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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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einigermaßen saubere Weingläser mit.
    Als Melrose den mit einem zweifelhaften Etikett versehenen Weißwein ausschenkte, dachte Jury an den ersten Nachmittag, den Flug der Schwalben. »Agnosco veteris vestigia flammae.«
    Melrose flüchtete sich in Ärger. »Hören Sie bloß auf damit.«
    »Sie haben schließlich vorhin französisch palavert, oder etwa nicht? Egal, ich habe es nur zweimal gesagt«, Jury zählte es an den Fingern ab, »in zehn Jahren.« Das dritte Mal vor über zwei Wochen erwähnte er nicht.
    »Müssen Sie es sagen?«
    Melrose sah auf. »Warum?«
    »Das ist die einzige lateinische Sentenz, die ich kenne.« Die Gläser klirrten.
    Durch die Ritzen neben den Jalousien schien graues Licht. Erst als Jury den Arm von den Augen nahm und den Kopf zum Fenster drehte, begriff er, daß es Morgen war.
    Das Bett war übersät mit Notizen, Dokumenten, Briefen. Er hatte nicht geschlafen. Er hatte sich nicht ausgezogen. Er hatte gelesen und gedacht und gedacht und gelesen.
    Jetzt schwang er die Beine über die Bettkante, setzte sich hin und starrte den Boden und die Kanne Kaffee an, mit der ihn Connie Fish gestern abend noch versorgt hatte. Die kalten Überreste in der Tasse sahen wie Kleister aus.
    Jury zog die Jalousie hoch. Rauch stieg schlingernd aus den Schornsteinen der wenigen Cottages auf der anderen Seite der engen Straße, über die jetzt ein Viehtreiber und sein Sohn eine Herde Swaledale-Schafe führten. An der Ecke, wo die Straße auf eine andere mündete, war die Poststelle. Und das war Boone dann auch schon. In der Entfernung konnte er den dunstverschleierten Great Gable sehen.
    Wenn er in besserer Stimmung gewesen wäre, hätte er das alles als ländlich-friedlich empfunden, die Bergkulisse als erhaben.
    Seine Stimmung war nicht gut. Er fühlte sich ausgelaugt. Es befremdete ihn, daß seine Wut über Jane im Laufe eines kurzen Tages erloschen war. Sie hatte ihn benutzt, ja, aber nur in einem bestimmten Sinne. Sie mußte geahnt haben, was vor fünf Jahren passiert war, und ihr eigenes Verhalten als üble Komplizenschaft angesehen haben. Jury fand es verworren und widersprüchlich.
    Arme Jane. Sie hatte gewollt, daß er und nur er ermittelte. Hätte ihr Selbstmord zu offensichtlich nach Mord ausgesehen, hätte es keinen Weg gegeben, die Konsequenzen abzumildern - wobei sie am meisten bedrückt hatte, daß Alex noch mehr Schmerz zugefügt werden könnte, als ihm ohnehin schon zugefügt worden war.
    Wahrscheinlich hatte sie gedacht, er, Jury, könne die Dinge finden, die alles beweisen würden. Das konnte er aber nicht; es gab keine unumstößlichen Beweise; die Briefe waren es nicht und das Bild auch nicht. Es war eine Gestalt ohne Gesicht, und es konnte auch kein Gesicht geben, wenn Fellowes keins gemalt hatte.
    Wenn die Wahrheit herauskam, würde Alex leiden.
    Wenn sie nicht herauskam, würde Millie leiden.
    »Für einen Psychiater sind Sie ganz schön konfus«, sagte Lady Cray. »Es ist erst neun; unser Termin ist heute nachmittag.« Obwohl sie es gar nicht gern zugab, war sie irgendwie eingeschüchtert und konnte nicht anders, als ihren Blick noch einmal über die Bücherreihen schweifen zu lassen.
    Maurice Kingsley verschränkte die Hände im Nacken, lehnte sich zurück und lächelte. »Ich wollte Sie gern jetzt sehen. Ist das ein Problem?«
    »Ein Problem? Keineswegs.« Er behandelte sie ein bißchen von oben herab. Aus ihrer schwarzen Ledertasche holte sie das schwarze Porschefeuerzeug und zündete sich eine Zigarette an.
    »Meins ist weg«, sagte Kingsley und deutete mit dem Kopf auf das Feuerzeug.
    Sie zog eine Augenbraue hoch. »War es nicht auf dem Bücherregal? Wo Sie es hingelegt hatten?« Sie schaute nun auf das Regal hinter ihm, wo die Briefe gewesen waren. Das konnte sie jetzt auch noch riskieren. Voll Besitzerstolz fuhr sie mit dem Zeigefinger über das Feuerzeug. Da fühlte sie etwas auf dessen Unterseite. Verstohlen schaute sie hin und dann wieder dem Arzt in die Augen. Sie hatte es jetzt erst bemerkt -ein winziger goldener Streifen mit einer kleinen Gravur: Von A. O Schreck!
    »Ich kann mich nicht entsinnen, es dort hingelegt zu haben.« Er wich ihrem Blick nicht aus. »Es wäre mir ziemlich egal, wenn ich es nicht von einer Freundin geschenkt bekommen hätte. Der ideelle Wert, Sie verstehen.«
    »Ach, das tut mir leid. Und ob ich das verstehe. Meins habe ich von meinem Enkel bekommen. Sie wissen schon, von Andrew.« Sie fummelte an der Inschrift herum.
    »Ach, ja, Andrew. Der

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