Grimes, Martha - Inspektor Jury 17 - Die Trauer trägt Schwarz
Melrose denken müssen, als er sich auf das morgendliche Einstellungsgespräch mit Ian Tynedale vorbereitet hatte, das er als weitaus freundlicher und angenehmer empfand als das mit Barkins. Er hatte sich vorgenommen, keinen Hehl daraus zu machen, dass er faul war, doch das scherte offensichtlich niemanden.
Während Barkins den Bewerber für das Amt des Hilfsgärtners in die Mangel genommen hatte, hatte am unteren Tischende in der Küche ein wunderhübsches kleines Mädchen mit mitternachtsschwarzem Haar und zarter, fast durchscheinender Haut gesessen. Sie aß gerade ein Stück Butterbrot und behielt Melrose genau im Auge. Ob sie wohl das kleine Mädchen namens Gemma Trimm war, fragte er sich. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, es ihm zu sagen.
Barkins äußerte seine Verwunderung darüber, dass Mr. Plant über so viel Berufserfahrung verfüge, da er laut eigener Aussage nie Chefgärtner gewesen sei. Es habe damit zu tun, hatte Mr. Plant erwidert, dass ihm an Verwaltungsarbeit nichts lag. Dies fand Barkins nun wieder eine seltsame Antwort, ging jedoch zum Telefon und rief die Nummern an, die Melrose ihm als Referenzen genannt hatte. Nach einigen Minuten war er wieder zur Stelle und sagte, beide ehemalige Arbeitgeber seien mit seiner Arbeit außerordentlich zufrieden gewesen. Es handelte sich natürlich um Marshall Trueblood und Diane Demorney.
»Sie waren in der Tat überschwänglich, Mr. Plant.«
Dann stellte ihm Barkins die üblichen langweiligen Fragen darüber, wieso Mr. Plant diese beiden zufriedenen Arbeitgeber verlassen habe. Es habe ihn eben nach London gezogen, und so weiter und so fort.
Die Kleine war mit ihrer Taxierung fertig (sie hatte ihre Schlussfolgerungen wohl weit schneller gezogen als der Butler) und mit der seltsamen Puppe im Arm hinausgegangen.
Barkins beschloss, ihn für ein bis zwei Wochen auf Probe einzustellen. Melrose hatte mit der angemessenen Unterwürfigkeit reagiert.
Und deshalb stand er nun neben dem Teich, an dessen Rändern er auf des Gärtners immer noch robuste Hakonechloa- und Rubrumgräser gedeutet hatte. Die zarten Blütendolden des Rubrum gediehen selbst jetzt im Dezember immer noch kräftig, und dort drüben weiter hinten stand mit seinen hängenden Blütenköpfchen das Neuseelandgras. Melrose ließ sich ausführlich über diese Gräserarten aus, da sie das Einzige waren, womit er sich auskannte. Den Begriff »Hakonechloa« hatte er - neben einigen anderen bruchstückhaften Weisheiten über Gartenbaukunst -von Diane Demorney gelernt.
»Weisen Sie ihn darauf hin«, hatte Diane ihm im Jack and Hammer eingeschärft, »dass Hakonechloa ein absolutes Muss für jeden dahergelaufenen Snob ist, der nichts von Gartenkunst versteht - weisen Sie also darauf hin, dass der Name schlicht und einfach in aller Munde ist.«
»Aber... was ist es denn ?«
»Irgend so ein grasiges Zeug eben.«
»Hm, aber wie sieht es aus?«
»Melrose, fragen Sie doch nicht so einfältig. Woher soll ich das wissen? Wenn es eine Grasart ist, wird es wohl grün sein. Und etwa so hoch.« Ihre Hand deutete es in der Luft an. »Also: wenn Sie von einer Sache nicht die leiseste Ahnung haben, quasseln Sie einfach ein paar esoterische Infohäppchen daher, die kaum einer versteht -«
»Ha, Hakonechloea reicht also nicht. Sie sagten doch, es sei in aller Munde.«
»Aber das wissen die Leute doch nicht, dass es in aller Munde ist, oder? Ein, zwei Sachen, und dann lernen Sie noch den lateinischen - glaube ich jedenfalls, dass es lateinisch ist -Namen für dies und jenes und flechten den gelegentlich auch noch ein.«
»Auch wenn ich die Namen falsch ausspreche?«
Diane blickte über die Schulter zur Theke hinüber, wo Dick Scroggs stand und Zeitung las. Sie winkte ihm huldvoll zu, was bedeutete, er solle noch zwei Drinks bringen. An Melrose gerichtet, sagte sie: »Es wird wahrscheinlich falsch sein, aber egal, Hauptsache, es ist lateinisch.«
»Aber ein Gärtner merkt es vielleicht.«
Diane seufzte tief auf. »Und wenn schon, dann drehen Sie einfach das, was Sie grade anschauen, als etwas hin, das hier gar nicht wächst - eine Palme oder so was.«
»Diane, wie könnte ich eine Pflanze oder Blume irrtümlich mit einer Palme verwechseln?«
»Dann sagen Sie, es ist etwas, was um eine Palme herum wächst - unten am Boden herum. Der wird keinen Schimmer haben, wovon Sie reden.«
»Dann wären wir zu zweit.« Melrose musste allerdings zugeben, dass er fasziniert war von der Demorneyschen Kunst, immer eine
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