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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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empfinden, an dem man nie war.«
    Ned stand immer noch an der Bar und unterhielt sich inzwischen mit dem Barkeeper und Besitzer, Jimmy Longjeans.
    Auf Ned deutend, meinte Karl: »Den holen wir uns jetzt her.«
    Zwischen sich eingekeilt, holten sie Ned an ihren Tisch.
    »Du meine Güte, ich wäre doch auch freiwillig mitgekommen«, sagte Ned. »Ist irgendwas?«
    Karl sagte: »Wir haben da eine Meinungsverschiedenheit.«
    »Worüber denn?«
    Karl sagte: »Ich behaupte, man kann nostalgische Gefühle für einen Ort oder eine Zeit hegen, auch wenn man nie dort war.«
    Ned nahm, immer noch im Stehen, einen Schluck Bier aus seiner Flasche. »Stimmt, kann man. Glaube ich zumindest.« Wieso waren diese beiden eigentlich wirklich in Pittsburgh gewesen?, fragte er sich. Sie hatten so etwas wunderbar Altmodisches an sich, wie die Fünfzigcentmünzen mit dem Kennedybild.
    Die Art, wie Karl mit der Fußspitze einen Stuhl zurückkickte, deutete darauf hin, dass er es gewöhnt war, Stühle zurückzukicken. »Setzen Sie sich hin«, sagte er in einem Ton, in dem er gewöhnlich sagte, jemand sollte sich gefälligst hinsetzen. Er meinte es jedoch nicht böse, weshalb er hinzufügte: »Bitte (setzen Sie sich hin).«
    Ned setzte sich also hin.
    »Was sagten Sie gerade?«, fragte Candy.
    »Über Nostalgie? Dass sie möglicherweise nichts mit einem bestimmten Ort oder einer Zeit zu tun hat.«
    Sie sahen ihn mit zusammengekniffenen Augen an, als ließe sich durch die Einengung des Gesichtsfelds eine andere Sinneskraft freisetzen.
    »Kapier ich nicht«, sagte Candy. »Du?« Er wandte sich fragend an Karl, der gerade überlegte und deshalb keine Antwort gab.
    Ned sagte: »Sie verbinden da womöglich ein Gefühl mit einem Ort, der es ursprünglich gar nicht hervorgerufen hat. Vielleicht erinnern Sie sich deswegen nicht mehr an den Ursprung, weil die Erinnerung zu schmerzlich ist.«
    Sie legten die Köpfe schräg wie zwei große Vögel und hörten aufmerksam zu.
    »Na ja, darum geht es in dem Buch, das ich gerade schreibe.«
    Tatsächlich? Ned schreckte innerlich auf. Er dachte an Nathalie und fand, dass sie übel ausgenutzt worden war, und zwar nicht bloß von Patric, sondern auch von ihm selbst. Er sah sie dort im Jardin des Plantes sitzen und auf Patric warten, der aber nicht kommen würde. Er hatte Paris verlassen und war auf dem Weg zu seinem Haus in l’Hérault. Wieso wartete sie, wenn sie doch wusste, dass er nicht kam? Hoffnung stand gegen Hoffnung, eine seltsame Beschreibung für Hoffnungslosigkeit, fand Ned. Sie dachte:
    Er wird auf mich zugehen, von der Rue Linné einbiegen, mit Rosen im Arm. Er wird am Ende doch nicht fortgefahren sein, er wird seine Frau und die Kinder allein nach Beaulieu-sur-Mer geschickt haben. Nun konnten sie zwei Wochen lang zusammen sein, zwei ununterbrochene Wochen. Sie würden sich in die Cafés am Boulevard Saint-Germain setzen, ins Aux Deux Magots oder auf der Rue de la Paix in das Café voller Amerikaner, die es aus dem alten Lied kannten.
    Nathalie stellte sich Patric mit der gleichen ungestümen Intensität vor, mit der er, Ned, sich Nathalie vorstellte.
    Sie beobachtete den Weg mit solcher Intensität, dass Patric womöglich tatsächlich gleich auftauchen würde, mit Blumen im Arm…
    Er hörte die an ihn gestellte Frage nur mit halbem Ohr und hob den Blick. »Verzeihung, Sie sagten –«
    Der größere von den beiden nickte. »Wie heißt Ihr Buch?«
    » Separation .« Dann wollte Ned es aber wissen. »Wieso waren Sie eigentlich in Pittsburgh?«
    »Ähm, ja… wir hatten dort geschäftlich zu tun. Kundengeschäfte, Sie verstehen.«
    »Ach, tatsächlich?«
    »Zufall. Hören Sie, wir sind gerade auf dem Weg zu Mackenzie-Haack. Wir wollen uns mit Mackenzie noch mal treffen, bevor er verreist. Er ist einer unserer Kunden.«
    »Ja«, sagte Candy. »Bevor er verreist.« Er grinste.

 
41
     
    Candy und Karl betraten das riesige Foyer des Mackenzie-Haack-Gebäudes, das mit den schwarzen, nach oben reflektierenden Bodenfliesen und den weißen dorischen Säulen zu beiden Seiten wie eine marmorne Grabhöhle wirkte. Der Fußboden sah wie Glatteis aus und so glitschig glänzend, als hätte man darauf Schlittschuh laufen können.
    Sie traten auf ein halbmondförmiges Gebilde aus schwarzem Marmor zu, an dem auf einem kleinen Messingschild die Aufschrift Rezeption stand. Hinter dem Schalter saß ein Wachmann. Ein weiterer stand neben ihm. Beide wirkten gelangweilt. An der Wand hinter ihnen prangten die riesigen

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