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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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den Windermere genommen. Das sollte auch Millie tun, fand seine Ärztin, auf einen der Seen hinausfahren, sie meinte, daß es Millie vielleicht dabei helfen würde, ihre ... Zwangsvorstellungen loszuwerden. Natürlich nicht auf dem Wast Water.« Sie lächelte traurig.
    »Grahams Ärztin?« Jury überdachte Plants Bericht. »Viner? Heißt sie so?«
    »Ich glaube, ja. Nachdem es passiert war, hat sie mir einen langen Brief geschrieben, nur den einen. Ich hatte den Eindruck, sie fühlte sich sehr, sehr schuldig, weil ihr Patient sich umgebracht hatte. Und sie war wegen Millie besorgt.«
    »Ich bin überrascht, daß sie Ihnen geschrieben hat - da Millie Sie doch als eine regelrechte Furie dargestellt hat.«
    »Ach, ich weiß nicht, ob die Ärztin das alles geglaubt hat. Aber ich habe ohnehin nie wieder von ihr gehört.«
    Wiggins kam mit dem Tee zurück, stellte die Tassen hin, spielte Mutter.
    »Köstlich«, sagte Tommy, nachdem sie einen Schluck getrunken hatte.
    Wiggins strahlte bei ihrem Lächeln und griff wieder zu Notizbuch und Stift. Für sich selbst hatte er einen großen Becher aufgetrieben.
    »Sehen Sie Millie oft?« fragte Jury.
    »Ich habe sie oft gesehen. Bis das hier passierte.« Sie tätschelte die Schiene. »Seit zwei Jahren habe ich sie nicht mehr gesehen.«
    »Aber es wundert mich trotzdem, daß sie nicht zu Ihnen wollte. Wenn sie, wie Sie sagen, so loyal ist.«
    »Na ja, sie weiß es ja gar nicht«, sagte Tommy übertrieben heiter, um den Wirbel von Gefühlen zu verbergen. »Ich habe es ihr nie gesagt. Und als sie zu Besuch kommen wollte, habe ich sie vertröstet. Millie glaubt immer noch, ich hätte meine alte, viel größere Wohnung; meinen alten, viel besseren Job; meinen alten, ziemlich gutaussehenden Verlobten. Inzwischen eine verglühte Liebe.« Ihr Lächeln war nicht echt.
    Einen Moment lang schwieg Jury. Er ahnte, was kommen würde, wollte es aber nicht sonderlich gern hören. »Was ist denn passiert?«
    »Das hier.« Wieder tätschelte sie die Schiene. »Wir hatten einen Unfall. Er mußte ja seinen brandneuen Alfa Romeo mit über hundertfünfzig Sachen fahren. Er kam ohne einen Kratzer da raus. Ich nicht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Er hat mich verlassen. Ronnie hieß er.«
    Ein langes Schweigen entstand. Jury fühlte sich merkwürdig.
    Wiggins machte große Augen. »Ehrlich gesagt, Miss, ich könnte Ronnie umbringen.« Er senkte den Blick und errötete, weil es so unprofessionell war.
    »Wenn sie es je herausfände, würde Millie es tun, Sergeant.«
    Und dann lachte sie wieder dieses überschwengliche Lachen.
    Wast Water war nicht im entferntesten so lang wie Windermere, und trotzdem fragte Melrose sich nach ein, zwei Kilometern auf der Straße mit Blick auf die riesigen rötlichen Hänge, die sich über dem anderen Ufer erhoben, wie ein See so groß sein konnte oder wie Berge so nah aussehen und doch so fern sein konnten. Der Great Gable war vermutlich gut drei Kilometer hinter den Kuppen des Scafell, sah aber aus, als sei er darin eingekeilt. Wenn Melrose wegen der schönen Aussicht unterwegs gewesen wäre, hätte er zugegeben, ja, die lohnte die Reise, es war nicht künstlich und idyllisch, sondern trostlos, grimmig, fast gespenstisch. Der See war nicht so einladend blau wie Windermere, sondern kalt und dunkelgrau. Fellowes hatte die Stimmung perfekt eingefangen.
    Melrose fuhr auf einen Seitenweg, bremste neben einem amerikanischen Auto, das so lang war wie ein Lieferwagen -was war es für eins? ein Cadillac? nein, ein Buick -, und stieg aus, um sich in dem eisigen Wind die Beine zu vertreten und einen Blick auf Fellowes’ Karte zu werfen, von der er nicht wußte, ob er ihr trauen konnte oder nicht. Gott, diese Berge sahen wirklich bedrohlich aus! Dabei konnte man darauf wandern und klettern. Wahrscheinlich eher klettern.
    Ein Paar bummelte Hand in Hand am Uferstreifen entlang. Ein älterer Mann mit einem Stock kam auf ihn zu. Bei näherem Hinsehen klassifizierte Melrose ihn rasch als einen der Ortsansässigen, denn er sah so wettergestählt aus wie die Swaledaler Schafsböcke, und sein Gesicht war von der vielen frischen Luft so gefurcht, daß es ledrig aussah.
    Der alte Mann lächelte nicht (das taten sie hier sowieso selten, es sei denn, ihre Gläser waren leer), aber er tippte höflich an seine Mütze. »Tag.«
    »Schönen guten Tag. Wollte hier ein bißchen spazierengehn.«
    »Nasser Tag.« Er sah zu den schweren Wolken hoch. »Wird regnen.« Er sah über den See. »Wolln Sie

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