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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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durch Himmel und Hölle für sie reiste – konnten sie Grim sehen.

Kapitel 55
    Irgendetwas steckte in Grims Lunge. Nur langsam verschloss der Heilungszauber seine Wunden, und als er sich aufrichten wollte, ließ ein stechender Schmerz ihn stöhnend zurück gegen den Schornstein sinken. Dunkle Schleier zogen an seinen Augen vorbei, er konnte nicht sagen, ob es Aschewolken waren oder die Klauen der Ohnmacht, die an seinem Bewusstsein zerrten. Er grub die Klauen in die Steine und zwang sich, den Blick zu heben. Er würde nicht den Kopf neigen vor einem Drachen, der keiner war.
    In düsterer Majestät trat Verus auf ihn zu. Sein Körper wurde von Feueradern durchzogen, schimmernde Schuppen bedeckten seine Glieder, und der gewaltige Drachenkopf schien zu lächeln, als er die messerscharfen Klauen wie beiläufig durch das Dach zog. Grim spürte die Hitze, die in der Kehle des Dämons loderte, er wusste, dass dieser nicht zögern würde, ihn mit seinem Feuerodem zu verbrennen. Seit Jahrhunderten wartete Verus darauf, ihn wehrlos zu seinen Füßen zu sehen – und jetzt war seine Stunde gekommen.
    Mit letzter Kraft ballte Grim die Klaue und schickte einen Donnerzauber vor die Brust des Drachen. Er zerriss ihm die Haut, aber bevor etwas wie Zorn in Verus’ Augen auftauchte, war die Wunde bereits verheilt. Ein Flackern ging durch seinen Blick, schon holte er Atem, dass heftiger Wind das Dach umtoste, und als er das Maul aufriss, stob eine gewaltige Feuersbrunst aus seinem Schlund. Grim riss einen Schild in die Höhe, er fühlte die gleißende Hitze auf seiner Haut – doch ehe ihn die Flammen erreichten, sprang ein Schatten zwischen ihn und die Glut, riss die Arme in die Höhe und errichtete einen Wall, silbern wie das Licht der Sterne. Die Flammen glitten von dem Schutz ab und stoben als glühender Tunnel an Grim vorbei, bis der Strom versiegte. Flüsternd stoben Rauchschwaden durch die Luft, Verus’ Augen hatten sich in glühendem Zorn entflammt, und vor ihm, den Kopf hoch erhoben und regungslos, stand Seraphin von Athen und schaute ihm mit lächelndem Trotz ins Gesicht.
    Grim sah kaum die Wunden, die noch immer den Leib seines Bruders überzogen, die Blässe seiner Haut oder sein Haar, das sich leise im Wind bewegte. Er nahm nur die Würde wahr, mit der Seraphin vor ihm stand, die Entschlossenheit, mit der er sein Schwert umfasste, und die Dunkelheit in seinem Blick, die Verus wie ein Wort der Verachtung ins Gesicht spuckte.
    »Sieh an«, sagte der Dämon und neigte bedrohlich den Kopf. »Nun bist du also aus deinem Versteck gekrochen. Hast dich herausgewagt aus den Träumen – du, der niemals mehr sein wird als ein zerfetztes Blatt im Sturm!«
    Grim fühlte, wie die Luft unter diesen Worten erzitterte, doch Seraphin schien nichts davon zu merken. Mit unverhohlener Geringschätzung maß er Verus mit seinem Blick. »Du verstehst nichts von Träumen«, erwiderte er kalt. »Das hast du nie getan. Und du weißt nicht, welche Kraft aus einer Welt entspringen kann, die jenseits all dessen liegt, was man mit Händen greifen oder mit kümmerlichem Verstand erfassen kann. Du bist ein Geist, Dämon der Schatten, nicht mehr. So ist es immer gewesen. Warum sollte es mich überraschen, dass du dich vor dem Licht fürchtest wie in alter Zeit?«
    »Licht«, raunte der Dämon, als wäre es eine Widerwärtigkeit, die er auf seine Zunge geholt hatte. »Ich werde dir zeigen, was Licht bedeutet, törichter Steinmensch, ich werde dir zeigen, wie hell es strahlen kann in einer Welt, die wahre Schatten kennt und wahren Glanz! Und du wirst dich an den Moment erinnern, in all den Jahren, die du anschließend blind und taub in der Dunkelheit liegst, da mein Licht dich verbrannt hat, dich und jeden einzelnen deiner lächerlichen Träume!«
    Er murmelte etwas, schwarzflackernde Zeichen glitten über seine Haut. Sie senkten sich glühend in Grims Fleisch, aber Seraphin schüttelte nur den Kopf. »Die Flamme des Prometheus mag dir die Welt zu Füßen legen. Sie mag dir die Ozeane öffnen, mag dir Gebirge erschließen und die Stimmen der Wälder in deine Hände befehlen. Aber sie kann dir nicht geben, was du wirklich begehrst, denn auch sie weiß, was Schwäche ist – wie du!«
    Mit diesen Worten sprang er vor, so schnell, dass er zu einem schattenhaften Umriss verschwamm, und traf Verus mit einem Schwertstreich knapp über dem Auge. Der Drache fuhr zurück, ein Brüllen entwich seiner Kehle. Grim sah mit Genugtuung, wie schwarzes Blut über

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