Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
Vom Netzwerk:
riss ihn ungeachtet seiner Fesseln zu Nahyd heran, der mit einem Gurgeln seine Zähne in Jakobs Fleisch grub. Mia schrie auf, doch schon legte sich ein neuer Bannzauber auf ihre Stirn, der ihre Sinne wie mit einem grauen Nebeltuch bedeckte. Ihr Schrei erstickte in ihrer Kehle, aber sie wandte sich nicht ab. Mit aufgerissenen Augen starrte sie Jakob an, der mit wild flatternden Lidern in Nahyds Maul hing, und hörte das gierige Schmatzen, während Nahyd sein Blut trank. Zuerst hielt dieser die Augen geschlossen, doch dann öffnete er sie, fixierte Mia mit blutdurchweichter Iris, riss den Kopf zurück und lächelte, während Fleischfasern an seinen Lippen haften blieben.
    Im selben Moment erklang ein Ton, der so hell und klar war, dass er Mia im Innersten erschütterte. Instinktiv blickte sie hinüber zur Sanduhr und sah, wie das letzte Korn niederfiel.
    Nahyd fuhr herum. Auf einen Fingerzeig der Schneekönigin ließ er Jakob fallen, der leblos liegen blieb.
    »Gut«, sagte Nahyd mit schwerer Zunge. »Ich will mir nicht die Freude auf mein Hauptgericht verderben.« Damit schritt er neben den Thron der Königin und verharrte regungslos. Mia suchte Jakobs Blick, denn er war bei Bewusstsein, das konnte sie sehen. Doch sein Kopf sank ihm auf die Brust, als er von den Feen gepackt und erneut an den Pfahl gebunden wurde, und seine Augen waren ausdruckslos und kalt.
    Die Königin trat vor. »Es ist so weit«, flüsterte sie. Hoheitsvoll schritt sie auf den Lia Fáil zu und legte beide Hände darauf. Sofort strömten Bahnen aus Licht in den Kristall, die sich zu einem Wirbel aus überirdisch schönen Farben verwoben. Mit angehaltenem Atem sah Mia, wie die Hände der Königin durch die Luft fuhren, wie sie Fetzen aus Sturm in die Abschlussformel ihres Zaubers legte und Finsternisse aus lang vergangener Zeit. Plötzlicher Wind riss der Königin die Haare zurück und ließ ihr Kleid flattern. Dunkle Feenworte rollten über ihre Lippen, während der Himmel über der zerbrochenen Kuppel sich mit Wolken bezog. Es donnerte, erst fern, dann direkt über ihnen. Blitze zerrissen das Firmament. Der Himmel begann zu flackern wie ein Leichentuch im Orkan, gleißend helle Schleier aus Licht stoben auf den Kristall zu, sie kamen von weit her, das konnte Mia fühlen. Und dann, mit einem einzigen letzten Wort, riss die Königin den Kopf in den Nacken und befreite den Zauber, der die Mächte der Feenorte wecken sollte.
    »Orlemtor!«
    In einer gewaltigen Explosion stoben die wirbelnden Farben aus dem Kristall in die Höhe und wanden sich in einem leidenschaftlichen Tanz umeinander. Eine Erschütterung ging durch den Raum, Mia wurde von unsichtbaren Händen gepackt und von ihren Fesseln befreit, ehe sie in hohem Bogen durch die Luft flog und auf dem Boden aufschlug. Benommen fuhr sie herum und sah, wie die Farben des Zaubers in flirrenden Lichtern auf das Schloss niedersanken.
    Im nächsten Augenblick fühlte sie Theryons Atem an ihrer Wange. »Sie hat nicht ihren Zauber vollendet«, flüsterte er, und sie konnte hören, dass er lächelte. »Sondern meinen.«

Kapitel 41

    rim näherte sich dem schwarzen Portal mit einem mulmigen Gefühl im Magen. Svartalfrheim, das sagenhafte Herrschaftsgebiet der Zwerge im Erdinneren, über das unzählige Legenden existierten, lag dahinter. Manche Sagen und Mythen aus Ander- und Menschenwelt nannten es so groß, dass es im Süden bis zum Flammenland Muspelheim reichte und im Norden bis nach Niflheim, in das Gebiet der Reif- und Frostriesen. Andere Legenden behaupteten, dass magische Artefakte wie Thors Hammer Mjölnir, das Schiff Skidbladnir oder die goldenen Haare Sifs dort erschaffen worden waren, und Grim hatte zahlreiche Geschichten gehört über die magische Stadt Yphraghur — die von Erzadern umflossene Hauptstadt der Zwerge, erbaut auf einem nadelspitzen Felsen, erschaffen aus grünem Adamantkristall. Oft hatte er versucht, sich diese Stadt aus den Worten der Geschichtenerzähler heraus vorzustellen, doch es war ihm nie vollkommen gelungen. Eines stand fest: Sowohl in der Anderwelt als auch in der Welt der Menschen existierten nichts als Sagen und Legenden über das Zwergenreich, und ebenso nebelhaft blieb der derzeitige König dieses Volkes, den kaum ein Anderwesen oder gar ein Mensch jemals zu Gesicht bekommen hatte.
    Manche Mythen der Menschen rückten ihn in die Nähe von Modsognir oder Durin, den ersten und mächtigsten Zwergen, die die Welt jemals gesehen hatte, einige Geschichten der Anderwelt

Weitere Kostenlose Bücher