Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Warum?«
    »Weil Sie aufhören.« Jury erwartete darauf keine andere Antwort als die, die Charlie schon Jiminez gegeben hatte.
    Und so überraschte es ihn, daß Charlie seinen Teller zurückschob und erwiderte: »Ich habe alles geschafft, was ich wollte.« Er rutschte etwas auf der Bank, lagerte einen schmuddeligen Reebok-Turnschuh hoch und legte den Arm aufs Knie. Eine lustlose Pose; entweder blickte er den Rotschopf oder die Musikbox an. Die junge Frau wusch immer noch ab und behielt ihn dabei mit leicht gefurchter Stirn im Auge. »Ob sie noch schaltet?« Er holte sich eine Zigarette aus Jurys Packung, riß mit der Daumenkuppe ein Streichholz an und inhalierte tief. »Mir geht es wie Otis: >Too hard living, afraid to die<.« Er fixierte dann seine Zigarette und rauchte vor sich hin.
    »Sie sind ganz oben, und das wollen Sie nicht genießen, obwohl Sie dafür unendlich geschuftet haben müssen? Sie haben sich beim Üben doch sicher die Finger blutig gespielt.« Jury betrachtete die Hand mit der Zigarette. Die Fingerkuppen waren mit winzigen Narben geriffelt.
    Charlie antwortete nicht.
    »Und was dann?« fragte Jury.
    Er hob die Schultern. »Für eine Weile nach Haus.«
    »Nach Leeds?«
    »Nach Leeds. Ich suche mir ein festes Engagement.« Er blickte Jury mit zusammengekniffenen Augen durch den Rauchschleier an. »Lahme Antworten, was?«
    Dieses Mal ging Jury nicht darauf ein.
    »Ich muß los, Mann.«
    Sein amerikanischer Akzent überlagerte den britischen; er war wohl seit Jahren daran gewöhnt. »Wer ist am Keyboard?« fragte Jury.
    Charlie war darüber so erstaunt, daß er aufhörte, Pfunde und Pence hinzuzählen. »Caton Rivers. Warum?«
    »War nur so eine Frage. Spielen Sie auch manchmal Keyboard?«
    Er stapelte die Pfundmünzen, die Zehn- und Fünfpencestücke und winkte dem Rotschopf. »Nein, kaum.« Dann zog er den Reißverschluß seiner Jacke hoch und sammelte seine Instrumente ein.
    »Nell Healey wird nicht mit einer Standpauke davonkommen. Es hat schon des ganzen Gewichts des Namens Citrine-Healey bedurft - ganz zu schweigen von dem Geld -, damit sie nach dem Mord an ihrem Mann nicht in Untersuchungshaft kam. Jetzt -«
    Charlie erstarrte in der Bewegung. »Wahrscheinlich hatte sie einen verdammt guten Grund, ihn umzubringen.« Die Kellnerin schob das Geld zusammen, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Aber Charlie bemerkte sie nicht einmal. »Und es kann Gott weiß wie lange dauern, bis sie vor Gericht kommt.«
    Jury stand auf. »Ich fahre morgen nach Haworth. Soll ich Sie nach Leeds mitnehmen?«
    »Morgen abend gibt Sirocco ein Konzert. Wußten Sie das nicht?«
    »Doch.«
    »Kommen Sie auch?«
    »Hoffentlich. Wenn ich Mary Lee ein paar Karten abluchsen kann.«
    Charlie griff in seine Gesäßtasche. »Klar könnten Sie das, aber nehmen Sie lieber die hier.« Er gab Jury zwei Karten. »Ein Freund von mir schafft es nicht.«
    Jury lächelte. »Auf dem Weg zum Yard werde ich garantiert niedergestochen. Es ist so schwer, dranzukommen.«
    Charlie Raine fuhr sich mit der Hand durchs lange Haar. »Also -« Sein Blick wanderte an Jury vorbei zur Theke. Jurys Augen folgten seinen, und da stand der Rotschopf, die Füße brav nebeneinander, Geld in der Hand, mit einem unglücklichen, wissenden Blick. »Halten Sie bitte mal.«
    Jury sah ihm nach, sah, wie er sich umblickte, sich einen Pappteller von dem Stapel griff und ihr den Kugelschreiber aus dem Gürtel zog. Er schrieb, gab ihr den Teller, fast mußte er ihn ihr aufdrängen, denn sie stand noch immer mit aufgerissenen Augen wie angewurzelt da.
    Seinetwegen müßte niemand leiden, dachte Jury, wenn er etwas daran ändern könnte.
    »Danke für das Bier«, sagte Jury. »Kann ich Sie irgendwo absetzen?«
    Sie standen jetzt draußen und betrachteten den kalten, harten Himmel. »Ich will eigentlich nirgendwo richtig hin.
    Nur ein bißchen rumgucken. In London gehe ich gern zu Fuß.«
    »Ich auch«, sagte Jury.
    Jury betrat sein Büro im New Scotland Yard und fand Wiggins damit beschäftigt, sich emsig durch ein abschreckend dickes Buch zu blättern, dessen Einband sich seinen behutsamen Bemühungen zu widersetzen schien; es hatte schon zu lange ungelesen herumgelegen.
    »Hallo, Wiggins.« Jury hängte seinen Regenmantel auf und ließ sich auf seinen Stuhl fallen, daß es krachte, was den Anschein erweckte, als bestünde zwischen dem Stuhl und der alten Schwarte eine symbiotische Beziehung. Drei andere, gleichermaßen dicke Wälzer lagen aufgeschlagen und waren mit Sachen

Weitere Kostenlose Bücher