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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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einer Kreatur wie ihm bereitete, mit einem Diamanten in Kontakt zu kommen. Er erwartete, dass der Minotaurus sich zu seinen Füßen winden würde, er erwartete Gezeter und halb wahnsinniges Geschrei.
    Doch nichts dergleichen geschah.
    Stattdessen sah der Minotaurus ihn an, reglos und kalt wie zuvor. Kurz flammte ein Schatten durch seine Augen, und Grim fühlte, noch ehe er es begreifen konnte, dass er sich geirrt hatte. Das war kein Dämon, den er vor sich hatte. Gleich darauf schlug der Fremde ihm die Faust vor die Brust.
    Grim flog rücklings gegen eine der Säulen, Steinsplitter rieselten auf ihn nieder, und für einen Moment meinte er, das Kichern der verweichlichten Gargoyles auf den billigen Plätzen zu hören. Er wollte sich aufrappeln, doch schon schlang sich etwas um seine Kehle. Keuchend griff er nach der Schlinge aus schwarzem Nebel. Lähmend kroch das Gift des Petroleums in seinen Körper. Der Minotaurus packte ihn am Kragen und riss ihn so mühelos in die Luft, als wäre die Wunde in seiner Brust nichts weiter als ein Kratzer. Atemlos rief Grim seine Magie, sie rannte gegen das Gift an, das sich in ihm ausbreitete, doch gerade, als er sie in einem Zauber entlassen wollte, erlosch das Feuer in den Augen des Fremden.
    Grim sah in ein kühles, samtenes Schwarz, das ihn mit einem Schlag vollkommen ruhig werden ließ. Er begriff nicht, was vor sich ging, er hörte nur die Stimme in seinem Kopf, die ihm zurief, er sollte seine verdammte Faust heben und dem Kerl die Nase nach innen drehen – aber er achtete nicht auf sie. Diese Dunkelheit war eine Antwort, das fühlte er. Doch welche Frage hatte er gestellt? Warum erinnerte er sich nicht?
    Kronk brüllte einen Zauber, seine Worte waren sehr weit entfernt. Lautlos und kaum merklich zog der Fremde Grim näher zu sich heran.
    Halte dich fern , klang seine Stimme durch Grims Gedanken. Es war eine Stimme aus Sturm und Flammen, und als hätte sie einen Schleier vor dem Gesicht des Minotaurus verbrannt, schien es Grim auf einmal, als sähe er ihn zum ersten Mal. Die Hörner, das schwarze Fell, die seltsamen Augen – etwas stimmte nicht damit. Halb zerrissene Häute zogen sich über die Knochen, zusammengehalten mit metallenen Drähten, Zeichen wie Brandnarben bedeckten die Wangen, und die Flammen, die sich als feines Geflecht über die Dunkelheit zogen, verursachten kein Geräusch. Grim hielt den Atem an. Dieses Gesicht, es war … Der Fremde sah ihn an, schweigend und so regungslos, als hätte er diesen Moment ersehnt. Dann ließ er Grim fallen, erhob sich mit einem mächtigen Sturmzauber in die Luft und brach, noch ehe Kronks Flammen ihn erreichten, durch das Rosettenfenster in die Nacht.
    Grim krallte die Klaue in die Säule, an der er lag, und zog sich hoch. Kronk stützte ihn, doch er merkte es kaum. Er starrte auf das zerstörte Fenster, durch das der Fremde verschwunden war, hörte die seltsame Stimme in seinem Kopf und sah das Gesicht des Minotaurus vor sich, der keiner war. Nein, der Fremde war kein Dämon.
    Er trug eine Maske.

Kapitel 6
    Geisterhaft fiel das Licht durch die halb geschlossenen Vorhänge und tauchte die Bibliothek in fahles Dämmerlicht. Nur das sterbende Feuer im Kamin warf seinen Schein auf die Bücherregale, die sich über mehrere Etagen bis zur Decke erstreckten, malte Schattenspiele auf den Boden und tanzte über Mias Gesicht.
    Mit angezogenen Beinen saß sie auf einem der Sessel und bemühte sich vergebens, die Nachwirkungen des Schwarzen Petroleums zu ignorieren, die sich als zäher Kopfschmerz hinter ihrer Stirn bemerkbar machten. Sie hörte auf das Seufzen, das Remis in regelmäßigen Abständen auf der Lehne neben ihr ausstieß, und schaute zu Grim hinüber. Er stand am Fenster, seine Silhouette zeichnete sich pechschwarz vor den Lichtern der Stadt ab, und obwohl er sich nicht rührte, spürte Mia seine Anspannung. Sie konnte es ihm nicht verdenken. Nachdenklich griff sie nach der Skizze, die sie in schnellen Strichen zu Papier gebracht hatte, und schaute dem Minotaurus ins Gesicht. Er war entkommen, und trotz der Verwundung mit dem Petroleum hatten weder die Spürnasen noch die Schattenflügler bisher seine Spur aufnehmen können. Für gewöhnlich war das Schwarze Gift zuverlässig, wenn es darum ging, jemanden aufzuspüren. Mia ließ den Blick über das Tiergesicht schweifen, über die Nähte seiner Wangen, die Flammen, die sich durch die halb zerfetzten Häute gruben, und seine Augen, die selbst in dieser groben Zeichnung eine

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