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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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Fluchfeuer bezwang, das Prag in ein Reich des Zorns verwandelt hatte.
    Dämonen glitten über sie hinweg, ihre Schreie zerrissen die Luft. Sie aktivierten die Schutzwälle der Burg, doch Grim wusste, dass sie keine Chance mehr hatten. Die Armee Ghrogonias näherte sich, er erkannte sie in der Ferne, und hörte gleich darauf die ersten Angriffe auf den äußeren Wall. Remis stieß einen Jubelruf aus, die Schattenflügler standen regungslos da, aber Grim fühlte deutlich, dass sie sich trotz ihrer geschwächten Verfassung nur mit Mühe davon abhalten konnten, sich in die Schlacht zu stürzen. Nur Samhur hatte sich von dem Geschehen abgewandt. Er schaute auf die Diamanten in seiner Hand, dunkel brannten die Leiber der Dämonen darin, und als er nach einer Weile den Blick hob und Grim ansah, glommen seine Augen in klarem Blau.
    »Oreyon hat niemals Hass für sie empfunden«, sagte er und lächelte kaum merklich. » Wenn wir beginnen, sie zu hassen , sagte er immer … dann sind wir wie sie .«

Kapitel 42
    Knisternd gab der Stein den Umriss eines Falken frei. Das Blutmal glomm in düsterer Glut, und Mia meinte, den Schrei des Vogels zu hören, als dieser die Flügel ausbreitete und über die Wand flog, ehe seine Konturen langsam erloschen. Lyskian nickte kaum merklich, und Mia konnte an seinem Lächeln ablesen, dass der Ausgang nicht mehr weit entfernt lag. Erleichtert holte sie Atem und folgte dem Flug des Falken den Gang hinauf.
    Lyskian ging dicht neben ihr. Sie hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt, seit sie die Arena verlassen hatten, doch Mia erinnerte sich an den Blick, mit dem er sie angesehen hatte, an den schattenhaften Ausdruck seiner Augen und die Verletzlichkeit auf seinen Zügen, als er sie um Vergebung gebeten hatte für das, was geschehen war, und sie fühlte wieder das Lächeln auf ihren Lippen, als sie seine Hand ergriffen hatte wie die eines Kranken. Sie nahm ihn noch immer wahr: den Duft des Mohns in seinen Gedanken. Es gab nichts, wofür er um Verzeihung bitten musste.
    Jenseits der Arena bestanden die Tunnel nicht länger aus grobem Fels. Die Wände waren mit kostbaren Steinen verkleidet oder durch metallene Streben veredelt worden, und die Dunkelheit in ihren Nischen verschlang nicht mehr jeden Laut wie die Schatten, die in den Gängen auf der anderen Seite der Arena lauerten. Fast schien es, als würden sie langsam in die Zivilisation zurückkehren, in die Wirklichkeit einer untergegangenen Welt, und Mia musste an Lyskians Erzählungen von Rha’manthur denken, deren Häuser schwarz waren wie das Blut ihrer Bewohner und deren Licht sich in den toten Augen der Statuen brach, die auf Dächern und Mauervorsprüngen standen. Dort wäre der Schrei des Falken noch lange durch die gewundenen Straßen geirrt, daran zweifelte sie nicht, und er hätte sterbend nur einen weiteren Schleier der Stille auf das Antlitz der Stadt gelegt. Hier jedoch war er ein Licht in der Dunkelheit, und er würde sie herausführen aus diesem Labyrinth, das nichts mehr war als eine Gruft aus vergessenen Träumen.
    Sie gelangten in einen Gang, der von schwach glimmenden Steinen erhellt wurde. Meißelarbeiten zierten die Wände, und der Torbogen an seinem Ende wurde von mächtigen Karyatiden gehalten. Sie sahen aus wie Menschen, doch ihre Gesichter lagen in den Schatten, und als Mia über den Stein strich, spürte sie die Feinheit der Poren, als wäre er lebendig. Selten hatte sie so kunstfertig gearbeitete Figuren gesehen.
    »Sie sind wunderschön«, sagte sie und drehte sich zu Lyskian um. »Ich wusste nicht, dass dein Volk so begnadete Bildhauer hervorgebracht hat.«
    Lyskian schaute in die Schatten, die die Züge der Statuen vor ihm verbargen. »Das ist kein Werk der Vampire. Wir sind nicht fähig, Kunst zu schaffen – nicht solche Art von Kunst jedenfalls.«
    Ein schwaches Lächeln glitt über seine Lippen, und Mia erinnerte sich an die Ausstellungen, auf die er sie mitgenommen hatte, an die Bildbände über von Vampiren geschaffene Plastiken aus uralten Knochen und die Blutbilder, die unter ihren Händen entstanden. Ohne jede Frage empfand sie diese Dinge als Kunst, und gleichzeitig erinnerte sie sich an das Gefühl der Furcht und Beklemmung, das sie bei ihrem Anblick gehabt hatte. Jedes dieser Werke war ein Riss in ihrer Wirklichkeit gewesen, und obgleich sie wusste, dass sie für das, was dahinterlag, nicht gewappnet war, konnte sie doch nicht anders, als jedes Mal einen Schritt näher an den Spalt

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