonne. Grim legte die Arme um seinen Körper. Er fror erbärmlich in seiner Menschengestalt, und außerdem passte es ihm gar nicht, auf Asmaels Rücken sitzen zu müssen und nicht selbst fliegen zu können. Ein seltsames Übelkeitsgefühl befiel ihn, wenn der Hippogryph sich in Schräglage begab, und er sehnte den Augenblick herbei, da Hortensius Asmael das Zeichen zum Landen geben würde. Aber in Wahrheit war diese ungewohnte Art der Fortbewegung nicht die Hauptursache für seine miese Laune — diese hatte nämlich grüne Haare und kompensierte ihren

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