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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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wisst ihr über das Licht?«, fragte die Zarin der Nacht mit einer Stimme, die wie der Schein der Sterne war, kühl und grausam und unendlich schön. »Nichts«, antwortete sie sich selbst. Sie schaute zu Samhur hinüber und nickte langsam. »Ich erinnere mich an Euch, Jäger der Fünf. Ich erinnere mich, wer Ihr einst wart. Und ich erinnere mich an die Tage bei Hof, Ihr seid stets gut zu mir gewesen, Ihr wart sein Freund, sein Lehrer – und Ihr seid es noch, oder irre ich mich?«
    Samhur zögerte kurz, dann neigte er zustimmend den Kopf. »Ich bin es, auch wenn er es nicht erkennen will«, erwiderte er und zum ersten Mal, seit sie den Raum betreten hatten, streifte ein Lächeln das Antlitz der Zarin.
    »Ihr kennt ihn gut«, sagte sie sanft. »So war es schon immer.« Ihr Blick glitt zu den Vorhängen, die sich in leichtem Windzug bauschten, und ein einzelner Lichtstrahl traf ihr Gesicht und ließ es vollkommen werden. Sie richtete sich auf, als würde dieser Schein ihr etwas zeigen, für das sich die Bewegung lohnte – doch gleich darauf fiel der Vorhang zurück, er verschlang das Licht und die Zarin sank zurück in die Dämmerung. »Das alles ist lange her«, sagte sie, und ihre Stimme klang brüchig. »Es fällt mir schwer, die Gedanken daran festzuhalten, sie zerbrechen in meinen Händen wie menschliche Knochen, und sie bedeuten mir nichts.« Langsam schüttelte sie den Kopf. »Ihr fordert das Licht des Gnyos, doch es ist nicht dazu bestimmt, für Eure Zwecke genutzt zu werden. Es ist da, um meine Dämmerung zu durchziehen, das ist alles.«
    Grim fühlte das Blut durch seine Schläfen pochen, als die Zarin den Blick zum Kamin schweifen ließ, doch Samhur hob leicht die Hand. »Majestät«, sagte er eindringlich. »Erinnert Euch daran, wie Ihr dieses Licht einst erlangt habt, erinnert Euch an die Glut, die Ihr in die Finsternis des Schlosses brachtet, damals, als der Lord noch jung war und seine Einsamkeit ihn beinahe verbrannt hätte. Erinnert Euch an die Schlachten, die Ihr geschlagen habt, an den Willen, der Euch stets hinaustrieb in die Welt und der Euch dazu zwang, kein Elend hinzunehmen – keine Finsternis wie die, die nun über uns gekommen ist!«
    Die Zarin schaute ihn an. »Ihr kennt die Finsternis nicht«, flüsterte sie und griff so tief in Lhekis Fell, dass der Kater zusammenzuckte. Grim bemerkte den Raureif, der sich über die Glieder des Dämons zog. »Ihr seid nicht verbrannt in der Wüste des Löwen, Euch haben die Bären nicht das Fleisch von den Knochen gerissen, und Ihr seid nicht geflogen mit den Schwänen des Riesen hoch über den Bergen, bis der Schein der Sonne Euch nichts mehr anhaben konnte. Das Licht des Gnyos wollt Ihr, jenes Licht, das die Schleier Roms zerriss in lang vergangenen Tagen und mit dem ich die Schatten zurückdränge, die noch immer lodern in den Nischen und Kellern dieser verfluchten Stadt?« Sie stieß die Luft aus, und plötzlich flackerte Glut im Kamin auf. Eine kalte, weiße Glut war es, die Grim frösteln ließ. »Ich herrsche über dieses Licht, und ich entscheide, dass es sich nicht kümmern wird um Dinge außerhalb der Dämmerung! Sie interessieren die Schatten nicht!«
    Grim sah die Dunkelheit in ihren Augen, die mit grausamer Kälte nach ihm griff, und als Samhur den Kopf neigte, wusste er, dass der Jäger nicht noch einmal das Wort ergreifen würde. Er spürte ihn selbst, den Zorn, der von der Zarin ausging, und er wusste, dass er sich abwenden und gehen sollte, dass er keine Auseinandersetzung riskieren durfte mit einer uralten Vampirin, die ihn mit einem einzigen Blick zu Staub zermahlen konnte. Ihm war klar, dass sie einen anderen Weg finden mussten, er drängte die Worte Samhurs zurück, die ihm sagten, dass es keinen gab, und er hatte schon den Kopf geneigt, als seine eigene Stimme ihn zusammenfahren ließ.
    »Ihr seid eine Legende«, sagte er und hätte sich im nächsten Moment am liebsten auf die Zunge gebissen. Remis starrte ihn aus tellergroßen Augen an, er fühlte die Kälte Samhurs, die neben ihm aufwallte und ihn zum Schweigen bringen wollte, und er riss den Blick hoch und fixierte die Zarin, um der Macht des Jägers zu widerstehen. »Ich hörte unendlich viele Geschichten von Euch, Legenden um die Suche nach den Runen der Tausendnächtigen, die Schlacht um die Feste der Frostriesen oder Euren Sieg über Yarthongur, den Pfeil der Heiligen Steppe. Ich las von Eurer Schönheit, von Eurem Haar, das in den Winden des Sturmwaldes Geschichten fing, und

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