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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Ort des Leids spukt. Trotzdem glaube ich, die Gründe liegen tiefer; ich glaube, sie ist entschlossen, herauszufinden, was passiert ist.«
    »Glauben Sie, es war Selbstmord?«
    Sie antwortete nicht sofort; sie dachte nach. »Eigentlich nicht.«
    »War Ihre Schwester vom Temperament her so wie Sie?«
    »Ich würde sagen, ja.«
    »Dann ist es wirklich schwer vorstellbar.«
    Tommy lächelte ihn an. »Ist das ein Kompliment?«
    »Natürlich. Dann bleibt nur noch Mord, Miss Thale.«
    »Tommy. Ja, stimmt wahrscheinlich. Und wenn sie jemand ermordet hat, und wenn Millie das herausfindet, dann sollte die Person sich vorsehen. Meine Nichte ist geradezu verbissen loyal. Kann ganz schön rabiat werden. Manchmal kommt es mir vor, als säße sie im Zentrum ihres eigenen Sturms. Sie kann beherrscht wirken, fast ruhig. Aber sie ist nicht ruhig; sie ist gewappnet. Gewappnet gegen jede Katastrophe, die ihr widerfahren könnte, ganz egal, welche.« Wieder lächelte Tommy. »Und sie ist eine erstklassige Köchin, wie ihre Mutter ... Oh, möchten Sie beide nicht einen Tee? Ich hab ganz vergessen ...« Schwerfällig schickte sie sich an, vom Sofa aufzustehen.
    »Mein Sergeant ist ein erstklassiger Teekoch. Und ich bin sicher, er hätte gern einen. Stimmt’s, Wiggins?«
    Wiggins erhob sich schnell. »Stehen die Sachen einigermaßen griffbereit?«
    »Ja. Die Küche ist da hinten.« Sie rief Wiggins’ entschwindendem Rücken nach: »Der Tee ist in einer Dose, der Zucker auch, die Kanne ist auf der Arbeitsplatte.«
    Jury hatte ja gewußt, daß Wiggins jetzt seinen Tee brauchte.
    »Was weiß Millie über ihren Vater?«
    Tommy schüttelte den Kopf. »Nichts, außer, daß sie keinen hat. Und ich weiß auch nichts, falls Sie das gehofft hatten.«
    »Haben Sie je überlegt, ob es jemand von dort oben ist? Aus der Familie vielleicht?«
    »O ja, aber ich habe da doch starke Zweifel. Annie hatte hier in London mit ein oder zwei Männern eine Beziehung.« Sie beugte sich vor, ihre Hände umschlossen den Knauf des Stocks. »Allerdings gibt es einen Menschen, von dem ich weiß, daß er nicht der Vater ist: Graham Holdsworth. Annie hat sich schrecklich aufgeregt, als das Gerücht aufkam. Sie war in ihn verliebt. Aber er nicht in sie. Doch er redete viel mit ihr. Oft. Wenn sie zum Beispiel in der Küche allein zusammen waren oder auf dem Grundstück allein spazierengingen, und die Leute wußten das.«
    Jury schwieg. »Sind Sie ganz sicher? Ich meine, vielleicht wollte sie ihn nur schützen.«
    »Dann wäre sie nicht so weit gegangen, mir zu erzählen, er sei schwul, oder?«
    Jury setzte sich nicht, sondern fiel zurück in seinen Stuhl. Was hatte ihm Jane wohl sonst noch verschwiegen? »Graham Holdsworth war homosexuell?«
    »Ja. Annie konnte es nicht glauben. Sie sagte, sie hätte es einfach nie vermutet, nie gedacht, daß - hm, aber gibt es nicht so was wie ein intuitives Gefühl dafür? Kann man das nicht merken?«
    »Manchmal ja, manchmal nein. Erzählen Sie weiter.«
    »Er sagte ihr, das habe seine Ehe zerstört. Schließlich ging er in irgendeine Therapie. Er erzählte Annie, das habe ihn wahrscheinlich ursprünglich davon abgehalten, Madeline Galloway zu heiraten. Aus irgendeinem Grunde jedoch schien er sich mit Jane durchaus wohl zu fühlen ...« Sie zuckte mit den Schultern. »Es ist kompliziert. Natürlich weiß ich das alles nur aus zweiter Hand, aber eins können Sie mir glauben, Annie hat nie gelogen, nie. Sie befürchtete, daß er es tun würde, nachdem er wußte, was mit ihm war. Daß er sich umbringen würde, meine ich.«
    »Heutzutage? Mein Gott, heute versteckt sich doch kaum noch ein Homosexueller.«
    »Die Graham Holdsworths schon. Und er hatte es vorher auch schon mal versucht, wissen Sie, so mit zwanzig. Manche Leute sind einfach nicht zum Leben geschaffen, meinen Sie nicht? Schon ohne sich mit seiner Homosexualität auseinanderzusetzen, fiel es ihm schwer, sich selbst zu akzeptieren, sagte Annie. Er sei ziemlich schwach, sagte sie; das klingt kaltherzig, aber Sie wissen, was ich meine. Er war schließlich sein ganzes Leben lang verhätschelt worden, mußte eigentlich nie arbeiten, und wurde als >Poet< und >Maler< mit den Privilegien behandelt, die eine besondere Begabung nun einmal fordert.« Wieder zuckte sie mit den Schultern. »Aber er war sehr nett und freundlich, sagte Annie. Sanft.« Sie ließ den Blick über die Dinge auf dem Kaminsims schweifen und lächelte jetzt nur noch schwach. »Einmal hat er sie zum Rudern mit auf

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