Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU
immer kleiner werden. Merkwürdig einsam sahen sie aus.
Oder kommt mir das bloß so vor?, fragte er sich.
»Es geht mich ja nichts an -«
(Was heißen sollte, doch, tat es schon.) »Ich verstehe bloß einfach nicht -«
(Was heißen sollte, es überstieg sogar die Auffassungsgabe des Premierministers.)
»Wieso Sie eigentlich Abend für Abend mit jemand essen gehen wollen, den Sie kaum kennen, anstatt zu Hause zu bleiben wie normal. Ich meine, wenn Sie ins Pub wollen, das Mucky Pup ist bloß eine Viertelstunde zu Fuß von hier.« Schulter zuckend blätterte Carol-Anne die Seiten irgendeiner Schönheitszeitschrift um und hielt ab und zu inne, um (wie sie Jury vorhin mitgeteilt hatte) nach einer neuen Frisur Ausschau zu halten.
Die Vorstellung, die Haartracht irgendeines Fotomodells auf diesen Hochglanzseiten könnte besser aussehen als Carol-Annes wunderschön ungekämmtes, ungebändigtes, rötlich braunes Haar, war lächerlich. Jury sagte: »Er erzählt mir eine faszinierende Geschichte und braucht dazu eben ziemlich lang.« »Hört sich an wie diese Wie-heißt-sie-gleich? Die geköpft werden sollte, wenn sie den König nicht bei Laune hielt?«
»Scheherazade.«
Carol-Anne saß auf dem Sofa in Jurys kleiner Zweizimmerwohnung mit Blick zur Straße und dem lang gestreckten Park hin. Carol-Annes Wohnung befand sich zwei Stockwerke höher, dazwischen lag eine Wohnung von zweifelhafter Provenienz, da sie nicht so sehr Stan Keeler als vielmehr Stans Hund Stone zu gehören schien. Den glaubte Jury dort oben gerade umhertappen zu hören.
Carol-Anne befeuchtete ihren Finger und legte ihn auf eine Seite, betrachtete diese erst und drehte die Zeitschrift dann so herum, dass Jury sie sehen konnte. Auf dem Foto war eine lächerliche Frisur abgebildet, bei der das kurze Haar des Modells in lauter Stacheln in die Höhe stand.
»Hm. Klar, wenn Sie wollen, dass Ihr Kopf wie die Krone der Freiheitsstatue aussieht.«
»Sehr witzig. Ich dachte eben an etwas Kurzes und Ordentliches.«
»Finger weg von Haarschneide-Etablissements. Das, was Sie haben, lässt sich überhaupt nicht mehr verbessern.«
Skeptisch, was sie von diesem Kompliment halten sollte, musterte sie Jury mit zusammengekniffenen Augen, ließ dann aber zufrieden die Zeitschrift auf ihren Schoß sinken, um ein anderes Thema aufzugreifen, bei dem sie Jury ordentlich eins draufgeben konnte. »Was ist jetzt mit Ihrem Job?«
»Wahrscheinlich werde ich nächste Woche hereinzitiert, bekomme vom stellvertretenden Polizeichef was auf die Pfoten und muss mich ins Eckchen stellen.« Er nahm einen Schluck aus seiner Teetasse, die höchst gefährlich auf der Armlehne seines Sessels balancierte.
»Sie sind also immer noch vom Dienst suspendiert?« »Nicht direkt suspendiert. Es nennt sich anders, es ist irgendeine etwas undurchsichtige Spielart von Suspendierung, solange die Untersuchung noch im Gange ist. Ich vermute mal, unsere PR-Leute -davon haben wir wohl ein paar - sind der Ansicht, dass eine Suspendierung schlecht für das Image der Metropolitan Police wäre. Zumal in der Öffentlichkeit gutgeheißen wird, was ich getan habe. Um ehrlich zu sein, ich genieße meine Freiheit eigentlich sehr.«
Carol-Anne richtete sich so ruckartig auf, dass ihr die Zeitschrift vom Schoß rutschte und die türkisblaue Bluse von einer Schulter glitt.
Nicht übel. Jury lächelte.
»Soll das heißen, Sie wollen Ihren Job schlicht und einfach an den Nagel hängen?«
Diese Möglichkeit war das Schlimmste überhaupt! Dann könnte Jury ja plötzlich tun und machen, was er wollte. Er könnte sich den Staub von Islington von den Schuhen schütteln und hingehen, wo immer es ihm beliebte, er könnte leben, wo immer es ihm beliebte.
»Aber bloß wenn meine zweitausend Anteile von IBM und Microsoft splitten. Bis zu jenem Glückstag mache ich wie üblich hier Zwischenstation.«
Erleichtert ließ sie sich wieder aufs Sofa fallen und griff ihr Hab's-Ihnen-aber-gesagt-Lieblingsthema auf. »Hab ich Ihnen aber gesagt, wissen Sie noch ? Dass Sie nicht ohne Durchsuchungsbefehl in das Haus gehen sollen! Genau hier hab ich gesessen, als ich es Ihnen und Cody gesagt habe.«
»Eigentlich standen Sie dabei dort drüben« - er deutete mit dem Kopf in Richtung Küchentür - »mit einem Pfannenheber in der Hand und einem Teller Würstchen.« Er lächelte. Unter Gedächtnisverlust litt er jedenfalls noch nicht.
Sie seufzte bloß matt auf. »Da sehen Sie, wie weit es gekommen ist.«
Er wartete kurz ab, damit
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