Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz
schwang ihn sich um die Schultern.
»Ach, übrigens, Wiggins will Sie sprechen«, sagte er zu Jury, mit dem Kopf in Richtung Telefon weisend.
»Das war er. Mahlzeit!«, rief er im Hinausgehen über die Schulter.
Cyril schälte sich unter dem Schreibtisch hervor und landete aus der Sitzhaltung erneut auf allen vieren auf dem Schreibtisch. Von dort bewegte er sich in Richtung Sardinenbüchse.
Mahlzeit?
Jury ging lachend in sein eigenes Büro hinüber.
»Sir -«, begann Wiggins.
»Da haben Sie was verpasst, Wiggins, schade.«
»Sir, gerade kam ein Anruf für Sie herein -«
Jury wischte sich ein paar Freudentränen weg. »Um was geht's denn?«
»Jemand wurde erschossen. Der Anruf war von diesem Detective Chief Inspector Haggerty, bei dem Sie letzthin waren.« Wiggins konsultierte seinen Notizblock. »Der Name wird Ihnen vertraut sein, meinte er. Ein gewisser Simon Croft. Jemand hat auf ihn geschossen, er ist tot.«
Ein frostiger Windhauch kämpfte sich an den vor Kälte klirrenden Fensterscheiben vorbei und streifte Jurys Gesicht. Er fühlte sich unsanft mitten in Geschehnisse gestoßen, die er nicht kontrollieren konnte. Woher dieses Gefühl kam, konnte er sich nicht erklären.
»Kennen Sie ihn, Sir? Ich meine, diesen Croft, das Tatopfer?«
Jury nickte. Es war leichter, als die ganze Sache zu erklären. »Von wo hat er angerufen?«
»Von Crofts Haus. Es liegt in der City, ein großes Haus an der Themse. Hier.« Wiggins riss die Seite von seinem Notizblock.
»Er sagte, wenn es irgendwie möglich ist, sollen Sie kommen.«
Jury betrachtete die Aufzeichnungen. »Ich helfe ihm da nämlich bei einem Problem. Also, ich gehe gleich hin. Sie haben die Nummer, unter der Sie mich erreichen können, ja?«
Wiggins nickte. Jury ging.
10
Ein paar Leute standen am Schauplatz des Verbrechens immer noch erschrocken und ganz aufgeregt auf der anderen Seite des gelben Absperrbandes herum und sahen zu, wie der Polizeiwagen lautlos vom Vorplatz des Croftschen Hauses glitt und mit blinkenden Warnleuchten die Straße am Themseufer entlangfuhr.
Simon Croft musste ziemlich viel Geld gehabt haben, dachte Jury, wenn er in so einem großen Haus wohnen konnte, dessen rückwärtiger Teil an die Themse angrenzte. Dort ragte ein kurzer Bootssteg in den Fluss, etwa fünfzehn Meter dahinter lag ein Boot vor Anker. Wie hatte der Besitzer es angestellt, dass ihm die Londoner Hafenbehörde dort das Ankern eines Privatboots gestattete? Schließlich war die Themse immer noch ein Handelsfluss.
Das Boot wirkte im grauen Dunst wie schwebend.
Mickey Haggerty wartete in dem Raum, von dem Jury beim Anblick der Bücher und der dunklen Holztäfelung annahm, es handelte sich um die Bibliothek. An sämtlichen Wänden waren Bücherregale angebracht, außer an der Wand hinter dem Tisch, in der ein Erkerfenster auf den Fluss hinausging. Durch dieses Fenster konnte Jury das Boot erkennen. Dort stand ein großer, mit dunkelgrünem Leder eingelassener Schreibtisch aus Walnussholz. Simon Crofts Körper war quer über diesen grünen Ledereinsatz gefallen, Blut hatte sich in einer Lache auf dem Schreibtisch gesammelt und tropfte neben seinem Stuhl auf den Fußboden. Sein linker Arm war ausgestreckt, neben seiner Hand lag eine 9-mm-Automatik.
»Die Köchin hat Croft gefunden, als sie heute Morgen hereinkam -« Mickey hatte sich neben ihn gestellt und blätterte eine Seite in seinem Notizblock um - »und zwar um zehn. Ich kann Ihnen sagen... «
Der Rest blieb jedoch ungesagt. Mickey schüttelte bloß den Kopf.
Jury meinte: »Sie sehen abgespannt aus, Mickey.«
»Das sind bloß die blöden Medikamente.«
Jury legte ihm die Hand auf die Schulter. Mickey sah bleich und erschöpft aus.
Mickey schob das Taschentuch, mit dem er sich die Stirn abgewischt hatte, wieder in die Hosentasche. »Ich bin vor einer Stunde angerufen worden. Seine Köchin hat das Revier verständigt. Eine Mrs. MacLeish.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Auf dem Revier, beantwortet ein paar Fragen. Sie wollte unbedingt weg von hier. Sie ist eigentlich Köchin bei Tynedale, kommt aber ein paar Tage pro Woche her, um für Croft zu kochen.«
»Hat Croft allein hier gelebt?«
Mickey nickte. »Er war Börsenmakler, sehr erfolgreich. Hatte eine eigene kleine Firma - ein exklusives Etablissement, sozusagen. Eins der wenigen, die in den Achtzigern nicht von den Banken geschluckt wurden. Croft hatte sich seine Unabhängigkeit bewahrt. Kluger Kopf. Er hat gerade an einem Buch über den Zweiten
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