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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Lees Hand traf. Er blickte darauf und dann zu Mary Lee.
    »Hab ich Ihnen mitgebracht«, platzte sie heraus und fügte hinzu: »Es tut mir leid.«
    Er verstand, wofür sie sich entschuldigte. »Danke, Mary Lee.« Er wischte die Dose mit dem Hemdzipfel ab und zog sie auf. Trank einen Schluck und runzelte leicht die Stirn.
    Jury fragte sich, ob die Coke wohl nach Mary Lees Tränen schmeckte. »Ich mag Ihre Stücke, Ihre Musik. Sehr sogar.«
    »Was soll das Ganze dann? Habe ich etwas verbrochen -?«
    »Ich hätte gern gewußt, ob Ihnen irgend etwas zu Ohren gekommen ist?«
    Charlie runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf, nein, Fehlanzeige. Er drehte sich um und griff sich eine große Tasche.
    »Wir haben nämlich Ärger.« Erstaunlicherweise kam das von Mary Lee. Sie hatte festgestellt, daß ihre Stimme doch noch funktionierte, hatte Jurys schützende Fittiche verlassen und machte sich nun ans Ausschmücken seiner Andeutungen. »Man hat Koks gefunden - ein ganzes Kilo, um genau zu sein - oben im Projektionsraum.«
    Jury traute sich nicht, sie anzusehen, er mußte zu sehr mit dem Lachen kämpfen. Wieso machte Mary Lee bei dieser Scharade mit? Sie hatte wirklich eine rasche Auffassungsgabe und schien zu ahnen, daß es sich um ein Spiel handelte. Wahrscheinlich wollte sie nur die Begegnung in die Länge ziehen. Oder sie wollte Charlie nur wissen lassen, daß sie nicht zu den üblichen geschwätzigen Fans gehörte, sondern jemand mit Einfluß war.
    »Tut mir leid. Wie ich schon sagte, mit Rauschgift habe ich nichts am Hut. Ich nehme keins.«
    Sie riß die Augen auf. »Oh, das haben wir auch gar nicht unterstellt; ich meine, das sieht man doch auf Meilen gegen den Wind. Aber wenn Ihrer Band was zu Ohren kommt, wenn sich was tut -«
    Sich etwas tat? Jury biß sich auf die Lippen.
    »- dann kommen Sie direkt zu mir damit, okay? Mit niemand sonst darüber reden.« Sie hob die Schultern, gab Jury eine Chance. »Außer vielleicht mit ihm.«
    »Wird gemacht.«
    »Noch was ...« Mary Lees Stimme hüpfte unversehens eine Oktave nach oben. »Ob ich wohl ein Autogramm von Ihnen haben könnte?«
    »Klar.« Charlie lächelte, und das beendete ihre hektische Suche nach einem Fetzen Papier beinahe durch elektrischen Kurzschluß. Jury sah, wie sie sich bückte, und befürchtete schon, sie würde den Saum ihres Unterrocks abreißen. Sie streckte Charlie einen hochhackigen Schuh hin. »Da.«
    Ein kurzes, verblüfftes Lachen. »Aber ich versaue Ihnen ja die Schuhe. Ich müßte doch etwas ...« Aber er hatte nichts in der Tasche. Jury hatte schon sein Notizbuch hervorziehen wollen; doch er ließ es stecken. Die Ernsthaftigkeit, mit der Mary Lee ihr Ziel verfolgte, hielt ihn zurück.
    »Ach, das geht schon in Ordnung. Machen Sie sich keine Gedanken. Es sind alte; ich zieh sie kaum noch an.«
    Jury reichte Charlie, der immer noch unschlüssig schien, seinen Füller. »Ich glaube nicht, daß die Tinte auf dem durchsichtigen Zeugs hält -«
    »Geht in Ordnung. Wenn nicht, dann finde ich was anderes«, sagte sie sachlich und sah wie gebannt zu, als er das Oberteil ihres Schuhs vorsichtig mit Tinte beschrieb. Er reichte ihr den Schuh zurück.
    Mary Lee nahm ihn behutsam entgegen, so als wäre er wirklich aus Glas. Sie sagte gar nichts, sondern studierte nur die Beschriftung. Jury, der neben ihr stand, konnte sie auch lesen: Auf Mary Lees Schuh. Charlie Raine.
    Das war zuviel für sie. Wortlos drehte sich Mary Lee um und humpelte auf dem Mittelgang zurück ins Dunkel.
    »Kann ich Sie ins Hotel bringen?« fragte Jury.
    Charlie warf sich auch noch die Tasche über die Schulter und sagte: »Schönen Dank. Aber ich wollte eigentlich nur in den Pub um die Ecke. Habe den ganzen Tag noch nichts gegessen. Wollen Sie mitkommen?«
    »Ich könnte auch einen Schluck vertragen.«
    Charlie Raine stellte die Wattzahl seines Lächelns höher. »Da können wir über Rauschgift reden.«
    »Sie sind nämlich nicht vom Rauschgiftdezernat«, sagte Charlie, als sie dort waren. »Sie sind von der Kripo.«
    Jury holte gerade die Getränke, und Charlie stand am Tresen mit den warmen Gerichten und schien mit seinen Gedanken ganz bei den großen Schüsseln mit Salat und Reis, die eine junge Frau mit rostrotem Haar beflissen mit Frischhaltefolie abdeckte.
    Der Pub war einfach, Tische und Stühle aus Kiefernholz, eine lange Theke, der nur die auf den Borden aufgereihten Flaschen ein wenig Flair und Farbe gaben. Keine hübschen Spiegel, keine unechten Tiffany-Lampenschirme. Aber

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