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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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K?«
    »Ob ich mich erinnere? Wie könnte ich das vergessen. Sechs Jahre alt, süß wie ein Zuckerpüppchen.«
    »Und Erbe – oder vielmehr Erbin – von zwanzig Milliönchen«, fügte Candy hinzu.
    »Das war absolut hirnrissig. Wir haben dem Scheißkerl einfach sein Geld zurückgegeben.«
    »Und ihn dann in den Flieger nach Australien gesetzt«, sagte Candy.
    »Der blöde Arsch ist sogar geflogen.« Karl kicherte. »Ohne den kleinsten Muckser.«
    »Kunststück, mit einer Knarre am Ohr.« Nun kicherten sie alle beide.
    »Eins kann ich dir sagen, C. Wenn’s bloß um diesen Mackenzie-Scheißer ginge, hätte ich kein Problem, den mitten im Lincoln Center umzupusten. Ehrlich!«
    Sie standen noch eine Weile schweigend da, während sie darüber nachdachten und ins Schaufenster sahen. Candy legte den Kopf schräg bis fast auf die Schulter, um ein Foto zu betrachten, auf dem ein paar Frauen mit einem riesigen Strandball spielten.
    Karl sagte: »Weißt du was – wir gehen rein!«
    »Wollen wir nach Key West? Jetzt ohne Scheiß! Da hocken doch alle die Schwulen.«
    »Alle nicht. Viele wohnen auch in Provincetown, jedenfalls die, die nicht in Chelsea wohnen.« Das sagte Karl etwas gedämpft, damit es der Reiseberater nicht mitkriegte, der seinen glänzenden strohblonden Kopf über ein paar Broschüren beugte.
    Karl konnte seine Aufmerksamkeit erhaschen und fragte, was er wissen wollte. Candy lachte. »Denkst du das, was ich denke, dass du denkst?«
    »Würde mich nicht wundern.« Jetzt lachte auch Karl.
    Der Reiseberater seufzte genüsslich wie einer, der gerade entweder ein gutes Essen oder guten Sex hinter sich hatte. »Nun, meine Herrn, ich glaube, ich habe hier alles zusammen.« Dabei schob er ihnen ein Flugticket, einen Reiseplan und mehrere Faltblätter hinüber. Und eine Hochglanzbroschüre, in der für eine Kreuzfahrt geworben wurde. »Falls Sie es sich später vielleicht doch noch überlegen.«
    Candy steckte das Ticket ein, Karl die Hochglanzbroschüren. Sie bedankten sich und gingen.
    Mit frischem Kaugummi im Mund standen sie wieder draußen, umringt von einem Grüppchen zigeunerhaft aussehender Frauen und ein paar Jugendlichen mit gepiercten Nasen.
    »Ich könnte jetzt ein Bier vertragen, C, und du?«
    »Auf zu Swill’s!«
    »Ja, warum nicht?«
    Weil sie sich inzwischen als Stammgäste und den Tisch in der Mitte des Raums als ihren betrachteten, waren sie nun beleidigt, als sie feststellten, dass andere Leute dort saßen. Candy malte sich schon aus, wie er seine abgesägte Schrotflinte brachte und die Leute niedermähte, was, wie er behauptete, während der Weltwirtschaftskrise gang und gäbe gewesen wäre.
    Swill’s lag wie üblich im Schummerlicht, und es war, als blickte man durch den grauen Dunst der Zeit. Es herrschte eine ruhige, friedliche Stimmung, fast wie beim Betrachten eines dieser Schwarzweißfilme, die heute gar nicht mehr gemacht wurden, außer wenn einer eine Neufassung drehen wollte.
    Candy hatte an der Bar Bier besorgt und Ned begrüßt, der dort stand und sich gerade mit diesem schwulen Dichter unterhielt. Als Candy an den Tisch zurückkehrte, kam Karl auf Schwarzweißfilme zu sprechen. »Irgendwann dreht noch mal so ein Arschloch von einem Produzenten Casablanca in Farbe.«
    »Alles Arschlöcher«, sagte Karl und zog sein Bier zu sich her. » Casablanca muss unbedingt in Schwarzweiß sein.« Karl hatte sich eine Zigarre angesteckt und zog kräftig daran. Sinnierend begutachtete er die Asche am unteren Ende. »Das Problem ist, alle wollen sie was kostenlos. Einen Film machen, den’s schon mal gibt, also, da gehört doch wirklich nichts dazu. Da frag ich doch, wo bleibt die Fantasie?«
    »Fantasie hast du bloß in ausländischen Filmen. Und bei Independents.« Diese Beobachtung hatte Candy bei Swill’s mehr als einmal gehört. »Nimm nur die Fellinis oder die Kurosawas –«
    »Der ist doch tot.«
    »Hab ich was anderes behauptet? Nimm einen David Lynch, einen John Sayles.«
    »Du hast Recht, hundert Prozent. Denk an den Kerl, der Psycho neu verfilmt hat. Der hat bloß geschickt mit der Nostalgie der Leute gespielt. Du weißt schon, das war dieser Hitchcock-Film.«
    Candy überlegte kurz und sagte dann: »Okay, aber Moment mal, K. Wieso hast du bei Psycho nostalgische Gefühle? Du warst doch gar nie im Bates Motel.«
    »Weiß ich doch. Es kam mir aber so vor, als ich den Film angeschaut habe.«
    Candy tat es wegwerfend ab. »Ach, hör doch auf, K. Man kann doch keine Nostalgie für einen Ort

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