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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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International Airport.
    Während Clive auf ein Taxi wartete, überlegte er, ob Ned Isaly ihn wohl erkennen würde, falls er ihn überhaupt sah. Wenn Ned bei Mackenzie-Haack auftauchte, wollte er Tom Kidd besuchen und sonst keinen. Clives Kontakt mit Ned beschränkte sich auf einige wenige Begegnungen auf dem Korridor, wobei Clive bezweifelte, dass das zerstreute Lächeln oder Kopfnicken, mit dem Ned ihn bedacht hatte, der Beweis dafür war, dass er ihn überhaupt bemerkt hatte. Aber was machte es, wenn Ned ihn doch erkannte? Sie waren eben beide zufällig zur selben Zeit in Pittsburgh. Na und?
    Clive war es nicht gewohnt, Leute zu beobachten.
    Bei der Anmeldung im Pittsburgh Hilton blickte er sich in der Hotellobby suchend nach Pascal um. Keine Spur von ihr. Es saß nur ein Pärchen im Frühstücksbereich, ein Pärchen und eine blonde Frau, die das Gesicht über eine Zeitung gebeugt hatte. Wie konnte sie durch die dunkle Brille den Text erkennen?
    Der Mann am Empfang gab ihm seine Kreditkarte zurück und händigte ihm eine Schlüsselkarte aus. Clive lehnte die Hilfe des Gepäckträgers ab, da er nur eine kleine Tasche bei sich hatte, und ging zu den Aufzügen hinüber. Zwei Aufzüge kamen gleichzeitig an, und als er gerade einen betreten wollte, sah er Ned aus dem auf der anderen Seite kommen. Ned würdigte ihn keines Blickes. Clive vermutete, dass er in den für Schriftsteller typischen höheren Sphären schwebte. Er sah Ned hinterher, der auf die Bar zusteuerte. Clive hatte also Zeit, sein Gepäck hinaufzubringen und sich ein bisschen frisch zu machen. Als er gerade den Knopf mit dem Pfeil nach oben drückte, sah er eine Frau durch die Glastür des Hotels treten.
    Es war Pascal.
    Auf den ersten Blick erkannte er sie gar nicht. Es lag an ihrem Haar, das im Nacken zusammengebunden und zu einem Dutt gedreht war. Damit sie Ned unauffälliger verfolgen konnte, vermutete er. Ihre offene Haarpracht hätte die Aufmerksamkeit zu sehr auf sich gezogen. Er fand auch ihr Make-up weniger üppig, nicht so betont viel Lidschatten. Mit nichts weiter als einer Haarbürste konnte eine Frau sich ganz leicht in eine vollkommen andere Persönlichkeit verwandeln und – ach, du grüne Neune! Der bärtige Kerl in Stiefeln, der da gerade durch die automatische Tür kam! Clive duckte sich in dem Moment in den Aufzug, als die Tür zuging. Was hatte Dwight Staines hier zu suchen?
    Als Ned sich zwischen den Tischen hindurch einen Weg in Richtung Bar bahnte, ließ Sally schnell die Pittsburgh Press zu Boden gleiten und bückte sich. Sie tat so, als wolle sie sie aufheben, und schlug sich dabei den Kopf an der Tischkante. Er war ganz dicht an ihr vorbeigegangen, hatte sie aber nicht gesehen. Sie zupfte ein wenig an der blonden Perücke herum, um sich zu vergewissern, dass sie nicht verrutscht war.
    Als sie sich wieder aufrichtete, erhaschte sie den Blick eines Mannes, der gerade einen der Aufzüge betreten hatte. Bestimmt irrte sie sich. Wieso um alles in der Welt sollte Clive Esterhaus in Pittsburgh sein?
    Ned hatte sein Zimmer bezogen, seine Reisetasche abgestellt und war auf eine Tasse Kaffee hinuntergegangen, bevor er losgehen wollte, um sich Pittsburgh anzusehen. Er war seit seiner Highschool-Zeit nicht mehr hier gewesen, seit dem ersten Jahr, danach waren sie nach Scranton gezogen.
    Scranton war in seiner Erinnerung wie ein verschwommenes altes Foto, doch an Pittsburgh konnte er sich klar und deutlich erinnern. Er wusste noch, dass ihm »Downtown«, jene paar Straßenblocks, damals hell und prächtig vorgekommen war – die Lichtspieltheater, die Kaufhäuser: Horne’s, Kaufmann’s. Überrascht stellte er fest, dass Joseph Horne’s ganz mit Brettern vernagelt war, wie ein ehemaliger Crackschuppen, ein heruntergekommener Zufluchtsort für triefäugige Junkies. Er bemerkte, dass in der Innenstadt nichts mehr so war wie in seiner Erinnerung. Alles schien dem Verfall überlassen, oder Downtown hatte sich verlagert, hatte sich woanders angesiedelt, und zum Teil gehörte jetzt die attraktiv ausgebaute Gegend rund um den Point dazu. Das Goldene Dreieck, auf das Pittsburgh so stolz war. Und zu Recht, fand er. Es war eine Stadt, die sich selbst neu erfunden hatte.
    Sie waren schon über eine Stunde zu Fuß gegangen, als Candy plötzlich ausrief: »Himmelarsch! Geht denn dieser Typ nicht endlich mal was essen oder was ist?« Das Einzige, was Candy zum Frühstück und zum Mittagessen gegessen hatte, war ein mickriger Bagel mit so genanntem

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