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Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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drüber.«
    Nachdem er geendet hatte, lehnte er sich wieder zurück und holte, ohne die geringste Spur von Erbarmen für Jury, seine Zigaretten hervor.
    »Was reden Sie da eigentlich? Sie haben sich soeben eine halbe Stunde lang über die Kunst in Florenz ausgelassen.«
    »Ach, hören Sie doch auf. Das war eine halbe Stunde ä la Diane Demorney. Der Unterschied ist nur, dass Diane eine halbe Minute braucht, um ihr einziges winziges bisschen Wissen über weiß Gott was auf der Welt an den Mann zu bringen. Was Sie mich da gerade haben sagen hören, war e.s. - es. Sprich, damit erschöpft sich mein Wissen.« Er klappte sein launisches altes Zippo-Feuerzeug auf, zündete sich seine Zigarette an und ließ das Feuerzeug wieder in der Hosentasche verschwinden.
    »Sie wissen viel mehr, als Sie zu wissen glauben.« Jury sah dem dünnen Rauchfaden nach, der zur Decke emporstrebte.
    »Ich weiß viel weniger, als ich zu wissen glaube. Lassen Sie es doch Trueblood machen.«
    »Der ist zu flatterhaft.« Jury nippte an seinem Wein. »Nehmen Sie das Gemälde mit. Das wäre ein plausibler Grund für einen Besuch. Ian Tynedale soll es sich mal anschauen.«
    »Ian Tynedale? Der ist also Ihr Fachmann?«
    »Ja. Er ist Tynedales Sohn, und die italienische Renaissance ist sein Steckenpferd.«
    »Richard, ich könnte Trueblood das Bild niemals entwinden.«
    Jury trank seinen Wein und dachte einen Augenblick nach. »Na gut, dann gehen wir eben zu Plan B über.«
    »Ach ja, nachdem Plan A so toll war, kann ich's kaum erwarten. Schießen Sie los.«
    Jury weihte ihn ein.
    »Nein«, sagte Melrose. »Dann stehe ich da wie ein Trottel.«
    »Hm, stimmt, aber hat Ihnen das schon mal was ausgemacht?« Melrose blies ihm den Rauch ins Gesicht. Jury lachte.
    Ein Essen mit Plant gehörte zu den wenigen Dingen, die die Ozonschicht zu durchdringen vermochten, von der Jury seine Fähigkeit zum klaren Denken manchmal bedeckt fand.
    Er ließ es sich durch den Kopf gehen, während er zu Fuß am Themseufer entlangging, um seine Heimfahrt hinauszuzögern. Am Charing Cross konnte er die Northern Line nehmen. Oder seinen Weg zu Fuß fortsetzen. Es war eine gute Methode, seine Gedanken zu ordnen. Manchmal tat er so, als sähe er das Problem zum ersten Mal, als wäre er unverhofft, rein zufällig darauf gestoßen und die Geschichte hörte sich plötzlich ganz neu an. Dieser Ansatz förderte zwar selten irgendwelche neuen Ideen zutage, funktionierte aber gelegentlich doch. Die paradoxe Geschichte mit dem Fluchtpunkt gefiel ihm. Man findet die Antwort, doch die Antwort verflüchtigt sich, bevor -was?
    Im Fall der Tynedales fiel ihm jetzt nichts Neues ein. Er überlegte, was es mit Kitty Riordins Ehemann auf sich hatte. War er mehr oder weniger aus ihrem Gedächtnis gestrichen? Alles in ihrem Leben war auf Maisie Tynedale konzentriert... beziehungsweise auf Erin Riordin, je nachdem. Kitty mit ihrem Lächeln, diesem angedeuteten, teuflischen Lächeln. Es ließ ihn einfach nicht los.
    Obwohl es nicht weit war bis zum Strand, war der Verkehrslärm fast verstummt, und es herrschte merkwürdige Stille. Die U-Bahnstation Charing Cross und Somerset House hatte er hinter sich gelassen und blieb jetzt stehen, um auf die Themse hinunterzusehen, die dunkel und reglos dalag oder jedenfalls die Illusion vermittelte, sie bewegte sich nicht. Dabei strömte das Wasser in der Mitte des Flusses unglaublich schnell dahin, hatte er gehört.
    Als sich jemand dort unten eine Zigarette anzündete, konnte er kurz eine Flamme aufflackern sehen. Gedämpfte Rufe, unbestimmtes Gelächter. Eine Unterströmung aus Stimmen und Geräuschen wand sich wie der Dunst über dem Fluss nach oben. Er wusste, dass die Waterloo Bridge bei den Obdachlosen ein sehr beliebtes Quartier war, obwohl die Themse-Polizei nur einen Katzensprung von der Brücke entfernt lag. Doch sie tolerierten es, die Polizisten, und drückten ein Auge zu, vorausgesetzt dass morgens alles weggeräumt wurde. Was für ein Leben, dachte Jury, wenn man sein Nachtlager jeden Morgen zusammenpacken und es jeden Abend wieder aufschlagen muss.
    Jury blieb stehen und lehnte sich ans Brückengeländer, um die über und über von Lichtern strahlende Waterloo Bridge und dahinter South Bank zu betrachten.
    Er dachte an Alexandra Tynedale, die unbedarfte junge Mutter, und an Liza Haggerty, auch eine unbedarfte Mutter. Liza war eine sehr, sehr gute Polizistin gewesen. Sie konnte an einem Tatort Zeichen lesen, die anderen ein Rätsel waren wie

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