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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Natur waren, aber die Erfahrung brachte mich dazu, meine, hm, sagen wir, latenten Bedürfnisse zu hinterfragen. Sie war also eine dieser exotischen Europäerinnen. Ich muß Ihnen gleich sagen, zwischen uns ist absolut nichts passiert. Aber ich weiß, sie fühlte sich körperlich zu mir hingezogen. Ich weiß nicht, wie man so etwas erkennt.« Sie strich ihren Rock glatt. »Sie schenkte mir unentwegt Pralinen.« Sie rauchte, sah verträumt in das Licht, das Muster auf die große Fensterscheibe zauberte.
    »Nein, das ist nicht richtig.«
    »Was?« fuhr sie auf.
    »Sie hat Ihnen keine Pralinen geschenkt.«
    »Und woher wollen Sie das wissen?«
    »Das haben Sie sich danach ausgedacht. Sie haben es ins Spiel gebracht, um die Geschichte über Ihre Südländerin glaubwürdiger zu machen.« Er lächelte. »Ich weiß, Sie stehlen Pralinen. Das ist offenbar eine echte Obsession. Wie die Bänder-«
    »Das wollen wir doch jetzt mal beiseite lassen, vielen Dank . «
    »Wenn Sie von dieser Südländerin wirklich so beeindruckt gewesen wären, hätten Sie sie genauer beschrieben. Und Sie, Lady Cray, machen auf mich nicht den Eindruck eines Menschen, der sich leicht beeindrucken läßt. Sie sind einfach viel zu klug.«
    »Als nächstes werden Sie vermutlich sagen, daß ich eine pathologische Lügnerin bin.«
    Er lachte. »O nein. Das sind Sie ganz bestimmt nicht.«
    Wieder schwieg sie nachdenklich. »Vor einigen Jahren saß ich in der U-Bahn hinter einer jungen Dame, deren Haar mit einem Band hochgebunden war. Es war blaßblau; das weiß ich immer noch. Es hing bis auf den Sitz herunter. Eine Zeitlang habe ich das Band angestarrt. Dann zog ich ganz, ganz langsam an dem einen Ende und glaubte absurderweise, ich könnte es kriegen. Natürlich spürte sie das Ziehen. Sie drehte sich um und brüllte ... ziemlich fiese Sachen. >Du alte Lesbe !< Es war sehr demütigend. Wirklich, ich frage mich, ob man es spürt - bei sich selbst, bei anderen.« Die dünne, nach oben ziehende blaue Rauchspirale sah aus wie das Band.
    »Wenn man sensibel gegenüber den Signalen anderer ist,
    ja.«
    »Und habe ich ein Signal ausgesendet?«
    »An sie?«
    »Aha, an die Dame glauben Sie also.«
    »Ja. Aber Sie haben nicht ihr etwas signalisiert. Sie signalisieren mir etwas.«
    »Warum sollte ich das?«
    »Ich weiß nicht genau.« Kingsley kaute an seinem Bleistift. »Sie wollen etwas wissen.«
    »Nein. Wie ich schon sagte, ich habe nur überlegt, ob einem irgendein Instinkt die ... sexuellen Präferenzen anderer verrät.«
    »Homosexualität, meinen Sie.«
    Sie zuckte mit den Schultern, ließ ihren Blick auf dem Sonnenstrahl ruhen.
    »Reden Sie von mir? Meinen Sie mich?«
    »Lieber Himmel, nein.«
    »Warum erinnert Blut Sie an Spiegel?«
    Sie sprang auf. »Meine Güte, was hat das mit dem Thema zutun?«
    Er lächelte. »Aber das ist das Thema. Viel mehr als die Pralinen. Sie haben gedacht, ich hätte Sie gestern abend in dem Spiegel beobachtet.«
    Sie antwortete nicht.
    Er beugte sich vor, sein Kopf war weit über dem Schreibtisch. »Wissen Sie, was Verschiebung ist?«
    Ihr Blick klebte am Fenster. »Wenn ich wollte, könnte ich die Bedeutung sicher erschließen. Ich will aber nicht.«
    »Beispiel: diese ganzen Bänder mit verschiedenen Farben. Blaßblau, Grün, Gelb, unwichtig. Aber Rot. Das ist die Farbe, auf die es ankommt. All die anderen Farben bedeuten nämlich gar nichts, und nur wenn sie Rot als eine Farbe unter vielen ansehen, verliert es etwas von seiner Macht.«
    Er mußte über die Briefe Bescheid wissen. Sie fühlte sich in irgendeiner schrecklichen Gefahr und dachte daran, wie er sie im Spiegel beobachtet hatte. Aber hatte er das? Dr. Kingsley? Sie versuchte zu schlucken, sie hatte einen Kloß im Hals. »Die Stunde ist wirklich um, und ich muß -«
    »Setzen Sie sich. Jetzt erzählen Sie mal, Lady Cray, woran würde Sie ein rotes Band erinnern?«
    »An Blut«, sagte sie unwillkürlich.
    »War es wirklich der dreiteilige Spiegel Ihrer Mutter? Oder schieben sie diese vermeintliche Erinnerung nur vor? Sie standen vor dem Spiegel und haben sich Bänder ins Haar gebunden? Sie haben posiert? Sie haben Blut gesehen. Aber wo?«
    Sie konnte nicht schlucken. Ihr Mund ging auf und zu.
    Er wartete.
    Sie sagte nichts.
    »Was ist passiert, bevor Ihr Vater gestorben ist?«
    »Mein Va -« Und dann sah sie es. Das schwache Bild zog sie vom Stuhl. »Er rasierte sich. Er rasierte sich, und ich schlich mich an ihn heran. Überraschte ihn. Das Rasiermesser rutschte

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