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Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU

Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury 20 - Inspektor Jury kommt auf den Hund NEU Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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aber so viel im Kopf haben mussten - den David, den Duomo, das Gold, die Handschuhe -, war Melrose doch recht erstaunt, dass man sich an ihn erinnerte. Nein, wahrscheinlich war ihnen von damals wohl eher der verrückte Trueblood im Gedächtnis geblieben, der mit seinen Tafelbildern von Masaccio - den vermeintlichen jedenfalls - wie in Trance herummarschiert war.
    Das kleine Hotel befand sich in einem Gässchen mit Kopfsteinpflaster, aber kopfsteingepflastert waren sie ja alle, sobald man das Zentrum und den Palazzo San Marco hinter sich ließ. Bis zum Ponte Vecchio war es gar nicht weit, und darauf steuerte er nach Verlassen seines Hotels nun zu. Der Arno floss mit seinen vom Sonnenlicht beschienenen Kräuselwellen so gemächlich dahin, dass er fast stillzustehen schien. Auf der Brücke reihten sich kleine Läden aneinander, hauptsächlich Juweliere und Goldschmiede. Ein wahrer Genuss, auf altem Stein zu wandeln, altes Gold zu betrachten, alte Luft zu atmen.
    Das Handschuhgeschäft am anderen Ende der Brücke war wieder genauso voll wie beim letzten Mal, und man schaffte es kaum, sich bis an die Theke durchzuschlagen oder die Aufmerksamkeit einer Verkäuferin zu ergattern. Die Handschuhe hier waren aus solch weichem Leder, in so pastellfarbenen oder strahlenden Tönen gefertigt, dass es fast anmutete, als verkaufte der Laden Regenbögen und Sonnenuntergänge.
    Die magere kleine Person, die Melrose mit dem Kopf gerade einmal bis an den Ellbogen reichte, hatte keinerlei Hemmungen, diesen (den Ellbogen) sowie den restlichen Melrose aus dem Weg zu schubsen, ein allerdings erfolgloses Unterfangen, das daraufhin einen italienischen Wortschwall auslöste, bei dem es sich nur um eine Aneinanderreihung von Schimpfwörtern handeln konnte. Hunderte, ja Tausende von Handschuhpaaren lagen in ihren Plastikhüllen in kleinen Schubfächern, die einem riesigen Briefkasten gleich über die ganze Wand angebracht waren. Warme Farben, kalte Farben, blasse Farben, leuchtende Farben - Farben, die man außer im Meer oder einem Sonnenaufgang nie zu sehen bekam. Die Blautöne etwa spielten zwischen dem Blau der Ägäis und den Schatten eines verschneiten Wintertages.
    Während er so dastand und diese Sintflut von quer über die Wand nach Farben und Größe sortierten Handschuhen betrachtete, hatte sich die Menge wie von Zauberhand gelichtet, und man bot ihm tatsächlich Hilfe an. Er ließ sich die rosa, pfauenblauen, meerblauen, winterblauen Exemplare zeigen. Dann erstand er zwölf Paare, deren Kosten etwa in der Höhe seiner Hotelrechnung angesiedelt waren, wobei er trotzdem fand, noch ein gutes Geschäft gemacht zu haben. Er sah zu, wie die Frau ihm die Handschuhe einpackte. Herrlich, wie Franzosen und Italiener das immer machten, so behutsam und zierlich, als wäre jeder Einkauf ein Geschenk.
    Ein Paar ließ er sich uneingepackt geben, nicht um es gleich zu tragen, sondern nur um seine butterweiche Beschaffenheit zu befühlen. Dann verließ er den Laden.
    Auf dem Rückweg über den Ponte Vecchio blieb Melrose ab und an stehen und betrachtete den Arno in seinem stillen Lauf. Und indem er sich die Handschuhe genießerisch an die Wange hielt, überkam ihn der eine oder andere tröstliche Gedanke an zu Hause.
31
    Als wäre die toskanische Bergstadt eine Festung (was sie vermutlich früher einmal gewesen war), zeigte sich San Gimignano von mit Toren bewehrten Mauern umgeben und von Geschlechtertürmen gekrönt. Im zwölften und dreizehnten Jahrhundert hatte man die Tore wohl nachts geschlossen und bewacht und die Straßen mit Ketten abgesperrt, und für die Menschen hatte Ausgangssperre geherrscht. Wenigstens stellte Melrose es sich so vor. Feudalgeschlechter hatten diese Türme erbaut und sich vermutlich einen edlen Wettstreit darum geliefert, wer den höchsten Turm hatte. Er malte sich aus, wie die Türme an einem frühen Wintermorgen durch Rauch und Nebel ragten und das ganze Städtchen über dem Hügel schwebte, auf dem es erbaut war.
    Melrose stellte sein winziges Auto auf dem Parkplatz ab und machte sich auf den Weg bergan ins Zentrum von San Gimignano, falls man hier überhaupt von einem Zentrum reden konnte. Sein Fußmarsch ließ sich leicht mit einem Duell im Morgengrauen vergleichen, wobei der Gewinner derjenige war, der zuerst oben ankam.
    In einer kleinen Trattoria auf der Via Matteo kehrte er auf eine acqua minerale ein. Von dem Zeug trank er hier eine ganze Menge, da es das Einzige war, was er korrekt aussprechen konnte. »Acqua

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