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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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Dunkelheit ausstrahlten, die ihr den Atem nahm. Nein, kein Dämon war es gewesen, der sie angesehen hatte. Es war die Maske, die die Macht der Car’lay Ythem in sich trug, der Kinder des Zorns, wie die Dämonen sich vor langer Zeit selbst genannt hatten. Mia hörte noch immer die verschlungenen Worte im Wispern der Flammen, und sie meinte, ihre kalte Glut zu spüren wie den Widerschein des Fluchfeuers, das Vraternius für manche Beschwörungen gebrauchte und das gefährlicher war als jedes andere Feuer dieser Welt. Mit dieser Maske hatte der Fremde den Nebel gerufen und die Menschen verschwinden lassen, doch weder Grim noch Vraternius oder ein anderer Gelehrter der Anderwelt wussten, was es mit diesem Artefakt auf sich hatte. Aus diesem Grund saßen sie in der dämmrigen Bibliothek dieses Herrenhauses herum, ignorierten so gut wie möglich die Stimmen der Vampire, die durch die geschlossene Tür drangen, und warteten auf das einzige Wesen von Paris, das ihnen weiterhelfen konnte – und das nicht nur, weil sein Volk einst mit den Dämonen verbündet gewesen war. Lyskian sprach nie darüber, wie er zu der dämonischen Kraft gekommen war, die er in sich trug, doch es bestand kein Zweifel daran, dass kaum jemand so viel über dieses Albenvolk wusste wie er. Wenn ihnen jemand dabei helfen konnte, den Fremden zu finden und die Menschen zu befreien, dann war er es.
    Das Feuer im Kamin flackerte unruhig, als das glasklare Gelächter der Vampire durch die Tür drang. Es war weich und unbarmherzig zugleich, und Remis zog auf der Lehne fröstelnd die Schultern an. Lyskian gab einen seiner legendären Empfänge, und Mia spürte die Kälte seiner Gäste durch die Mauern dringen wie Magie. Sie war nie auf einer dieser Feiern gewesen – das Lachen der Blutsauger war wie zerspringendes Glas, und sie wusste, dass der Abend nicht so zivilisiert enden würde, wie er begonnen hatte.
    Nachdenklich strich sie über das schwarze Fell ihres Sessels und erinnerte sich daran, wie sie dieses Haus erstmals betreten hatte, damals vor mehr als zwei Jahren. Fasziniert war sie gewesen, ängstlich und unsagbar ahnungslos, und sie roch noch immer die abscheuliche Tinktur, die ihr Grim zu ihrer Sicherheit gegeben hatte. Inzwischen brauchte sie keine magische Abwehr mehr, wenn sie in Lyskians Haus kam, denn sie stand unter seinem Schutz. Kein Vampir würde es wagen, ihr ein Haar zu krümmen, ebenso wenig wie es keinem Blutsauger einfallen würde, offen oder versteckt auch nur den Hauch von Kritik an Lyskian zu äußern. Berufen von Bhragan Nha’sul, dem Lord der Vampire mit Sitz in der Goldenen Stadt, unterstand er niemandem außer dieser höchsten Autorität seines Volkes. Er war der Prinz der Vampire, er gehörte zu den ältesten und mächtigsten seiner Art, und so sanft er zu seinen Freunden sein konnte, so hart bestrafte er seine Feinde. Mia hatte von den Gerichten gehört, die er im Verborgenen der vampirischen Gesellschaft abhielt, und ihr wurde wieder einmal bewusst, wie leicht es war, sich durch Lyskians menschliche Maske verführen und blenden zu lassen. Das, was er in sich trug, war mehr als Nacht und Geheimnis. Es konnte ein Abgrund werden für jeden, der ihm zu nahe kam.
    Seufzend stand sie auf und ging zu Grim hinüber. Er strich ihr das Haar aus der Stirn, als sie ihren Kopf an seine Brust legte, aber sie fühlte die Unruhe in seinem Inneren, die sich als schwelende Glut gegen seine steinerne Haut drängte. Sie erinnerte sich daran, wie d er Fremde sie ange sehen hatte, doch immer, wenn sie sich in die Situation zurückversetzte, immer, wenn sie seinem Blick nachspüren und ihn sich erklären wollte, versank seine Gestalt im Nebel. Grim hatte etwas Ähnliches erlebt, das wusste sie, aber er sprach nicht darüber – das tat er nie, wenn er sich die Dinge, die er fühlte, nicht erklären konnte. Der Gargoyle in ihm war stark, und mitunter ließ er seine Empfindungen noch immer von der Kälte seines steinernen Blutes umfließen, bis sie ihn nicht mehr erreichen konnten. Mia schaute mit ihm in die Nacht, und als sie seinen Herzschlag fühlte, ließ der Schmerz in ihren Schläfen für einen Augenblick nach. Ein Engel aus Finsternis war er, ein Geschöpf aus Stein, das sein Menschenherz tief in sich verbarg und dessen Haut kälter sein konnte als jeder Zauber aus Eis. Sie schloss die Finger um seine Klaue. Aber sie konnte seinen Herzschlag hören, und wie damals, als sie ihn zum ersten Mal gespürt hatte, fürchtete sie sich auch jetzt

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