Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU
eine, woraufhin sie meinte, Momentchen, sie sei gleich wieder da. Dann schwebte sie davon.
Nach fünf Minuten war sie wieder da, das offene lange Haar unter den Mantelkragen gesteckt, eine Einkaufstasche in der Hand.
Jury hatte inzwischen ein Taxi besorgt, das nun mit leise tickendem Taxameter am Straßenrand wartete. Er nannte die Adresse, und sie segelten ab, falls »segeln« als eine Art Metapher für das Einfädeln eines Autos in den Londoner Verkehr gelten durfte. So fühlte es sich für den in dieser kleinen Fantasie gefangenen Jury jedenfalls an.
Lucy erwiderte sein Lächeln, als wäre sie in den Spaß bereits eingeweiht.
Obwohl er sich über das Schicksal der beiden Kleinen größte Sorgen machte, konnte er seinen Plan dennoch amüsant finden. Er fand ihn toll, ein Gefühl, das auch von der Gewissheit, dass Melrose Plant den Plan verabscheuen würde, nicht geschmälert wurde.
»Nein«, sagte Melrose, hielt sich gleich wieder seinen Daily Telegraph vors Gesicht und griff nach seinem Drink.
Melrose war just an jenem Nachmittag nach London gefahren und vor kaum einer Stunde eingetroffen, als Jury den Klubraum betrat. Dass Melrose bloß mit Zeitung und nachmittäglichem Drink entspannen wollte, war jedoch nicht der Grund für seine Weigerung. Er weigerte sich, weil es die dümmste Idee war, die er je gehört hatte, eine Meinung, die er Jury nur zu gern mitteilte.
»Hier ist was zur Lektüre«, sagte Jury und händigte Melrose das Buch aus, das er bei Foyles erstanden hatte. »Sie müssen natürlich nicht das ganze Ding lesen, picken Sie sich einfach ein paar prägnante Punkte heraus und machen Sie sich mit denen eingehend vertraut. Es sind auch Bilder drin.«
Die Zeitung gesenkt, stellte Melrose fest, dass Jury seinem Nein überhaupt keine Beachtung geschenkt hatte und dies auch nicht vorhatte. Jury war fest entschlossen, diesen hirnverbrannten Plan in die Tat umzusetzen. Melrose wies Jury darauf hin, dass von ihm ja auch nicht die Durchführung des Plans erwartet wurde, o nein. Wie üblich wäre dies wieder einmal Melroses Aufgabe.
»Ich habe eine Woche gebraucht, um etwas über blühende Rasenplaggen und Cloisonnieren zu lernen, und dabei ging es bloß um Gartenbau. Wie zum Teufel können Sie von mir erwarten, das hier zu meistern« - Melrose wackelte mit dem Buch in der Luft herum -, »noch dazu an einem einzigen Nachmittag?« Mit der gleichen Geste hielt er sodann sein Glas in die Höhe, damit der junge Higgins ihm noch einen Drink brachte.
»Machen Sie's wie Diane Demorney. Dianes vermeintlich überragendes Können auf intellektuellem Gebiet beruht ja lediglich darauf, dass sie sich irgendeinen völlig unbekannten Aspekt eines Themas herauspickt und dann so viel wie möglich darüber in Erfahrung bringt. (Sie erinnern sich an die Sache mit dem Stendhal -Syndrom. Über Stendhals Bücher weiß sie rein gar nichts, aber alles über die Tatsache, dass er beim Betrachten von Kunst regelmäßig in Ohnmacht fiel. Eine brillante Idee, dabei ist Diane selbst alles andere als brillant.«
»Ich hatte eigentlich vor, in ein paar Stunden zu Abend zu speisen.«
»Dafür haben Sie gar keine Zeit. Ich werde für Sie Abendessen gehen und Ihnen etwas mitbringen.«
»Was für ein ausgezeichneter Plan! Wenn Sie denken, ich lasse für so etwas das Dinner sausen, dann sind Sie verrückter, als ich dachte. Und das war schon ziemlich verrückt.« Melrose seufzte. »Ihnen ist ja wohl klar, dass das nie funktionieren wird. Es ist vollkommen wahnsinnig.«
»Sie scheinen zu vergessen, dass Harry Johnson geistesgestört ist. Dadurch sind wir im Vorteil.«
»Wer ist dieses Geschöpf, das Sie da draußen im Foyer abgestellt haben? Was hat es mit der auf sich?«
»Das ist Lucy von Pigtails.«
Melrose schüttelte heftig den Kopf, als traute er seinen Ohren nicht. »Pigtails? Pigtails?«
»Richtig. Warten Sie hier. Ich hole sie.«
Warten Sie hier? Wohin zum Teufel dachte Jury denn, dass Melrose gehen könnte? Verdrossen wartete er und polierte seine Brille. Unbebrillt schaute er quer durch den Raum zu Jury hinüber, der nun mit einem Persönchen im Schlepptau ankam, das Melrose nur als hauchzart und federleicht bezeichnen konnte -mit dem luftigen Gewand, der durchscheinenden Haut, dem zarten Haarschleier. Gütiger Himmel! Er hoffte, es würde sich einiges davon zurechtrücken, wenn er seine Brille aufsetzte.
Was er eilends tat.
Nein, sie sah noch ziemlich genauso aus. Er erhob sich. »Das ist Lucy von Pigtails.« Jury
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