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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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hin.
    Gespenster. Das würde erklären, weshalb er die Luft um sich herum wabern fühlte.
    Seine Gedanken wanderten zurück, und er stellte sich die Orte vor, die er besucht hatte – Schenley Park, wo er den Jungs beim Kickball zugeschaut hatte, die Isaly’s Eisdielen, Shadyside. Das Stadion auf der anderen Seite des Flusses. Sein Problem war, dass sich das meiste von dem, was er sah, in seinem Kopf abspielte. Er war sträflich unaufmerksam. Er wusste nicht, wie er überhaupt zurecht kam. Er fragte sich, ob der Jardin des Plantes und der Jardin du Luxembourg annähernd so beschaffen waren, wie er sie beschrieben hatte. Das führte ihn nun wieder zu Nathalie und der höchst seltsamen Ahnung zurück, dass sie verschwunden war. Er hätte nie nach Pittsburgh fahren sollen; es war, als hätte er sie im Stich gelassen. Er hätte hier bleiben und seine Zeit darauf verwenden sollen, sie aus dem erbärmlichen Zustand, in dem er sie zurückgelassen hatte, wieder zu befreien.
    Ein Klopfen an seiner Tür schreckte ihn auf, vor allem deswegen, weil es ein so ungewohntes Geräusch war. Vielleicht der Paketdienst, UPS oder Federal Express. Während er aufstand, stellte er sich einen Mann vor, dessen einziger Kontakt mit der Welt da draußen vor seiner Tür der Kurierdienst war. Darüber grübelte er im Stehen nach und vergaß völlig, an die Tür zu gehen. Als es erneut klopfte, diesmal etwas lauter, machte er auf.
    Es war Saul.
    Ned war verblüfft. Obwohl sie alte Freunde waren, seit über zehn Jahren, kam Saul selten hierher. »Saul!«
    »Ned. Tust du mir einen Gefallen?«
    »Klar. Komm rein. Was ist los? Du siehst ja furchtbar aus. So sehe ich dich zum ersten Mal. Was ist das?«
    Saul hielt ihm ein in Packpapier eingeschlagenes, mit Bindfaden zusammengeschnürtes, etwa sieben bis zehn Zentimeter dickes Paket hin. »Ein Manuskript. Das, an dem ich die ganze Zeit gearbeitet habe.«
    Neds Augen weiteten sich. Er musterte ihn fast beunruhigt.
    »In Pittsburgh kam ich plötzlich drauf«, fuhr Saul fort, »dass ich den Schluss vielleicht deshalb nicht schreiben konnte, weil ich ihn schon geschrieben hatte. Vielleicht war das, was ich bereits hatte, der Schluss.«
    Ned hielt das Manuskript in der Hand, als wollte er es wiegen. »Es wird mir ein Vergnügen sein, es zu lesen, Saul.« Wenn es je ein Understatement gegeben hatte!
    Jetzt machte Saul aber wirklich ein gequältes Gesicht. »Nun… ich dachte eigentlich an Tom Kidd. Meinst du, er würde es lesen? Weil ich doch keinen Lektor habe.«
    »Soll das ein Witz sein? Klar macht er das. Mein Gott.« Ned begann zu lachen. »Oh Mann… ein neues Buch von Saul Prouil! Das liest er garantiert. Ich kann es ihm gleich rüberbringen.« Ned hatte Saul noch nie in so einem erbärmlichen Zustand gesehen. Saul war sonst immer die personifizierte »Coolness«. Er war zwar enttäuscht, dass Saul das Manuskript nicht ihm zu lesen gab, hätte es selbst jedoch genauso gemacht. Tatsächlich? Er hätte vermutlich das Gefühl gehabt, dass ein Manuskript in Sauls Händen weit besser aufgehoben war als in den Händen eines Lektors. Mit Ausnahme natürlich von Tom Kidd. »Ich ziehe mich schnell an.«
    Saul rief ihm hinterher. »Bist du krank? Du warst ja noch im Bett.«
    »Ich war bloß müde. Die Reise hat mich wohl ziemlich fertig gemacht.« Ein paar Minuten später kam er barfuß aus dem Schlafzimmer und zog sich ein Sweatshirt über den Kopf. »Ich weiß auch nicht, was da los war. Hattest du schon mal das Gefühl, du würdest beobachtet?«
    »Beobachtet? Nein. Du wirst uns doch nicht paranoid!« Saul lächelte.
    Ned zwängte seine Füße in die Schuhe. »Aha. Verstehe. Wer würde mich schon beobachten wollen? Gehen wir.«
    Er schob Saul durch die Tür, schloss ab, und sie gingen davon.

 
40
     
    Candy und Karl standen vor einem Reisebüro in Chelsea und betrachteten einen Schwarm von Pappflamingos, die in schockierendem Pinkrosa für zwei Wochen in South Beach und Key West warben. Das Plakat stand neben einem Sammelsurium von kleineren Fotos und Reisedekorationen wie Sandeimerchen, Bikini und exotischem Drink mit Rührstab, auf dem ein nacktes Mädchen abgebildet war.
    Nachdenklich kauten die beiden auf ihren Kaugummis herum. Sie unterhielten sich nicht über Key West, sondern über Ned Isaly.
    In die Betrachtung des Bikinis versunken, meinte Candy: »Wie gehen wir hier also vor? Das einzige andere Mal, wo wir so was hatten, war damals mit der Kleinen. Erinnerst du dich noch an die Kleine,

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