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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Lieblingssessel für kalte Winternachmittage am Kamin. Seine Hündin Mindy schlief auf einem schmalen Gebetsteppich, den sie aus einem anderen Zimmer angeschleppt hatte.
    »Teddy und ich brauchen dort eine männliche Begleitung.«
    Natürlich, wie praktisch für sie. »Wozu um alles auf der Welt? In Harrogate ist doch nichts los, außer Tagungen. Ewig diese Menschenmassen. Weswegen tagen die überhaupt?«
    »Unfug. Harrogate ist einfach bezaubernd, und man kann dort viel unternehmen, denk doch nur, die Gärten, der Stray, die Bäder. Du bist wirklich zum Sterben langweilig, Melrose. Warst du früher nie.«
    Ehrlich? So wie sie die ganzen Jahre über ihn hergezogen war, hatte er sich längst für scheintot gehalten.
    »... ziemlich stumpfsinnig. Ich muß schon sagen, nicht einmal in der Zeit, als du noch auf Freiersfüßen wandeltest, warst du so unleidlich.«
    Melrose wußte zwar, daß er der Versuchung zu reagieren hätte widerstehen sollen, doch er ließ das Manuskript sinken und warf ihr einen bitterbösen Blick zu.
    »Was bringt dich eigentlich auf die Idee, daß Heiraten für mich nicht mehr in Frage kommt?«
    »Sei nicht albern. Wenn Vivian erst weg ist, gibt es in der ganzen Gegend niemanden mehr zum Heiraten.« Sie stand auf und riß am Klingelzug. »Wo um Himmels willen steckt Ruthven?«
    Überall, nur nicht hier, mutmaßte Melrose. Vivian Rivington war stets die größte Bedrohung für die »Hoffnungen« gewesen, die sich seine Tante machte, und Agatha mußte trotz aller Seitenhiebe auf den »gräßlichen Italiener« erleichtert aufgeatmet haben, als der Hochzeitstermin feststand.
    »Denn deine sonstigen Chancen hast du dir ja gründlich vermasselt«, fuhr sie fort, während sie die Krümel auf dem Kuchenteller musterte.
    Jetzt war er völlig konsterniert - keine ungewöhnliche Geistesverfassung, wenn Agatha in der Nähe war - und sagte: »Wie? Welche Chancen?«
    »Bei Lady Jane Hay-Hurt. Auf dem Gartenfest der Simpsons.«
    »Ich kann mich nicht entsinnen, auch nur ein einziges Wort mit Lady Jane Hay-Hurt gewechselt zu haben. Ich erinnere mich nicht einmal an das Gartenfest bei den Simpsons.«
    »Ha! Das wundert mich gar nicht. Du warst völlig ungenießbar. Hast den Mund nicht aufgemacht, finster vor dich hin gebrütet und dich verzogen, um die Enten zu füttern.«
    Er erinnerte sich nur an einen Garten, an schreiend bunte Kleider und leeres Geschnatter. An mehr nicht. Vielleicht neigte er ja zu plötzlichen Blackouts. Ach, warum nur wurde ihm nicht auch jetzt schwarz vor Augen?
    »Wie ich mich darauf freue, Northants ein Weilchen den Rücken kehren zu können.« Agatha war wieder bei Vivians Hochzeit. Sie lehnte sich zurück, in einer Hand die Teetasse, in der anderen das letzte Muffin, und ließ sich über Palazzi, Dogen und Loggien, Gondeln, Kanäle und Campaniles aus. (Lieber Himmel, sie hat sich tatsächlich einen Italienführer vorgenommen, dachte er.) »Wie angenehm, sich an einem kühlen Ort aufzuhalten, gekachelt und mit plätscherndem Wasser.«
    »Wenn das alles ist, was du brauchst, warum gehst du dann nicht einfach nach Hause zurück und stellst dich unter die Dusche?«
    Er widmete sich wieder Pollys Manuskript. Wie viele Krimis spielten eigentlich im Venedig zur Zeit des Karnevals? Wie viele Leichen trieben bereits den Canale Grande hinunter?
    »Dir fehlt aber auch jegliche romantische Ader, mein lieber Plant. Kein Wunder, daß du bei Frauen keinen Erfolg hast.« Seit Vivian sich entschlossen hatte, den >liederlichen Italiener< zu heiraten, war der Graf in ihrer Achtung merklich gestiegen.
    Melrose gab keine Antwort. Erstaunlich, wie Polly ihre Handlung, die ursprünglich in den Gäßchen und zwischen den Schornsteinen von Biddingstone-on-Water angesiedelt war, in die wäßrigen Seitengäßchen von Venedig zu verpflanzen verstand. Im Original hatte es damit enden sollen, daß der Blinde mit seinem Schäferhund über die alte Steinbrücke von Biddingstone gejagt wurde, nun aber floh der Held vor seinen Verfolgern über die Accademia-Brücke.
    Melrose benutzte den Finger als Lesezeichen und blickte auf. Seine Tante hatte unentwegt weitergeredet, es ging inzwischen wieder um die Fahrt nach Harrogate.
    »... ein kalter Lunch. Wir können die Reste vom Hähnchen Kiew mitnehmen, das es heute abend gibt; dazu vielleicht eine Flasche Muscadet.«
    Melrose musterte sie finster. »Es gibt Schweinsfüße, Markpastete und Kutteln mit Zwiebeln. Martha bereitet sie in einer ganz hervorragenden Soße

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