Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU
Seiten am Anfang, und Melrose nahm sich vor, zwei Gerichte anzustreichen, die er sich von seiner Köchin
Martha zubereiten lassen wollte.
Er döste vorm Feuer ein wenig vor sich hin, die Flammen schössen empor, als suchten sie sich ihr nächstes Opfer, und das Buch sah verdammt lecker aus...
Heftig augenklimpernd wachte Melrose auf, als ein Gentleman ihm einen herzhaften Gruß entbot, den sein Gefährte als gleich wiederholte.
»Ei, wen seh ich«, sagte Melrose und setzte sich ordentlich hin, »Colonel Neame und Major Champs! Das ist ja eine angenehme Überraschung!« Aber wieso Überraschung? Die beiden alten Herren residierten ja quasi in dem Etablissement, jedenfalls hatte es diesen Anschein.
»Wie geht's, wie steht's?«, kam es ein paar Mal zackig von Major Champs, und die beiden schüttelten Melrose die Hand. Sie schienen hocherfreut, ihn zu sehen. O ja, auch sie waren in ihren Lieblingssesseln bei Boring's so manches Mal vom Schlaf übermannt worden.
»Wir haben Sie gestern Abend mit dieser attraktiven Dame beim Dinner gesehen. Sie haben uns nicht bemerkt, das Speisezimmer ist ja so schlecht beleuchtet, dass der junge Higgins sich ständig das Schienbein anstößt und die Suppe verschüttet.«
Das würde der junge Higgins sogar in der hellen Mittagssonne auf den griechischen Inseln tun, dachte Melrose, sagte aber nichts, da Higgins vermutlich im gleichen Alter war wie diese beiden. Die hatten mittlerweile ihre Sessel eingenommen und hielten nach einem Kellner Ausschau, der ihnen den Whiskey bringen sollte. Major Champs schwenkte ein Streichholz aus, mit dem er sich den Tabak in seiner Pfeife angezündet hatte, und sagte: »Also, Ihre Freundin kam mir irgendwie bekannt vor, ich war mir sicher, sie schon mal gesehen zu haben, und - siehe da!« Er hielt das Buch in die Höhe, das er bei sich hatte.
Pollys Gesicht blickte dem Leser etwas ängstlich oder beunruhigt entgegen, die typische Krimiautorin, immer mit dem Schlimmsten rechnend.
»Abenteuerliche Geschichte!«, sagte Major Champs. »Neame hat es schon gelesen und droht immer wieder damit, mir zu verraten, wer's war.« Er kicherte. »Habe all ihre Bücher gelesen, jedes
Einzelne. Ich kann wohl nicht damit rechnen« - er beugte sich im Schein des Feuers, dessen Schatten die tiefen Höhlen in seinen Wangen noch tiefer kerbten, näher zu Melrose herüber -, »dass Sie uns einander vorstellen würden?«
»Aber sicher können Sie das. In ein, zwei Wochen sehe ich sie wieder.« Ob zwei Wochen reichten, ihr Buch zu lesen? Melrose sah das Lesezeichen im Exemplar des Majors stecken. Mindestens drei Viertel durch. Aha!, dachte Melrose. »Was halten Sie von dem Pudel?«, erkundigte er sich und klopfte auf sein Exemplar. Der Pudel war etwa auf Seite zwanzig hereinspaziert gekommen.
»Ach, der Pudel! Die konnte ich eigentlich noch nie leiden, diese zimperlichen, fiesen, selbstzufriedenen Geschöpfe. Sie bringt eine Menge Hunde und anderes Getier in ihren Geschichten unter. Letztens war es... ein Labrador? Na, jedenfalls findet der Hund die Leiche. Verdammt clever. Das kommt natürlich erst später. Ich will Ihnen ja nicht die Handlung verraten.« O bitte, tun Sie's!
»Und Hubert...«, ließ Colonel Neame sich vernehmen. Wer zum Teufel war Hubert?
»... der junge Bursche, eine der wenigen literarischen Kindergestalten, die ich überzeugend fand.« Major Champs sagte: »Darüber sind wir uns jedenfalls einig.«
Dass sie sich über andere Dinge uneinig waren, war einfach herrlich! Melrose stellte sich ein Streitgespräch vor, bei dem alle möglichen
Informationsschnipsel geboten würden, die er bis zu seinem nächsten Wiedersehen mit Polly speichern konnte. »Inwiefern genau finden Sie Hubert überzeugend?«
»Weil... na, sehen Sie doch nur, wie er auf den Tod seiner Mutter und den Selbstmord seines Vaters reagiert. Und als dann die Schwester von der Klippe fällt -«
Melrose schmunzelte. Er hatte keine Ahnung, wovon sie redeten. »Ja, aber ist sie wirklich gefallen?« War sie natürlich nicht.
War in einem Kriminalroman ein Opfer denn jemals »zufällig« von einer Klippe - oder seinetwegen auch vom Stuhl - gefallen?
Colonel Neame patschte fröhlich auf die Sessellehne. »Genau, genau! Und hatte die Mutter es wirklich mit dem Herzen?« Vielsagendes Augenzwinkern und Kopfnicken!
Melrose sammelte Informationen, wusste aber immer noch nicht genau, was es mit dem Küchenchef und dieser Dinnerparty am Anfang auf sich hatte. Was hatten alle diese Todesfälle
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