Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz
eine Weile. »Ich frag mich bloß... also, bei der Militärpolizei hatte ich mal einen jungen Soldaten, der, äh, der hat sich mit der Frau vom Hauptmann vergnügt. Mit der Zeit hab ich's spitz gekriegt, aber was der gemacht hat, war Folgendes: Nach außen hin rumgemacht hat er mit 'ner flotten deutschen Mieze - äh, mit einer Frau -, aber bloß um uns auf eine falsche Fährte zu locken. Mit 'nem Mädel, das so aussieht, wieso sollte er sich da mit der Ehefrau abgeben? Was ich damit sagen will - könnte die Geschichte mit Gemma vielleicht bloß Ablenkung sein ?«
Benny runzelte die Stirn. »Ablenkung? Aber wovon?«
Der alte Feldwebel zuckte die Schultern, während er mit der Zungenspitze ein Zigarettenpapierchen anfeuchtete. »Was ist mit dem Mord?«
»Schon, aber... dass jemand Gern umbringen wollte, das ist doch alles schon vor dem Mord passiert.« »Trotzdem...«
Eine Zeitlang schwiegen sie. Der Feldwebel rauchte seine Zigarette, Benny sah durch die Finsternis über den Fluss auf die entfernten Lichter. »Trotzdem, wenn doch der Detektiv wieder kommen würde... «
Der Feldwebel nahm einen tiefen Zug und meinte dann: »Kannst dich drauf verlassen, mein Freund. Die Bullen kommen immer wieder zurück.«
TEIL II - Florentiner Fiasko
23
Der Teil des Ponte Vecchio, den er vom Obergeschoss ihres winzigen Hotels aus sehen konnte, war in helles Licht getaucht. Diese Klarheit hatte Melrose noch nie gesehen, diese reine Konzentration von Licht. Es warf eine goldene Schicht über den Arno und saß wie Perlen auf der anmutig geschwungenen Brücke, wo die Goldschmiede handelten. Es war, als wollte es noch mehr Gold hinzufügen, als könnte es nie genug davon geben, als könnte sich die Stadt in schieren Lichterglanz auflösen.
Florenz hatte ihm bereits gestern Abend mit seinen überreichen Reizen zu Füßen gelegen, als die beiden sich, nachdem sie ihre Sachen in den hohen, kühlen Zimmern ihres kleinen Hotels verstaut hatten, auf die Suche nach einem Abendessen gemacht hatten. Das Hotel hatte Trueblood ausgesucht, weil ihm die abgeschiedene Lage gefiel; es lag in einer Gasse, die so eng war, dass sie kaum zu zweit nebeneinander hergehen konnten, und nahm lediglich eine Etage eines ansonsten offenbar unbewohnten Gebäudes ein. Melrose war begeistert: von der Eingangshalle mit der Rezeption, der antiken Möblierung seines kleinen Zimmers und davon, dass allüberall behausschuhte Stille herrschte.
Außer bei Trueblood, der schon ungeduldig in seiner Tür stand. »Los, los, los, los«, brabbelte er mit der Geschwindigkeit eines Auktionators.
Ein unpassendes Tempo, dachte Melrose, für diesen ansonsten recht gemächlichen Morgen. »Gütiger Gott, lassen Sie mich doch noch diesen Ausblick auf Florenz genießen.«
»Wir wollen doch in die Brancacci-Kapelle. Das kommt als Erstes dran.«
Trueblood trug das in braunes Packpapier eingeschlagene Tafelbild von Masaccio, das etwa so handlich herumzuschleifen war wie ein Bootsruder. Über die Verstauung dieses länglichen Pakets hatte es eine kleine Auseinandersetzung mit dem Flugbegleiter gegeben, der einiges gewöhnt war: Trueblood wollte es auf den Sitzplatz neben sich stellen (als wäre der Hl. Wer-immer-er-sein-mochte etwas wackelig auf den Beinen), was der Flugbegleiter ihm jedoch abgeschlagen hatte. Es musste für die Reise irgendwo hin, wo es nicht im Weg war. Nein, einen extra Flugschein könne er dafür auch nicht lösen. Am Ende hatte Trueblood nachgegeben und es über sich im Gepäckfach verstaut, war aber nicht recht froh dabei gewesen. Weil er ständig nach oben schauen musste, bekam er allmählich einen steifen Hals.
Während Melrose Kleingeld und Kreditkarten vom Nachttischchen in die Hosentasche steckte, sagte er: »Haben Sie keine Angst, Sie könnten es unterwegs verlieren?«
»Nein.«
Beim Hinausgehen rief Melrose seufzend aus, in dem Tempo würde er doch wohl nicht während des ganzen Aufenthalts herum gescheucht werden. Trueblood gab keine Antwort, sondern ging ihm voraus durch die kleine Eingangshalle. Melrose war hingerissen von diesem kühlen Raum mit dem leicht rötlich getönten Steinfußboden, den üppigen dunklen Stuckarbeiten und den weißen Büsten, die in kleinen Nischen standen. Die Rezeption bestand aus einem Empire-Schreibtisch und einem dahinter sitzenden Menschen. Der Frühstücksraum
- auf den Melrose, jedoch nicht Trueblood, nun zusteuerte - bot lediglich Platz für vier Tische und vermittelte einem den Eindruck, da die anderen drei nicht
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