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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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erzählen -«
    So war Mags. Benny hatte keine Ahnung, wie der alte Feldwebel mit richtigem Namen hieß. Es war einfach der Feldwebel, der den Platz unter der Brücke bewachte und dafür sorgte, dass jeden Morgen alles ordentlich weggeräumt wurde, weil sonst die Bullen was zu beanstanden hätten. (Das Revier der Themse-Polizei befand sich nämlich direkt neben der Waterloo Bridge.) Benny wusste nicht, wo der Feldwebel die Decken und Strohsäcke verstaute. Aber er hatte gemeint, weil Benny ja schließlich den ganzen Tag arbeitete und ihnen Essen mitbrachte, wäre es das Mindeste, was sie für ihn und Sparky tun könnten, dass sie sich um seine Sachen kümmerten. Benny hätte es sich auch leisten können, irgendwo näher bei seiner Arbeit in Southwark ein möbliertes Zimmer zu mieten. An Mr. Sipticks Scheibe steckten immer kleine Kärtchen, auf denen möblierte Zimmer angeboten wurden. Das Problem war nicht das Geld, sondern sein Alter. Welche Vermieterin würde schon einen zwölfjährigen Jungen (und seinen Hund) aufnehmen? Was passieren würde, war ihm klar -das Jugendamt würde antanzen. Seine Mum hatte ihn davor gewarnt und Mags auch. Für Benny hatte das Jugendamt Hörner und Pferdefüße wie der Leibhaftige persönlich.
    Benny mochte das Victoria Embankment, die Waterloo Bridge und die Westminster Bridge dahinter, und in der anderen Richtung Blackfriars und die Themse, über der der frühmorgendliche Dunst lag. Er sah gern auf den Fluss hinaus und dachte über die Geschichten nach, die ihm der Feldwebel immer von den alten Docks und Lagerhallen erzählte, von Wapping und Stepney, Whitechapel und Limehouse. Wie viele Schiffe, vielleicht fünfhundert an der Zahl, damals von Gravesend die Themse heraufgefahren waren, als die Themse noch eine wichtige Verkehrsader gewesen war. War sie immer noch, aber heute ohne rechte Muskelkraft und Energie - es gab einfach zu viele Boote, die bloß Touristen hin und her schipperten.
    Gelegentlich war die untergehende Sonne so intensiv, dass es aussah, als würde ganz London brennen. Ein riesiger, orangegelber und roter Feuerschein, von dem man sich kaum vorstellen konnte, dass er sich über einer Stadt entzündet haben konnte, die in weiten Teilen grau und oft trostlos war, dachte Benny, jedenfalls auf den ersten Blick.
    Dahinter war nämlich immer etwas. Man konnte die Dinge nicht nur nach dem ersten Anschein beurteilen. Er musste an seine Mutter Mary denken, die unter ihrem Kopftuch und dem wollenen Umhang nie eine Bettlerin gewesen war. Sie hatte auf einen Schlag alles verloren - Bennys Vater und sein
    Einkommen, und weil sie ungelernt war, hatten sie ihr Häuschen in County Cläre verloren. Dann waren jene glücklichen Jahre gekommen, in denen sie als Köchin für die bankrotte Familie gearbeitet hatte, aber dann war das auch vorbei. Es war schlimm, am Ende auf der Straße zu landen, ein langer Abstieg, von dem man glaubte, man habe ihn ein-, zwei- oder dreimal aufgehalten, in den Griff bekommen, nur um dann zu erkennen, dass man noch weiter abgerutscht war, bis man schließlich mit dem Hintern hart auf dem Asphalt landete.
    Jetzt sah er sie, jeden mit seinem Kotelett, das an einem Stock über dem Feuer brutzelte. Der Feldwebel kam wieder herüber, in seinem schweren, braunen Mantel, an dem noch sämtliche Knöpfe dran waren. Er war sehr stolz darauf, dass der noch nicht schäbig aussah. Der Mantel sei das Einzige, hatte er Benny einmal erzählt, was ihm von seinem alten Leben beim Militär noch übrig geblieben sei.
    »Hab mich im Krieg bei der Militärpolizei rumgetrieben. Du würdest staunen, was man dabei alles lernt, 'nen richtigen Job hatte ich dort, musste rauskriegen, wer wem was getan hat. Aber ich hab ja scheint's ein Händchen für so was.«
    Sie hatten sich hingesetzt und ließen den Blick über den Fluss schweifen. Benny sagte: »Vor ein paar Tagen hab ich einen Polizisten kennen gelernt. Einen Detektiv von Scotland Yard.«
    »Scotland Yard? Potzblitz. Was wollte der denn?«
    Benny erzählte ihm von dem Mord. »Der wollte auch was über Gern wissen.«
    »Die arme Kleine, die alle aus dem Weg haben wollen? Hat man so was schon gehört.
    Schrecklich!«
    »Also, ich dachte immer, das hätte Gern sich bloß ausgedacht. Sie wissen schon, damit man sie beachtet. Sie hat ja keine richtige Familie, äh, also, ich meine, keine Mum und keinen Dad, keine Geschwister - sie hat überhaupt niemand.«
    »Ist mir ein Rätsel, mein junger Freund, wirklich ein Rätsel.« Er schwieg

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