Grim
hatten.
Veruswartete,bisdieRufeverstummtwaren.Dannlächelteer.»LangehabenwiraufdieseNachtgewartet«,riefer,undseineStimmeumschmeicheltedieGebäudewieeinLufthauch.»LangehabenwirinUnterdrückungundSchmerzgelebt,geduldetundgeknechtetvonjenen,dieunsdienensollten.IchseheeuchdieQualenan,dieihrertragenmusstet,dochichsageeuch:DieseZeitensindvorbei!«
Das Gebäude, in dessen Eingang Grim mit den anderen stand, erzitterte, so ohrenbetäubend war das Brüllen der Dämonen, als Verus die Faust in den Himmel stieß. Kleine Steinsplitter fielen von den Wänden, Remis nieste mehrmals, doch als Grim ihm einen Blick zuwarf, konnte er nicht sagen, ob der Kobold bleich war vom Steinstaub, der ihn getroffen hatte, oder aufgrund des Anblicks, der sich ihm bot. Verus hob einen Gegenstand in die Luft, es war die Maske des Bhaal. Mias Finger waren eiskalt, als sie nach Grims Klaue griff.
»Ich bat euch um Geduld«, fuhr Verus fort. »Doch heute Nacht sollt ihr für eure Mühe entlohnt werden. Heute Nacht gewähre ich euch einen Vorgeschmack auf das, was kommen wird!«
Er zog die Maske über sein Gesicht, dunkel rollten die Worte des Zaubers über die Dächer und schlugen Grim entgegen. Er zog Mia näher an sich, Remis verbarg sich in seiner Armbeuge, und Lyskian neigte den Kopf vor dem Sturm, der die Ströme der Flammen über die Häuser trieb. Edwin und Radvina verschmolzen zu einem Bild des Jammers, und selbst Jaro sah mit großen Augen zu Verus auf. Nur Samhur stand regungslos und ließ die Flammen der Maske über seine Züge tanzen. Sie glitten von ihm ab wie von einem Schutzschild und drangen nicht zu Mia und den anderen vor, und doch war ihre Hitze wie ein Stachel in Grims Fleisch. Die Flammen fuhren hoch in den Himmel und verloschen in plötzlichem Zischen.
Die Stille, die nun eintrat, war atemlos. Selbst die Dämonen auf den Dächern rührten sich nicht, als würden sie wissen, was geschehen würde. Grim spürte seinen Herzschlag schmerzhaft in der Brust, als er das erste Türenschlagen hörte. Die Stille zerbrach, aber sie tat es langsam wie ein zerreißendes Stück Stoff. Ein Flüstern durchzog die Luft, und mit ihm verschwand die Ruhe, die in den vergangenen Tagen über der Stadt gelegen hatte, diese kraftvolle und zugleich verwunschene Stille, die friedlich war und sanft und gleichzeitig grausam und die es nur geben konnte in einer Welt ohne Menschen.
Grim konnte sie sehen, noch ehe er den Blick wandte. Männer mit nackten Füßen, Frauen in Nachthemden und Kinder, die an den Händen ihrer Eltern aus den Häusern kamen. Menschen waren nach Prag zurückgekehrt. Noch wurden sie vom Schlaf gehalten, doch ihre Gesichter waren wie bei einem Albtraum verzerrt, einige murmelten vor sich hin, als würden sie wissen, welche Kreaturen mit unverhohlener Gier zu ihnen herabschauten.
Verus sog die Luft ein, als würde er den Geruch der Menschen in sich aufnehmen wollen, und sofort loderten die Flammen höher. Und dann, mit einer kaum merklichen Bewegung, schnippte er mit den Fingern, und die Menschen erwachten. Im ersten Moment schienen sie nicht zu begreifen, dass es kein Traum mehr war, in den sie geraten waren, doch dann schickte der erste Dämon sein heiseres Brüllen zu ihnen hinab und fegte ihnen die Haare zurück. Panisch schrien die Menschen auf, ihre Furcht war wie ein Messerschnitt für Grim, und er ballte die Klauen, als die Flammen sich vor ihnen aufbäumten und sie an einer Flucht hinderten. Zischend griffen sie nach den Menschen, die instinktiv vor ihnen zurückwichen. Die Dämonen saßen auf den Dächern wie lauernde Raubtiere. Beinahe gewaltsam rissen sie ihre Blicke von den Menschen los und schauten zu Verus hinauf, der die Maske abstreifte und sein Gesicht in ein widerwärtig schönes Antlitz der Grausamkeit verwandelte. Langsam streckte er die Hand aus und griff in die Asche, die die Klaue des Drachen überzog. Sofort glomm rote Glut darunter auf.
»Spürt ihr die Macht, die in dieser Asche schwelt?«, fragte er, und Grim sah, wie die Dämonen seinem Beispiel folgten. Auch sie gruben ihre Klauen in die Finsternis, und überall entfachte sich die Glut. Es war, als wäre die Stadt an tausend Stellen verwundet worden, die Schreie der Menschen brandeten hilflos in den Straßen auf. »Spürt ihr die Schatten Kharamons, die Flüche der Feste des Zorns? Ich rief sie! Und sie folgten meinem Befehl, denn ich zog sie mit den Träumen jener ins Licht, über die ich gebiete! Hört die Stimmen unserer Ahnen, fühlt ihre Wut,
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