Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
Vom Netzwerk:
dass du jederzeit dein Leben für sie riskiert hättest — und es bis heute noch immer tust? Was war es, das dich in ihre Nähe gezogen hat? Vielleicht etwas, das du in dir selbst trägst? Etwas von großer Macht? Etwas, das fähig ist, jemanden durch die Wasser der Hölle zu führen, und das du nun von dir weist, weil du den Abgrund in deinem Inneren nicht mehr erträgst?
    Grim schauderte, als er die Wellen des Meeres Bythorsuls auf seiner Haut fühlte wie eine lähmende Erinnerung, und für einen Moment schien es ihm, als hielte er die Hand eines Menschenkindes in der seinen: flüchtig und zart wie ein Blütenblatt. Langsam stieß er die Luft aus.
    »Vielleicht könntest du aufhören, mir bei deinen inneren Selbstgesprächen andauernd in den Nacken zu schnauben«, giftete Hortensius mit einem Blick über die Schulter und unterbrach abrupt den Gedankendialog zwischen Grim und Remis. Dann beugte er sich vor und flüsterte dem Hippogryphen etwas ins Ohr. Sofort legte Asmael die Schwingen an, zog die Beine an den Körper und raste kopfüber auf die Erde zu. Grim krallte sich in sein Fell, er musste all seine Kraft aufwenden, um nicht zu schreien. Das erledigte Remis für ihn, der senkrecht zum Horizont an Carvens Schulter hing und so laut brüllte, dass seine Zunge ein zitternder rosa Lappen im Wind wurde.
    Schwingenrauschend setzte Asmael auf einem Felsplateau auf. Vor ihnen erhoben sich riesige Bergzinnen, doch von einem Rosengarten im Sinne Laurins war nichts zu sehen. Grim sprang von Asmaels Rücken und streckte sich, dass seine Knochen knackten. Carven zog die Arme um den Körper, er schlotterte vor Kälte und sah seltsam verloren aus inmitten der gewaltigen Berge.
    »So schlimm war mein Schnauben nun auch wieder nicht«, grollte Grim und warf Hortensius einen düsteren Blick zu. »Wollen wir hier ein Picknick veranstalten oder warum rasten wir in dieser verlassenen Gegend?«
    Der Zwerg schüttelte missbilligend den Kopf. »Schlimmm genug, dass ihr Langen ständig keine Ahnung von den wichtigen Dingen des Lebens habt. Aber ihr versteht euch ja noch nicht einmal darauf, euer Unwissen zu verbergen!« Er wischte mit der Hand den Schnee von einem kleinen Felsen und ließ sich darauf nieder.
    Nur mit Mühe gelang es Grim, ruhig zu bleiben. »Falls es dir entgangen ist: Uns sitzt die Zeit im Nacken. Wir müssen das Schwert Kirgans erlangen, um die verfluchte Königin aufzuhalten, dafür müssen wir den Rosengarten finden und ...«
    Hortensius fuhr abfällig mit der Hand durch die Luft. »Ja, ja«, erwiderte er. »Das werden wir auch, du wirst schon sehen. Wie sage ich immer zu meinem Lehrling: Sieh und staune, um zu lernen.«
    Grim ballte die Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte er diesem aufmüpfigen Zwerg jedes Barthaar einzeln ausgerissen, so sehr ging Hortensius ihm auf die Nerven. Noch nicht einmal
ansehen
konnte ihn der Kerl, wenn er mit ihm sprach! Unverwandt schaute er an Grim vorbei und betrachtete die Berggipfel, die langsam vom goldenen Licht der untergehenden Sonne veredelt wurden. »Zum Teufel, sind wir hier, um uns den Sonnenuntergang anzusehen?«, grollte er düster.
    Hortensius lächelte. »Ihr erinnert euch sicher, was ich euch über Laurin erzählte. Er belegte seinen Rosengarten mit einem Fluch, sodass ihn weder bei Tag noch bei Nacht jemand erblicken konnte. Doch der König hat die Dämmerung vergessen, und so kommt es, dass der Rosengarten bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang blüht.«
    Auf einmal wurde das Licht auf den Bergen feuerrot — es sah aus, als würden die Felsen in Flammen stehen. Lautlos lösten sich glimmende Funken von den Steinen, fielen leise zischend in den Schnee und bildeten winzige Knospen, die in rascher Geschwindigkeit zu Rosenranken heranwuchsen. Staunend beobachtete Grim, wie wenige Schritte von ihm entfernt ein goldener Zaun mit verschlossenem Portal aus dem Boden wuchs, hinter dem sich ein wilder Rosengarten entwickelte. Weiße, gelbe und vor allem rote Blüten entsprangen an Büschen, Stauden und Bögen und wurden sogar zu prachtvollen Bäumen, deren Stämme von mehreren Ranken gebildet wurden. Winzige Flammen liefen über die einzelnen Blütenblätter hin.
    Remis schwirrte mit verzücktem Gesichtsausdruck näher an den Garten heran — und wurde sofort von einem kräftigen Fauchen aus dem Zaun vertrieben. Grim sah gerade noch die Katze, die sich blitzschnell aus dem Gold des Portals gebildet und nach dem Kobold ausgeschlagen hatte, ehe sie wieder mit dem Metall

Weitere Kostenlose Bücher