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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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mit dumpfem, entsetzlichen Geräusch und zerfetzte den Schutzzauber auf ihrer Haut.
    Die Königin wurde bleich wie durchsichtiges Wachs, ihre Augen waren zwei Abgründe, gefüllt mit Nacht und Sternen. Sie stolperte rückwärts und fiel zu Boden, halb rappelte sie sich auf, doch die Kraft schien aus ihren Gliedern zu fließen wie Wasser. Schaudernd hörte Grim die Schreie der Feen um sich herum, es klang wie das wilde Heulen sterbender Wölfe, und er roch den Gestank von verbrennendem Fleisch. Er schaute der Königin in die reglosen Augen, doch er sah, wie sich die Haut ihres Körpers schwarz verfärbte, wie sie anfing zu kohlen und kleine Flämmchen über ihre Arme liefen. Sie gab keinen Ton von sich, aber in ihrem Blick lag etwas, das Grim bis ins Innerste erschütterte. Er sah keinen Zorn mehr in ihrem Gesicht, keine Gier und keinen Hass — nur Verzweiflung war darin, eine tiefe, brennende Sehnsucht nach etwas, das unwiederbringlich verloren war.
    »Schluss damit!«
    Die Stimme durchbrach die Schreie der Feen wie ein Feuerstoß. Grim fuhr herum — und erstarrte.
    Vor ihm stand der fremde Alb, und in seinen Klauen hing Mia. Er hielt sie von hinten umfasst, Grim konnte die Furcht in ihren Augen sehen. Kalt glühend hatten sich die Arme des Albs um ihren Körper geschlungen, und er zog ein silbernes Messer langsam über ihren Hals, bis er an der Schlagader innehielt. Grim konnte Mias Pulsschlag an der Waffe sehen und hörte auf zu atmen.
    »Errichte den Schutz neu«, flüsterte der Fremde in Mias Ohr, aber er redete nicht mit ihr. Er sprach mit Grim. »Sofort!«
    Grim spürte die Blicke der Schattenflügler auf seinem Gesicht, den Blick Mouriers, der mitten im Kampf innegehalten hatte wie all die anderen. Eine seltsame, brodelnde Stille lag über den Köpfen, als Grim den Zauber sprach.
    »Lass sie gehen«, grollte er, während der Fremde sich mit Mia zur Schneekönigin bewegte, die schwer atmend auf die Beine kam. Die Fee fuhr sich übers Gesicht, Teile ihrer Haut blieben an ihren Fingern haften. Grim fröstelte, als er sie ansah, das Fleisch und die Muskeln, die unter der zerfetzten Haut ihrer linken Wange sichtbar wurden, und die tiefschwarzen Augen, die weit in die Höhlen zurückgetreten waren. Nichts war mehr von der Anmut der Schneekönigin übrig geblieben, bis auf die Dunkelheit in ihrem Blick — und vielleicht war sie es, die Grim das Gefühl zurückgab, dass die Fee noch immer schön war. Jetzt trat sie auf Mia zu, sie ließ ihren Blick über deren Gesicht gleiten, reglos und kalt, und ein Lächeln huschte über ihr entstelltes Antlitz, das nun langsam begann, sich zu heilen.
    »Gib es mir«, sagte sie leise, doch ihre Stimme traf Grim wie ein Dolchstoß. »Gib mir das Zepter, oder sie wird sterben.«
    Sofort senkte der Fremde sein Messer tiefer in Mias Hals, Blut quoll aus dem feinen Schnitt in ihrer Haut.
Nein,
hörte Grim Mias Stimme in seinem Kopf.
Das darfst du nicht tun. Du ...
Er blendete ihre Worte aus, denn er sah ihr in die Augen, sah ihre Angst, auch wenn sie diese mit flammender Wut zu überdecken versuchte. Und er fühlte die Dunkelheit in seinem Inneren bei dem Gedanken daran, jetzt zu zögern — bei dem Gedanken, sie zu verlieren. Er ignorierte das hektische Keuchen Mouriers, die scharfen Blicke der Gargoyles. Lautlos hob er den Arm und reichte der Königin das Zepter.
    Um ihn herum war es totenstill. Grim sah, wie der Fremde das Messer von Mias Hals nahm, wie er sie in die reglose Menge stieß, wo sie in Lyskians Armen landete. Er spürte sein Herz in seiner Brust — sein Menschenherz.
    Der Kampf war beendet. Um ihn herum lagen gefallene Schattenflügler und verwundete Menschen. Die Feen standen aufrecht, kein Alb war mehr verletzt. Grim wollte sich zu Mia umdrehen, doch er konnte es nicht. Vor ihm stand die Schneekönigin. Sie hielt seinen Blick gefangen. Sieben Schutzschilde flackerten vor ihrem Gesicht, doch Grim wusste, dass sie keines Schutzes mehr bedurfte. Sie hatte gesiegt.
    Die Königin lächelte. Es schien ihm, als führe sie ihm mit eisigen Händen über das Gesicht. »Du«, raunte sie und glitt auf ihn zu, lautlos wie eine Schlange. »Du beschützt die Menschen, weil du glaubst, dass du so bist wie sie. Aber du irrst dich. Sieh in ihre Gesichter — sieh hin! Für sie wirst du immer ein Monster sein, genau wie ich.«
    Grim wollte etwas erwidern, doch ihre Augen mit dem schwarzen Sternenhimmel verwandelten jeden seiner Gedanken in leblose Zapfen aus Eis.
    »Mit uns hast du

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