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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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klammerten sich an den Saum seiner Kutte und zogen sich daran hinauf. Mia erkannte winzige Äffchen, einen grauen Papagei, der einen Kreuzanhänger um den Hals trug, und allerlei anderes Getier, das mit leisem Keckern aus den Schatten des Hauses kroch. Balthasar schnaubte, doch er ließ es zu, dass der Papagei sich mit dem Schnabel an seinem Ärmel hinaufzog und auf seiner Schulter Platz nahm, und hinderte auch die anderen Wesen nicht daran, in den Falten seiner Kutte Verstecken zu spielen.
    Er führte sie in einen Raum, der Mia auf den ersten Blick an eine Seemannskneipe erinnerte. Bänke standen an den mit Steuerrädern, Schifffahrtslaternen und Tauknoten versehenen Wänden, eine mit unzähligen Schrammen verzierte Theke befand sich in einer Ecke, und in einer windschiefen Kommode daneben lagerten die verschiedensten Flaschen mit Getränken. Flickenteppiche wanden sich um die Stuhlbeine, und ein schwarzer Ofen spie in regelmäßigen Abständen orangefarbene Rauchwolken ins Zimmer, die sich zwischen den Deckenbalken verfingen und vereinzelt zu fratzenhaften Gestalten wurden, die mit rätselhaftem Ausdruck auf die Besucher herabschauten. An den Wänden jedoch, aufgereiht in massiven Regalen aus dunklem Holz, standen gläserne Behälter in jeder Form und Größe.
    Balthasar begann, notdürftig einen mit Papieren und Strandgut beladenen Tisch aufzuräumen, und Mia trat neugierig zu den Regalen. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie, dass es keine Murmeln waren, die in den Flaschen, Töpfen und Karaffen lagen, sondern Kristalle, die in den schönsten Farben schimmerten. Jaro war mit verschränkten Armen neben der Tür stehen geblieben, und Radvina ließ den Blick nervös durch den Raum schweifen, als würde sie fürchten, von den fratzenhaften Rauchgesichtern gefressen zu werden, doch Edwin streckte staunend die Hand nach einer Flasche aus. Kaum hatten seine Finger das Glas berührt, verformte es sich, der Korken glitt aus dem Hals, und unzählige Kristalle strömten in den Raum. Zart wie Seifenblasen flogen sie auf Edwin zu, Mia erkannte bewegte Bilder darin, Gesichter, Tiere und Landschaften, und sie meinte sogar, Töne hören zu können wie aus einer anderen Welt. Fasziniert streckte Edwin die Hand nach einem Kristall aus, der einen fliegenden blauen Vogel zeigte – und kaum, dass sich die F arben über seine Finger legten, glitt das Tier aus dem Kristall heraus und flog mit wildem Schrei durchs Zimmer.
    Balthasar lachte heiser. Mit einem Wink ließ er die Kristalle zurück in die Flasche gleiten. Selbst der Vogel wurde erneut von schimmerndem Licht umschlossen, ehe sich der Korken von unsichtbarer Hand getrieben in die Flasche pfropfte. »Ihr habt euch schon wieder an den Flaschen zu schaffen gemacht, verfluchte Bande«, murmelte er und warf einen Blick auf den Papagei, der in vollendeter Unschuld zur Decke schaute, als wäre er an dergleichen Aktivitäten selbstverständlich nicht beteiligt gewesen. Dann sah Balthasar zu Edwin hinüber. »Es gehört eine Menge Zauberei dazu, die Träume der Menschen zu beleben«, sagte er anerkennend. »Nichts anderes hast du gerade getan, und das mit nicht mehr als einem Kinderlächeln. Vergiss das nicht, ahnungsloser Hartid.«
    Ein wenig verlegen ließ Edwin die Hand sinken, an der noch immer etwas blaue Farbe hing. Er trug ein Lächeln auf den Lippen, das sein Gesicht noch jünger machte und seltsam friedlich. Balthasar wischte die letzten Papiere auf den Boden und setzte sich an den Tisch.
    »Nehmt Platz«, forderte er sie auf und wartete, bis sie seiner Aufforderung Folge geleistet hatten. Dann schaute er von einem zum anderen. »Was kann ich für euch tun?«
    Lyskian saß regungslos auf seinem Stuhl, die bleichen Hände über seinem Knie gefaltet, doch Mia spürte die Kälte, die in diesem Moment von ihm ausging. »Ihr wisst, was jenseits der Grenze vor sich geht«, begann er, doch Balthasar bewegte den Kopf mit abfälligem Schnauben.
    »Würde es mich interessieren, was jenseits irgendwelcher Grenzen liegt«, sagte er aufgebracht, »dann würde ich sie niederreißen. Aber in der Tat, ich hörte von den Ereignissen. Gegen manche Dinge kann man sich nicht wehren, und sinnlose Informationen gehören dazu. Sie umschwirren dich wie bösartige Insekten und es genügt ihnen nicht, dich zu stechen, nein: Sie graben ihren Stachel tiefer, bis sie jeden deiner Gedanken vergiftet haben – bis du selbst eine sinnlose Information geworden bist.« Er sah kurz Radvina an, die ihn mit

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