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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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unbeherrscht durcheinander wie die Kobolde, waren nicht hemmungslos und leidenschaftlich wie die Gnome — aber auch sie wollten den Mörder sterben sehen, wollten es so sehr, dass es ihnen gleichgültig war, ob der Richtige getötet wurde oder nicht. Hauptsache, es starb überhaupt jemand.
    Da ging ein Raunen durch die Menge. Alle Köpfe wandten sich nach links, und Grim sah, wie Thoron das Podest betrat. Langsam und Ehrfurcht gebietend schritt er zu seinem Thron, ließ sich majestätisch darauf nieder und blickte für einen Moment in die Menge. Und als hätte sein Blick ihnen ein Mal auf die Stirn gebrannt, verstummten die Zuschauer und starrten zu ihm hinauf.
Wie die Kaninchen vor der Schlange,
schoss es Grim durch den Kopf. Unauffällig verdrehte er die Augen. Na großartig. Jetzt fing er auch schon an, menschliche Redewendungen zu gebrauchen, Remis schien auf ihn abzufärben. Die Menge starrte Thoron an, und als er jetzt den Arm mit dem Zepter von sich streckte, als wollte er sie segnen, ging ein ehrfürchtiges Raunen durch die Reihen.
    »Gargoyles«, rief Thoron, indem er sich mit einer raschen Bewegung vom Thron erhob, »und auch ihr anderen. Wir haben uns heute hier zusammengefunden, um jenes Phantom an den Pranger zu stellen, jenes Ungeheuer, das uns seit Wochen unsere Stunden, unsere Minuten und Sekunden verleidet zu einer endlosen, grausamen Qual.«
    Grim unterdrückte ein Seufzen. Wenn Thoron ein Mensch gewesen wäre, hätte er einen erstklassigen Pfarrer abgegeben — irgendwann im Mittelalter oder so.
    »Auf bestialische Weise hat er in unseren Reihen gewütet, hat willkürlich Hass und Verderben über den mächtigen Häusern ausgeschüttet und seinem Wahnsinn freien Lauf gelassen.«
    Zustimmendes Gemurmel ging durch die Reihen, und Grim sah ihn deutlich, diesen gespannten Ausdruck in den Augen der Schaulustigen, als würden sie eine Horrorgeschichte hören, vor der sie sich eigentlich fürchteten — und doch waren sie unfähig, sich die Hände vor die Ohren zu halten und fortzugehen.
    »Heute«, rief Thoron und streckte beide Arme empor, »ist die Zeit der Vergeltung gekommen. Heute sollt ihr ihn sehen, jenen Schatten, der durch unsere Straßen kroch und so viel Elend über uns brachte. Ja, er hat Unglück über uns gebracht, und er wird dafür — bezahlen!«
    Frenetischer Jubel brach aus, der Grim in den Ohren wehtat, und er wurde noch gesteigert, als nun der Angeklagte auf das Podest geschleift wurde. Er trug einen Strick um den Hals, der seine magischen Kräfte bannte und blutige Kerben in sein Fleisch schnitt. Ein stämmiger Gargoyle kettete ihn mit Fußfesseln an den Boden direkt vor Thorons Thron und blieb rechts von ihm stehen. Der Angeklagte hatte Hybridgestalt angenommen; seine rechte Gesichtshälfte bestand aus schwarzem Marmor. Er war noch jung, das las Grim in seinen Augen, deren helles Blau sich vor Schmerz und Wut verdunkelt hatte.
    Der Jubel der Menge schlug um, schrille Pfiffe und animalisches Kreischen durchzogen die Luft, und selbst die Gargoyles riefen Beleidigungen. Grim presste die Zähne aufeinander. Es war erbärmlich, sein Volk in diesem Zustand sehen zu müssen, mit vor Hass verzerrten Gesichtern, die Mäuler weit aufgerissen, die Klauen zu Fäusten geballt, als wären sie nichts weiter als eine Herde Vieh, die sich mit scharfen Zähnen auf den einsamen Wolf stürzt, um ihn zu fressen.
    Thoron, der wieder Platz genommen hatte, ließ die Menge eine Weile kreischen und faules Obst auf das Podest werfen. Jemand schmiss einen Stein, er traf den Hybriden am Kopf. Instinktiv wollte Grim vortreten und denjenigen zur Rechenschaft ziehen, doch da hob Thoron die Hand. Augenblicklich war es still.
    »Wie ist dein Name?« Thorons Stimme hallte wie Donner über den Platz, doch der Angeklagte verzog keine Miene. Er starrte den König nur an mit seiner Wut. Grim konnte sich vorstellen, dass er am liebsten geradewegs auf den Thron gesprungen wäre, um dem König ins Gesicht zu spucken — und es wohl auch getan hätte, wenn er nicht festgekettet gewesen wäre.
    Thoron nickte geduldig und gab dem Gargoyle neben dem Angeklagten ein Zeichen. Sofort zückte der seinen Donnerstab und schickte einen gewaltigen Stromstoß in dessen Körper. Keuchend brach der Hybrid zusammen. Schwarze Blitze zuckten über seinen Körper, aber er gab keinen Laut des Schmerzes von sich. Stöhnend kam er wieder auf die Füße und stand da wie zuvor. Grim spürte, wie Mourier neben ihm die Luft einsog.
    Thoron

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