Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
im Profil sah er zehn Jahre jünger aus. Oder vielleicht war er zehn Jahre jünger, als er gewirkt hatte, während er dagesessen und über seinem Apfel und der aufgeschlagenen Akte gegrübelt hatte.
    Das Morgenlicht drang durchs Fenster, und er kniff die Augen zusammen, als sei dieses Licht ein Eindringling, der das Strahlen seines Verstandes beeinträchtigte. »Es hat keinen Zweck, über das Offensichtliche zu debattieren«, sagte er. »Ich weiß ja nicht, was Sie für offensichtlich halten.«
    »Dasselbe wie Sie«, sagte er, ging zu seinem Schreibtisch zurück, ließ sich in den Stuhl und die Brille auf seine Nase fallen, »sonst wäre es nicht offensichtlich, oder?« Er stellte die große Fotografie auf seinem Schreibtisch wieder exakt neben den teuren Kugelschreiberhalter, der nicht so aussah, als ob er je benutzt würde.
    »Sie haben meine Frage zu ihrem Tod nicht beantwortet. Was ist der Unterschied?«
    »Sie haben sie nicht umgebracht. Das bedeutet nicht, daß Sie sie nicht, hm, vielleicht dazu aufgefordert haben.«
    Jury starrte ihn an.
    »Mein Gott, nun machen Sie nicht so ein Gesicht. Ich sage nicht, daß Sie es getan haben. Ich wollte nur darauf hinweisen, daß es zu Denkfehlern führen kann, um die Sache herumzureden.«
    »Bitte, schenken Sie sich die juristischen Lektionen, Mr. Apted. Wenn ich nicht -«
    Apted unterbrach ihn. »Wissen Sie, obwohl Sie Detective Inspector Kamir so bereitwillig Auskunft gegeben haben -was im übrigen einer der >offensichtlichen< Gründe für die Schlußfolgerung ist, daß Sie nicht der Täter sind -, haben Sie ihm etwas nicht erzählt: In dieser ganzen arglos und ohne Anwalt hergebeteten Liste von Dingen, die Sie zwei Wochen lang taten, haben Sie nicht ein einziges Mal den Kalender erwähnt.«
    Jury stutzte. »Den Kalender?«
    Apted stöhnte. »Superintendent: den Kalender mit den kleinen Kästchen, in die Ihr Name beziehungsweise Ihre Initialen hineingekritzelt sind. Die Verabredungen mit ihr. Dinner. Bett. Et cetera.« Apted ließ die Stuhlbeine mit einem dumpfen Aufprall auf den Boden krachen und verkreuzte die Arme über dem Haufen Papiere. »Wenn Sie verrückt genug waren, einen Ring für sie zu kaufen, dann haben Sie doch sicherlich geglaubt, Ihre Zuneigung würde erwidert. Oder um es anders auszudrücken: Wenn ich was mit einer Lady habe, rechne ich verdammt noch mal nicht damit, daß sie sich für zukünftige Schäferstündchen Notizen in einem Kalender machen muß.« Er brach ab, stand wieder auf und ging zum Fenster hinüber.
    Das saß. »Es ist mir aufgefallen.« Er hatte versucht, die Zweifel zu besiegen. Aber in den Stunden, nachdem er den Ring gekauft, mit Jenny geredet, den Park durchwandert und auf der Bank gesessen hatte, war er ins Grübeln gekommen. Beziehungsweise er hatte verzweifelt versucht, nicht ins Grübeln zu kommen. »Warum?« Er war sich kaum bewußt, daß er es laut gesagt hatte.
    Vom Fenster her antwortete Pete Apted: »Sie brauchte einen Bullen.«
    Jury sah überrascht hoch. »Was?«
    »Einen Polizisten. Jemanden, der etwas vom Ermitteln versteht, dessen Beruf es ist. Deswegen hat sie sich an Sie gehängt. Und Ihren Namen in den Kalender zu schreiben, gab ihr die Sicherheit, daß Sie bei den Untersuchungen mitarbeiten, wenn Sie sie nicht sogar verantwortlich übernehmen würden.«
    »Sie kannte mich doch gar nicht. Bis zu unserer zweiten Verabredung wußte sie gar nicht, daß ich bei der Mordkommission bin.«
    »Doch, das wußte sie.« Apted ging an seinen Schreibtisch zurück. »Aber Sie wollten es nicht wahrhaben, stimmt’s, Mr. Jury? Und außerdem haben Ihre Leute nicht so sorgfältig ermittelt, wie es notwendig gewesen wäre. Zum Beispiel: Interview mit Miss Palutski. Nicht gerade eine kooperative Zeugin.« Apted las in dem Bericht und lächelte. »>Keine Ahnung, worüber Sie reden. Wer war in der Camden Passage? Die hab ich nie gesehen.< Et cetera.«
    »Sie hat die Wahrheit gesagt. Sie mag Jane Holdsworth gesehen haben, aber nicht bewußt. Sie war zu sehr damit beschäftigt, mit einer Krone zu spielen.«
    »Ich habe meine Juniorpartnerin Kath hingeschickt. Kath würde so manchen von euch locker in die Tasche stecken. Sie raucht zuviel, trinkt zuviel, lebt wie -« Apted zuckte mit den Schultern. »Unmöglich zu beschreiben. Aber, meine Güte, die versteht ihr Metier. Sie hatte die Idee, Carol-anne Palutski dazu zu veranlassen - eine bezaubernde junge Dame nach Kaths Aussage; sie wollte ihr wahrsagen, ihr ein Horoskop anfertigen und ihre

Weitere Kostenlose Bücher