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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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augenblicklich gute Laune.
    »Karphyr!«, rief Grim, so überschwänglich es ihm möglich war, und drängte sich mit strahlendem Gesicht an den Wartenden vorbei nach vorn zu einem dicken grünen Drachen.
    Er hatte leuchtend rote Augen und war so kurzsichtig, dass er eine zentimeterdicke Brille tragen musste. Da es in der Vergangenheit blutige Konflikte zwischen den Drachen und den Gargoyles gegeben haben sollte, waren Erstere im Volk der Letzteren als hinterlistig, gierig, grausam und blutdurstig verschrien. Doch die Drachen waren schon vor Urzeiten vom Angesicht der Welt verschwunden, und obwohl es Gerüchte gab, dass es sie noch geben sollte, war Karphyr der einzige Drache, den Grim kannte — und im Gegensatz zu den Geschichten, die sich um sein Volk rankten, war er alles andere als grausam oder gierig, und wenn er Blut sah, wurde ihm beinahe auf der Stelle schwindlig. Von den Gargoyles wurde Karphyr dennoch argwöhnisch beäugt, und er genoss keinerlei Vertrauen: In ihren Augen hatte ein Drache so zu sein, wie es die Legenden erzählten, und wenn er anders war, lag das nur an einer List des Drachen. Da Karphyr allerdings bereits seit dem Anbeginn Ghrogonias in der Stadt lebte, wurde er geduldet — auch, weil die Gargoyles seine sicherlich verborgene Kraft fürchteten. Dabei widmete Karphyr sich vor allem seiner größten Leidenschaft: dem Züchten von Zierkürbissen. Die materiellen Kostbarkeiten, die sich seit Generationen im Besitz seiner Familie befanden, staubte er zwar regelmäßig ab, erfreute sich ihrer jedoch nur dann, wenn sie durch ihre Mineralien — wie beispielsweise beim Heiligen Gral — oder ihr Licht seine Kürbisse besser wachsen ließen.
    Grim lächelte. Karphyr war durchgedreht, keine Frage, und vermutlich gerade deswegen sein Freund, was außer ihm nur drei Gargoyles und ein Moorkobold von sich behaupten konnten — aber außerdem stand er an zweiter Stelle in der Schlange. Ein besserer Grund für einen kleinen Plausch über Zierkürbisse fiel Grim nicht ein.
    »Ganz schön was los, hm?«, fragte Karphyr und schlug Grim mit klatschendem Geräusch gegen die Schulter. »Die Zeremonie hat Leute angezogen, Junge, Junge, langsam bin ich froh, wenn alles vorbei ist! Ich verstehe diesen immensen Aufriss ohnehin nicht. Es ist doch bloß eine Zeremonie zur Machtbestätigung des Königs, eine Formalität, oder irre ich mich? Thoron wird Zepter und Krone ablegen, der Senat wird die Stimmen abzählen — und wieder wird sich herausstellen, dass er ohne Gegenstimme in seinem Amt bestätigt wurde. Dann legt er sich das Zepter wieder an, die Krone noch dazu — und wir haben einen neuen alten König.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber vielleicht muss man ein Gargoyle sein, um das zu verstehen.«
    Grim verzog das Gesicht. »Keine Sorge. Ich begreife von dem ganzen Getue nicht das Geringste — mit Gargoylesein oder nicht hat das also nichts zu tun. Aber rate mal, zu wem ich gerade auf dem Weg bin und wer garantiert den absoluten Durchblick hat, was diese verfluchte Krönung betrifft.«
    Karphyr hob seine Augenbrauen — wie sein Rückenkamm waren sie leuchtend rot — und zwinkerte einige Male. »Monsieur Ich-bin-ungeheuer-wichtig von und zu Und-wehe-jemand-behauptet-etwas-anderes-dem-haue-ich-mit-meiner-manikürten-Kralle-auf-den-Popo?«
    Grim musste lachen, zum ersten Mal seit Tagen, wie ihm schien. Karphyr machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Mach dir nichts draus, mein Lieber«, sagte er. »Es gibt jemanden, der noch mehr leiden wird als du. Hast du die Hinrichtung vergessen?«
    Grim zog die Brauen zusammen.
    »Ach, du weißt es noch gar nicht?« Karphyr nickte düster. »Der Hybrid, den sie gefangen haben — der angebliche Mörder, du weißt schon. Er wird heute hingerichtet. Was glaubst du, wie die Menge ausrasten wird — die gieren doch alle nach solchen Belustigungen.«
    Grim stieß die Luft aus. Karphyr hatte recht. Selbst die Gargoyles ließen sich immer häufiger dazu hinreißen, sich leidenschaftlich an diesen Dingen zu beteiligen. Es war widerwärtig.
    Der Drache zuckte die Achseln. »Aber mach dir keine Gedanken wegen Mourier. Bald ist die Krönungszeremonie vorbei, dann kehrt wieder Ruhe ein, auch beim alten Löwen. Und so schlimm ist das Kostüm nun auch wieder nicht.«
    Grim sah ihn fragend an. »Keine Ahnung, was du meinst«, erwiderte er, aber in diesem Moment kamen sie an die Reihe, und die Gargoylefrau begann, in rasend schnellen Bewegungen auf eine gläserne Maschine

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