Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU
Spiel, Chef.« Diese Anrede benutzte er nur, wenn er etwas von Racer wollte, was selten vorkam.
Jury hob den Blick zum Bücherregal, wo sich der Kater Cyril ganz oben gerade flach hinlegte. Und wartete.
»Ha, das hätte Ihnen aber eher einfallen sollen, und zwar bevor Sie das Haus in der Hester Street gestürmt haben«, entgegnete Racer mit der ihm eigenen üblichen Unlogik. »Beweise, Jury! Lassen Sie mich Beweise sehen, dass diese Kinder tatsächlich dort festgehalten werden. Lassen Sie den Beweis für hinreichenden Tatverdacht sehen, wenn das nicht zu viel verlangt ist.« Racer begab sich wieder hinter seinen Schreibtisch, die Arme ausgebreitet, die Hände flach auf die Tischfläche gestützt, so dass er Jury wütend anfunkeln konnte wie ein alter Zeitungsverleger, der gegenüber einem seiner Reporter Dampf ablässt.
»Die Schulleiterin kann auf jeden Fall bezeugen, dass Timmy vermisst wird. Und die Tante der kleinen Mathilda wird Ihnen sagen, dass ihre Nichte ebenfalls noch nicht nach Hause gekommen ist.« Keines von beidem würde als Beweis taugen, bevor nicht etwas Zeit verstrichen war, und selbst dann könnte man Harry Johnson nichts anhängen. Jury brachte es dennoch aufs Tapet. »Und dann noch der Hund. Der Hausmeister der Schule und vermutlich ein paar von den anderen Kindern, die dort draußen gespielt haben, können bezeugen, dass der Hund aufs Grundstück und zu Timmy gelaufen ist. Derselbe Hund...« Jury seufzte, während er direkt in die Falle tappte.
Wie ein Werfer beim Baseball sich zum Wurf des Jahres in Hochspannung versetzt, setzte Racer nun eine übertrieben zornige Miene auf. Und weil er die passenden Worte kaum finden konnte, begnügte er sich mit einem einzigen. »Hund! Ein Hund. Sie verlangen einen Durchsuchungsbefehl und begründen das mit dem Treiben eines Hundes. Ach so« - und indem er so tat, als akzeptierte er das Ansinnen, breitete Racer die Arme aus - »na, in dem Fall sehen wir natürlich kein Problem für die Erteilung besagten Durchsuchungsbefehls.« Racer hielt sein Gesicht ganz dicht vor das von Jury. »Jetzt hören Sie mir mal gut zu, Freundchen. Wehe, Sie trauen sich auch nur auf hundert Meter an das Haus von diesem Harry Johnson heran.« Und natürlich kam er wieder mit polizeilicher Schikane daher. »Also, statt eines Durchsuchungsbefehls kriegen Sie diesmal bedeutend mehr verpasst als ein paar auf die Pfoten. Da nützt es aiich nichts, auf Dringlichkeit zu plädieren, wie Ihre Kanone von einem Gerichtsanwalt damals, um Sie aus Ihrem
selbstverschuldeten Schlamassel zu ziehen. Hier besteht nicht mal der Hauch von dringlichen Umständen, die Sie letztes Mal hingedeichselt hatten. Nein, damit können Sie nicht noch einmal landen!«
Bei diesem Stichwort rappelte Cyril sich auf und peilte. Als der Kater heruntersprang, stand Jury auf. Im Sturzflug sauste Cyril in elegantem Bogen auf Racers Schreibtisch zu und vollführte eine Dreipunktlandung auf Racers Schulter. Ach, wie der Chef da aufschrie!
Fiona kam durch die Tür, aus der Cyril nach draußen flitzte.
Jury lächelte. Cyril würde man nicht dabei erwischen, dass er erst groß auf einen Durchsuchungsbefehl wartete.
Jury saß in seinem Büro, die Füße auf dem Schreibtisch, in seinen Drehstuhl zurückgelehnt und lauschte in sporadischen Gesprächsfetzen Wiggins'Ansichten über das Übel der Robotertechnik. Dies war ein Thema, das Jury »komischerweise« (wie er Wiggins sagte) überhaupt nicht als schreckliche Bedrohung betrachtete.
Er war über sich selbst verärgert, weil er Harry Johnson verraten hatte, er, Jury, sei überzeugt, dass Tim und Tilda sich irgendwo in dem Haus befanden. Das war unglaublich dumm von ihm gewesen und beschleunigte womöglich Harrys Entschluss, eher früher als später etwas zu unternehmen.
Wiggins hatte sich in seinen Einlassungen inzwischen aufs Klonen verlagert. »Die klonen jede Art von Tieren, nicht nur Schafe, auch Haustiere. Hunde und Katzen.«
Da Jury es in letzter Zeit mit Hunden hatte, drang Wiggins' Stimme zu ihm durch. Die Welt, dachte Jury, könnte einen weiteren Mungo gut gebrauchen. Viele, viele Mungos.
Wiggins redete weiter. »Da spielt sich nämlich Ähnliches ab wie bei dieser Geschichte mit dem Einfrierenlassen. Wenn die Medizin ein Heilmittel für das findet, was einen umgebracht hat, kann man wieder auferstehen. So dass niemand wirklich stirbt.« »Kommt Ihnen das nicht gespenstisch vor, Wiggins? Dass DCI Racer wieder aufersteht, wenn wir meinen, wir wären ihn
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