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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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ihres Bruders waren vollkommen leer.
    Da riss der Schrei Theryons die Luft in Fetzen. Mia fuhr herum, sie sah, wie Theryon sich über die Köpfe von vier Feen erhob, sie mit farbigen Schleiern umwickelte und an der Wand hinauf aufwärtseilte. Kopfüber raste er über die Kuppel, seine Tritte hinterließen weiße Kratzer auf dem Kristall. In der Mitte des Saals löste er sich von der Kuppel und schwebte für einen Augenblick regungslos in der Luft. Dann flüsterte er einen Zauber, ein schwarz flackerndes Schwert erstand in seiner Hand. Ohne zu zögern, holte er aus und stieß die Klinge in die Kuppel. Sofort liefen Risse hindurch, Mia hörte das bedrohliche Knacken wie das Stöhnen eines zugefrorenen Sees — und mit einem gewaltigen Knall sprang die Kuppel entzwei.
    Mia duckte sich vor den Splittern, die wie ein funkensprühendes Feuerwerk durch die Luft flogen, und sah, wie Theryon die Nordlichter des Himmels anrief. Geistergleich strömten sie auf ihn zu und rasten in flirrenden Farben in sein hochgestrecktes Schwert. Für einen Moment flammte die Waffe in überirdischem Licht. Dann riss Theryon das Schwert herunter und stob auf die Feen zu, die noch immer von den Schleiern in Schach gehalten wurden. Grelles Licht strömte aus seiner Klinge, verfärbte die Schleier und verwandelte sie ebenso wie die Feen in Gebilde aus Eis.
    Schwer atmend landete Theryon neben dem Schicksalsstein. Die Funken der Kuppel fielen in Silberlichtern um ihn nieder, und für einen Moment meinte Mia, seinen Herzschlag zu hören — den ruhigen, stetigen Herzschlag eines Kriegers. Langsam hob er den Blick, und während er sie ansah, zog sich das Eis von seinem Gesicht zurück, und anstelle der Schwärze sah Mia wieder die trostlose Ebene in seinen Augen. Schweigend wandte er den Kopf und betrachtete den roten Kristall.
    Mia spürte die Flammen, die im Lia Fáil loderten, sie hörte die Rufe wie aus weiter Ferne, aber sie zwang sich, ihre Lockungen an sich abprallen zu lassen. Schon einmal war sie den Rufen der Feenmagie gefolgt, und sie legte keinen Wert darauf, diese Erfahrung zu wiederholen. Sie warf Jakob einen Blick zu. Ruhig und verschlossen stand er neben ihr, seine Augen zeigten keine Regung.
    »Jhor Uthyn«, sagte Theryon leise, beinahe sanft, und strich mit der Hand über den Kristall. Dort, wo seine Finger ihn berührten, bildeten sich silberne Schnüre, die sich langsam wie brechendes Eis ins Innere des Kristalls vorschoben. Gleich darauf flammten winzige Bilder an ihren Enden auf. Mia erkannte die Monolithen von Stonehenge, die Wälder von Broceliande, einen See in den Highlands von Schottland, und sie begriff, dass es die Feenorte der Welt waren, die in diesem Kristall erschienen. »Der Lia Fáil ist das Zentrum der Feenmacht dieser Welt. Nun kehrt er zu früherer Stärke zurück, und wie in alten Zeiten verbindet er alle Feenorte dieser Welt mit seiner Macht. Sobald sich ihr Zauber vollendet hat, wird die Königin die Macht des Kristalls nutzen, jeden Feenort auf der Welt zu erreichen — und ihre Macht freisetzen. Durch die Risse werden die Feen in die Welt strömen, doch das ist noch nicht alles. Die Grenze wird diesen Angriffen nicht standhalten können — innerhalb kürzester Zeit wird sie unter den Rissen zusammenbrechen. Und sobald das geschehen ist, wird die Königin das Zepter der Menschen zerstören — und damit ist jede Möglichkeit verloren, die Feen jemals wieder in ihre Welt zu verbannen. Denn auf dem Zepter der Gargoyles liegt mein Bann, der eine erneute Errichtung der Grenze mit diesem Artefakt unmöglich macht. Wenn dieser Zauber sich vollendet ... dann hat die Königin gesiegt.«
    Angespannt legte Theryon beide Hände an den Kristall, schloss die Augen und murmelte einen Zauber. Gleich darauf veränderte sich die Farbe des Steins, er wurde grau und dann schwarz. Mia erkannte, dass sie im Zeitraffer über das Antlitz der Welt dahinflog. Gewaltige Risse klafften im Firmament, und über blutrotes Licht strömten Feen in die Welt — Tausende und Abertausende von Feen. Sie stürzten sich auf die Länder der Menschen, Mia hörte das Schreien von Sterbenden — und etwas anderes, einen Klang, der ihr kalte Schauer über den Rücken jagte. Atemlos sah sie, wie die Feen Menschenkinder aus den Städten raubten, und die Kinder weinten so markerschütternd, dass Mia zurückwich. Zitternd zog Theryon seine Hände zurück. Er schwankte, als er die Augen öffnete und mit einem Anflug von Entsetzen auf dem Gesicht den Kopf

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