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Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury geht übers Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ganzen Tag im Bergwerk oder in den Spinnereien geschuftet. »Wissen Sie eigentlich, warum der Ort so von Touristen überlaufen ist, Mr. Plant?«
    »Nein. Ich dachte, es sei Nebensaison.«
    »Mein Gott, hat Ihnen denn niemand erzählt, was sich in dem Gasthaus weiter unten an der Straße zugetragen hat? Ungefähr eine Meile von hier. >Zum großen Schweigen<. Eine Frau hat ihren Mann erschossen, und wir kennen sie.« Er freute sich wie ein Schneekönig.
    Die Principessa seufzte. »Gerade wollte ich ihm davon erzählen, Major. Sie haben mir schon wieder die Schau gestohlen.«
    Er tat untröstlich. »Meine liebe Principessa, es tut mir wirklich leid.« Womit er ausdrücken wollte, daß die Runde an ihn ging. Als sie gerade den Mund aufmachen wollte, fuhr er fort: »Alles sehr merkwürdig; also, mir will es nicht in den Kopf, daß die Frau geistesgestört sein soll, nicht nach ihrem Gesicht zu schließen; und wissen Sie was, sie -«
    »Hat hier verkehrt«, warf die Principessa ein und strahlte vor Freude, daß sie ihm diese Pointe direkt vor der Nase weggeschnappt hatte.
    »Sie kennen die Frau also?«
    Der Major bedeutete der Principessa huldvoll, sie dürfe antworten.
    Sie beugte sich zu Melrose. »Ich kann nicht behaupten, daß ich sie gut kenne, aber ich weiß, daß sie mit Ann Denholme befreundet ist. Hat Ann das nicht erwähnt? Das gesamte Dorf steht unter Schock; das Anwesen der Citrines ist nämlich nur ungefähr zwei Meilen von hier entfernt.«
    »Zwei und eine halbe«, sagte der Major und entkorkte erneut den Tio Pepe. »Ich gehe fast täglich auf dem Keighley-Moor spazieren.«
    »Miss Denholme hat nichts davon gesagt, nein.«
    Major Poges wandte sich an die Principessa. »Liebe Rose, warum sollte sie? Finden Sie nicht auch, daß sie eine rechte Heimlichtuerin ist?« Und zu Melrose gewandt: »Als ich sie gefragt habe, warum es heute morgen keine Marmelade gab, da hat sie reagiert, als wollte ich sie aushorchen, sie austricksen, als wäre einer von uns beim Geheimdienst -«
    Die Principessa lachte und schüttelte den Kopf. »Sie übertreiben gewaltig! So redet er immer. Lieber George, auf nichts, was Sie sagen, ist Verlaß.«
    Er lächelte verlegen und hob sein Glas. »Ich kann nicht anders. Das Leben ist sonst so verteufelt langweilig. Aber Sie dürften recht haben.« Das verlegene Lächeln ließ darauf schließen, daß er keineswegs die Absicht hatte, mit dem Übertreiben aufzuhören. »Sie müssen aber zugeben, daß Ann Denholme den Eindruck eines verschlossenen Kästchens voller Geheimnisse erweckt. Erotischer Art, will ich hoffen.« Sein Schnurrbart zuckte.
    »Hoffnung läßt nicht zuschanden werden«, sagte die Principessa.
    Angesichts der Unterhaltung von vorhin fand Melrose Major Poges’ Metapher treffend. Sie erklärte die recht aufdringliche körperliche Anwesenheit Ann Denholmes bei gleichzeitiger geistiger Abwesenheit - den unnahbaren Blick, den Ausdruck, als wäre sie irgendwie weggetreten.
    Die Principessa beugte sich noch weiter vor, und ihre Augen waren nicht mehr milchiggrau, sondern glitzerten wie Stahlsplitter. »Soviel ich von Ruby gehört habe -Hausmädchen und tolpatschige Serviererin unserer köstlichen Mahlzeiten -, hat Mrs. Healey ihren Jungen immer zum Spielen mit Abigail hergebracht. Das ist Anns Nichte.«
    Aber damals konnte Abby kaum mehr als drei oder vier Jahre alt gewesen sein. Eine merkwürdige Spielgefährtin für einen zwölfjährigen Jungen. Wenn man jedoch bedachte, daß es sich bei Abby um die Furie handelte, so war sie wahrscheinlich schon mit zwei interessant gewesen.
    »Eine furchtbare Tragödie damals. Mrs. Healeys Sohn und ein Junge von hier, aus Haworth, wurden entführt. Sie haben sicherlich darüber gelesen. Hat sogar in der Times gestanden«, sagte der Major, womit er Melroses Geschmack in punkto Lesegewohnheiten hinterfragte und zugleich jedes andere Produkt aus der Fleet Street als indiskutabel vom Tisch wischte.
    Bevor Melrose ihm noch mehr Informationen über die Leute hier entlocken konnte, steckte Ann Denholme den Kopf durch die Tür und meldete, daß angerichtet sei. Acht Uhr.
    »Verdammt«, sagte der Major halblaut und drückte seine Zigarre in dem großen Aschenbecher aus. Die Principessa seufzte. Gerade hatten die beiden begonnen, so schön zu klatschen. Der Major antwortete mit erhobener Stimme: »Danke, Miss Denholme. Ich habe mich schon gefragt, ob wir wohl alle an dem langen Tisch essen werden.« Sein Ton machte klar, daß sie das lieber nicht tun

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