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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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freigab.
    »Ich glaube, dass diese Kerle mich am liebsten kopfüber in ihren See werfen würden«, murmelte Grim und entlockte Remis ein ängstliches Seufzen.
    Hortensius warf ihm einen Blick zu. »Das glaube ich auch«, erwiderte er in herzerfrischender Ehrlichkeit. »Aber der Rosengarten hat dir den Zutritt gewährt, und daher darf kein Zwerg deinen Weg in dieser Stadt behindern — so sagen es die Gesetze meines Volkes.«
    Grim nickte anerkennend. Er hätte nicht gedacht, dass ein Zwergengesetz auch einmal zu etwas gut sein würde. Schweigend durchschritten sie eine Eingangshalle mit mehrfach gewölbter Decke, in deren Mosaiken sich das Feuer der Lavaströme brach. Dann öffneten ihnen zwei Pagen wortlos ein doppelflügeliges Portal, und sie gelangten in einen Raum aus purem Gold. Die Säulen rechts und links des breiten Mittelganges, die Decke, der Fußboden, sogar die Kerzenständer waren aus dem kostbaren Material gefertigt worden. Nur ein gewaltiger Kamin, der auf der linken Seite des Saales prangte und in dem rotes Feuer loderte, bestand aus dunklem Stein, ebenso wie der Thron aus schwarzem Granit am anderen Ende des Ganges.
    Ein riesiger schneeweißer Falke saß neben dem Herrschersitz und blickte aus goldenen Augen zum König der Zwerge auf, der darauf Platz genommen hatte.
    Regungslos schaute Dhunr Raz'khad Lir ihnen entgegen, während sie über den langen Gang näher traten. Mehrere goldene Ringe steckten an seinen Fingern, einer davon mit einem leuchtend blauen Stein am Mittelfinger der rechten Hand als Zeichen der Königswürde, und sein tintenblaues Gewand, das von einem ledernen Gürtel zusammengehalten wurde, reichte bis zu seinen Knöcheln. In seiner rechten Faust hielt er eine Kugel aus geschliffenem Marmor, in der linken den Knauf einer Axt und auf seinem Kopf saß eine goldene, mit kostbaren Juwelen besetzte Krone. Sein nachtschwarzes Haar fiel in nebelhafter Glätte über seine Schultern hinab, sein Bart war zu kunstvollen Zöpfen geflochten worden, und seine Augenbrauen von der gleichen Farbe verliehen seinem Gesicht eine herbe Strenge. Seine Haut war bleich, als hätte sie noch nie das Sonnenlicht gesehen. Das Außergewöhnlichste an ihm jedoch waren seine Augen. Das rechte war fast schwarz und passte gut zu seinem dunklen Haar — das linke aber hatte die Farbe junger blauer Hyazinthen und wirkte seltsam fremd in dem strengen, unnahbaren Gesicht.
    Sie erreichten den Fuß des Throns und waren kaum stehen geblieben, als Hortensius mit durchdringender Stimme rief: »König Dhunr Raz'khad Lir der Zweite, Sohn des Gor, auch genannt Faust der Schatten und Schwerter, Herrscher der Zwerge seit dem Zeitalter der Acht — wir, die Besucher Falkantros', verneigen uns vor Euch in Demut.«
    Ruckartig fiel Hortensius auf die Knie und neigte den Kopf. Grim beeilte sich, es ihm gleichzutun, und auch Carven und Remis folgten seinem Beispiel. Eine Weile war es still. Dann stieß der König die Luft aus, langsam und schneidend. Grim fühlte den kalten Hauch seines Atems an seiner Wange, obwohl der Zwerg ein ganzes Stück von ihm entfernt war.
    »Ihr seid nicht willkommen«, sagte König Lir mit rauer Stimme. »Doch mein Garten hat euch den Zutritt gewährt, und so ist es meine Pflicht, euch anzuhören. So sprecht! Was ist euer Begehr?«
    Vorsichtig kam Grim auf die Beine und war zum ersten Mal seit dem Beginn der Reise froh, Hortensius dabeizuhaben. Regungslos wie ein Felsen stand der Zwerg vor dem König, straffte die Schultern und sagte mit kraftvoller Stimme: »Wir bringen den Krieger des Lichts zu seinem Schwert.«
    Dunkle Wolken zogen sich in den Augen des Königs zusammen. Er hatte Carven noch keines Blickes gewürdigt, doch nun musterte er ihn wie ein zertretenswertes Insekt. »Menschen«, zischte er, und Grim sah zu seinem Entsetzen, dass der König eine schwarze Zunge hatte, die nun langsam und zäh über seine Lippen leckte. »Wir haben mit ihnen nichts mehr zu schaffen. Wir bewahrten das Schwert für Bromdur, unseren Ahnen — und in der Hoffnung, dass eines Tages einer käme, der es in Würde tragen würde. Doch bei den Menschen ist diese Hoffnung verloren. Die Macht des Schwertes kann missbraucht werden und das Volk der Zwerge vernichten. Kein Zwerg vertraut einem Menschen.«
    Grim schauderte, als das letzte Wort des Königs ihm ins Gesicht flog wie ein kalter Lappen. Noch nie zuvor, das wusste er, hatte er ein Wesen mit solcher Verachtung über die Menschen sprechen hören — nicht einmal die

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