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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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gefeiert hatten, damals, als er noch neu in der Stadt gewesen war, und er kannte auch die Gräueltaten vieler Dämonen. Er hatte oft genug gegen sie gekämpft, doch nun, da er den Blick über die menschlichen Knochensplitter zu seinen Füßen gleiten ließ, fröstelte er. Nie zuvor hatte er an einem Ort ohne Leben eine solche Kälte empfunden, nie solche Verzweiflung und nie solchen Zorn. Er konnte sich niederknien, er konnte versuchen, herauszufinden, was hier geschehen war, doch er tat es nicht. Manche Bilder waren nicht für ihn bestimmt. Samhur hatte recht. Einiges würde er wohl niemals ganz begreifen.
    »Wenn du Glück hast«, sagte der Jäger als Antwort auf Grims Gedanken. Dann schloss er die Faust, zermahlte Zähne und Knochen zu Staub und hob sie an seine Nase. Zitternd sog er die Luft ein. »Ich kann ihre Furcht riechen«, raunte er dunkel. »So lange liegen sie schon hier, doch dieser Duft verschwindet nie, ebenso wenig wie das stille Flüstern der Sehnsucht. Sie schauen stets verlangend auf uns Unsterbliche, bevor wir sie töten, so war es immer schon. Sie wissen nicht, dass alles, was wir außer dem Tod zu geben hätten, Fluch und Strafe wäre.« Langsam ließ er den Staub zu Boden fallen. »Es gibt viele Orte wie diese auf der Welt, viele, an denen die alte Kraft der Dämonen noch spürbar ist, viele, an denen sich die Herrschaft dieses Volkes mit roher Gewalt in das Angesicht der Erde gekrallt hat. Und alle haben sie diesen Duft.«
    Grim nahm den Glanz in Samhurs Augen mit einer Mischung aus Anspannung und Faszination zur Kenntnis. Dann wandte der Jäger sich dem Eingang zu, und seine Miene verfinsterte sich, als er das dichte Geflecht der Adern vor ihnen betrachtete, das den Tunneleingang verschloss.
    »Es dürfte kein Problem sein, dieses Dickicht mit einem Feuerzauber zu verbrennen.« Grim wollte gerade grüne Flammen in seine Faust schicken, als Samhur den Kopf schüttelte.
    »Deine Magie kann nicht viel gegen die Kräfte ausrichten, die an diesem Ort herrschen«, erwiderte er. »Wir bräuchten Olgharyen, dann wäre es leichter.«
    »Dämonensteine?«, fragte Remis mit großen Augen. »Man sollte meinen, ein Jäger wie Ihr … «
    Er hielt inne, als hätte er plötzlich gemerkt, dass seine Worte einigermaßen frech klangen, doch Samhur hob nur die Brauen. »Auch ein Jäger wie ich trägt keinen Vorrat sämtlicher Dämonenzauber mit sich herum«, erwiderte er ruhig. »Schon gar nicht solche, die sich nicht sonderlich lange halten. Ein Kobold der Moore sollte wissen, dass Olgharyen nur am Ufer des Ayos zu finden sind. Und ich kann mich nicht erinnern, in letzter Zeit dort gewesen zu sein, du etwa?«
    Remis senkte den Blick wie ein getadelter Rekrut in der Grundausbildung, und Grim unterdrückte ein Grinsen. In der Tat war es absurd anzunehmen, dass Samhur Dämonensteine mit sich herumtrug, diese widerlichen schwarzen Käfer, die ihre Nester nur in die Eichen am Ayos legten – dem See weit unter den Mauern Moskaus, an dem die Schwarzen Harpyien noch immer regierten und den selbst ausgebildete Schattenflügler mieden wie Wölfe das Feuer. Doch Remis hielt sich nicht lange mit Schamgefühlen auf. Stattdessen schwirrte er auf das Geflecht zu und zuckte die Achseln. »Mit diesen Steinen kenne ich mich nicht aus«, sagte er und tippte beiläufig auf eine der Adern, die sich unter der Berührung zusammenzog wie ein Schneckenleib. »Aber ihr könntet dieses Gewächs doch einfach kleinhauen, oder etwa nicht? Wofür habt ihr denn Schwerter?«
    Er deutete auf Samhurs Klinge. Kurz hielt der Jäger inne, dann zog er seine Waffe. Die Fluchzeichen entfachten sich, und ein leises Surren erfüllte die Luft. In einer fließenden Bewegung fuhr Samhur herum und zerschlug das Geflecht so rasch, dass die Adern zu Boden fielen wie abgeschlagene Glieder. Dahinter ragten weitere Netze auf, doch Remis beachtete sie nicht. Er machte kurz ein angewidertes Gesicht und nickte dann befriedigt.
    »So habe ich mir das vorgestellt«, sagte er und lächelte, als hätte er selbst das Schwert geführt. »Ich … «
    Ehe er weitersprechen konnte, sprang ein blutiger Aderrest in die Luft und auf ihn zu. Glühend traf er ihn an der Schulter, der Kobold schrie auf, als Samhur den zuckenden Tentakel packte. Schmatzend gruben sich seine winzigen Stacheln in das Fleisch des Vampirs und sogen das Blut ein, als wäre er ein Egel. Dann stieß er ein Gurgeln aus, ein düsteres Lächeln glitt über Samhurs Gesicht – und das Untier in seiner

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