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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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wie lange noch? Schnell schob er den Rollstuhl aus dem Irrgarten und über den grünen Rasen. In einiger Entfernung konnte er jemanden sehen
    - ja, es war Schwester Rübe. Er rief sie herbei. Sie schaute ihn böse an, aber er ignorierte den Blick. Obwohl er gänzlich außer Atem war, schaffte Wiggins es, ihr Bescheid zu sagen.
    Miss Rupert starrte ihn verständnislos an.
    »Mr. Holdsworths Medizin! Sie sehen doch, es geht ihm nicht gut.«
    Miss Rupert warf einen genauen Blick auf Adam Holdsworth. »Ich finde, er sieht völlig gesund aus. Bei seinem Alter! Immerhin ist er neunundachtzig, vergessen Sie das nicht. Da ist es normal, daß es manchmal ein bißchen langsamer geht.« Mit diesem für sie unwiderlegbaren Argument setzte sie ihren Weg den Pfad hinunter fort.
    »Bei Mr. Holdsworth geht es aber ein bißchen langsamer als langsam. Gleich bewegt er sich überhaupt nicht mehr. Ich bestehe darauf, daß Sie sofort einen Arzt holen.«
    »Regen Sie sich nicht so auf, Sergeant. Ich kenne ihn besser als Sie.« Sie ging einfach weiter.
    Wiggins setzte sich auf die Kante der sanft abfallenden Rasenfläche und ließ den Kopf in die Hände fallen.
    Aus dem Rollstuhl kam ein tiefer Seufzer. Durch die gespreizten Finger sah er zu dem alten Mann hinüber. Adam Holdsworth lachte und schlug sich auf die Oberschenkel -beziehungsweise auf die Decke, die darüber lag.
    »Hab Ihnen ganz schön Beine gemacht, was?«
    Mit versteinerter Miene stand Wiggins auf. »Heißt das, es war alles nur Theater?«
    Wamm! krachte Adams Hand auf sein Knie. »Todesängste hat er durchgestanden! Aber das geb ich zu, Junge; das mit den Krumen war eine verdammt gute Idee. Aus dem Irrgarten kommt man nämlich schwer raus.«
    »Sind Sie etwa schon mal hier drin gewesen?« fragte Wiggins mit erstickter Stimme.
    »Aber ja doch. Ich kenne jede Ecke, und es gibt auch überall versteckte Hinweise. Gut, die zu erkennen, waren Sie nicht schlau genug, aber trotzdem, außer Alex ist bis jetzt noch keiner ohne Hilfe rausgekommen. Sie sind doch kein so schlechter Bulle, wie ich dachte.«
    Während dieses Urteils über seine beruflichen Fähigkeiten ging der Sergeant langsam um den Rollstuhl; vor ihnen erstreckte sich der große, grasbewachsene Hang, hinten war das Steinhäuschen, das Helen Viner als Praxis nutzte. »Danke für das Kompliment, Sir. Jetzt muß ich gehen und sehen, ob der Superintendent schon da ist.«
    Mit diesen Worten stieß Wiggins mit dem Fuß den Rollstuhl an, der daraufhin schwankend den Hang hinuntersauste. Am Ende war ein kleiner Hügel, der ihn zum Halten bringen würde.
    Der alte Adam hob die Arme zum Firmament und johlte: »Halleluja! Bald trete ich vor . «
    Vor wen er treten würde, ging im Wind verloren.
    Wiggins kaute ein Kohleplätzchen und lächelte müde.
    Dann sah er, wie der Rollstuhl sich holpernd um die eigene Achse drehte, und hörte etwas, das wie ein Schrei oder ein keuchendes Lachen klang. Wiggins ging den Hang hinunter.
    Ja, Adam lachte keuchend. »Glänzend, Sergeant! Noch einmal, bitte!«
    »Schluß mit den Spirenzchen, Sir.« Er schlug dem alten Mann die Hand von der Bremse. »Superintendent Jury will Sie sehen.«
    »Da kommt aber keine Freude auf.« Adam legte den Finger auf die Lippen und flüsterte: »Kein Wort; das hier bleibt unter uns.«
    »Worauf Sie sich verlassen können«, sagte Wiggins wütend.
    Jury fiel auf, daß Wiggins’ Blick mehr als üblich in seinem Notizbuch klebte. Er saß auf einem schwarzlackierten Stuhl neben einem großen Fenster.
    In dem zweiten Stuhl saß eine hübsche Frau von zarter Statur mit einem wunderschönen maßgeschneiderten Kleid und gescheiten Augen. Wahrscheinlich in den Siebzigern, sie sah aber aus wie sechzig.
    Adam Holdsworth erzählte Superintendent Jury gerade, wie nett sein Sergeant ihn im Irrgarten herumkutschiert habe. Er fügte hinzu, daß es ihm schwerfiele, zu glauben, daß Virginia und Annie Thale nicht durch Unfälle zu Tode gekommen seien.
    »Wer um alles in der Welt sollte Ginny von dem Felsen gestoßen haben? Dieser blöde Fellowes bestimmt nicht. Aber wenn Sie warme Brüder suchen, sollten Sie ihn mal überprüfen.«
    »Meine Güte, Adam«, sagte Lady Cray und studierte die Zimmerdecke. »Das ist eine völlig idiotische Klischeevorstellung von einem Künstler.«
    »Sie kennen ihn nicht«, sagte Adam unwirsch. »Eine malende Tunte, wirklich.«
    Sie schüttelte den Kopf, stand auf und murmelte, daß sie jetzt leider gehen müsse.
    »Gehen Sie bitte nicht, Lady Cray.«

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