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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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aus Kübeln.
    Alex legte die Automatik auf den Tisch und sah sie sich genau an. Es war eine kleine Webley, mit kurzem Lauf. Sein Onkel George hatte sie ihr gegeben. Wenn man bedenkt, wo ihr wohnt ... Alex schüttelte den Kopf. Man hätte meinen können, es sei Brixton.
    Sie lebten in einer Seitenstraße der Lewisham Road, nicht weit vom Blackheath Common. Es war ruhig; hübsch, südlich der Themse. Alex liebte die riesige Rasenfläche. Natürlich hatten sie seine Mutter wiederholt eindringlich gewarnt, die Waffe aus der Reichweite des Jungen zu halten.
    Was für ein Sermon. Alex war derjenige, der das Problem gelöst hatte, wo man die Waffe und die Munition aufbewahren sollte. Versteckt, aber in Reichweite.
    Der Platzregen wurde zu Schleiern, die sich hoben und senkten wie ein zarter Vorhang und gegen die dunklen Fensterscheiben rauschten.
    Als Alex hörte, wie sich die Haustür öffnete und dann schloß und Schritte die Treppe hochstampften, sprang er auf.
    Sie waren doch nicht etwa zurück! Aber es war nur eine Person, die die Treppen hinaufgerannt war und jetzt im Zimmer seiner Mutter herumlief.
    Alex starrte an die Decke.
    Als Jury in dem Haus in Lewisham ankam, rechnete er nicht damit, noch irgendein verräterisches Beweisstück zu finden, das Detective Inspector Kamir entgangen war. Die Spurensicherung hatte sich zweifelsohne jeden Millimeter vorgenommen.
    Der junge Beamte an der Tür war überrascht gewesen, weniger von der Tatsache, daß er überhaupt erschien, als von seiner merkwürdigen Art. Ins Leere sagte er: »Ja, Sir, Sie können -«
    Das Grauen von Zimmern, aus denen jemand verschwunden war, bestand darin, daß sie immer noch an der Gegenwart des Abwesenden festhielten. Der um den Bettpfosten drapierte Schal; die silberne Haarbürste, die rosa Puderstäubchen auf dem Frisiertisch; die Hausschuhe hübsch ordentlich neben dem Bett aufgestellt.
    Wie konnten leblose Dinge die Luft mit soviel Erwartungen füllen? Daß er ihre Schritte im Flur hören konnte, daß sie im Türrahmen erschien ...
    ... eine Überdosis.
    »Hast du schon mal jemanden getroffen, der sich mit einer Pille pro Tag eine Überdosis verpaßt?« hatte sie lachend gesagt.
    »Ja. Meinen Sergeant.« Ernster hatte Jury gefragt: »Holst du sie alle in derselben Apotheke?«
    »Nein, ich geistere mit einer dunklen Brille durch London oder als kleine Lady mit Schal verkleidet. Natürlich kaufe ich sie alle in derselben Apotheke!«
    Jury hatte nichts im Zimmer berührt, nur in der Mitte gestanden und sich umgesehen. Kamir glaubte nicht, daß die Überdosis ein Zufall war.
    Aber warum Selbstmord? Sie hatte nicht den geringsten Grund dazu. Weil es ihren Sohn gab, weil es, hoffte er, ihn gab.
    Mein Gott. Alex. Er hatte sie gefunden.
    Alex sass im Dunkeln und lauschte in die Stille. Was tat der Mann? Es war nicht der Polizist Kamir, jedenfalls klang er nicht so. Dessen Schritt war leicht gewesen, beinahe geschmeidig. Inspector Kamir war kein großer Mann.
    Endlich hörte er den Menschen oben sich bewegen, hörte Schritte auf der Treppe. Schwere, gedämpfte, langsame Schritte. Alex dachte, so ähnlich war er wahrscheinlich selbst die Treppen hinaufgerannt und wahrscheinlich auch wieder hinuntergegangen. War dieser Mensch in der glücklichen Erwartung hinaufgerannt, dort seine Mutter zu finden? Komm zur Vernunft - an der Tür steht ein Bulle.
    Und trotzdem hatte es wie ein Echo seiner eigenen Heimkehr geklungen, als wiederhole sich ein Spuk.
    Das Kinn auf der Brust, den Revolver vor sich auf dem Tisch, blieb er sitzen und versuchte, nicht einzuschlafen.
    Seit kurz vor der Morgendämmerung saß er in seinem Büro, zog gedankenverloren an der kleinen Messingkette an seiner Lampe, die an- und ausging, an und aus. Mal sah er zu, wie die Schatten an der Wand erschienen, mal, wie sich das graue Morgenlicht durch das Fenster kämpfte.
    Unfall oder Absicht ... Wieder hörte er Kamirs Stimme und spürte darin etwas sonderbar Poetisches, düstere Worte wie aus einem elisabethanischen Drama.
    Daß es Selbstmord gewesen sein sollte, war doch einfach undenkbar ...
    Aber trotzdem: In Janes Innerem gab es einen Bereich, in den er niemals eingelassen worden war, den sie ihm vorenthielt, nicht ein Geheimnis, das sie verschwieg - obwohl sie weiß Gott sehr leicht Geheimnisse vor ihm hätte haben können. Es war etwas, das sie von ihm isolierte: ein Argwohn, daß man ihm in einigen Dingen nicht trauen konnte.
    Er preßte die Augen zusammen. Wut und das Gefühl, betrogen

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