Grimms Erben
Auf Wiedersehen…
Liegt das Vorhaben im blauen Kreis in den Österreichischen Alpen? Dauert die Einhaltung des Schwures an? Dauert Großvaters Leben an? Falls er tatsächlich dort sein sollte, was zur Hölle tut er dort nur? Einen neuen Wal bauen? Mit seinem Bruder zusammen? Märchen erzählen? Bücher binden? Welcher Schwur soll das sein?
August Locher sitzt noch lange über seinen Aufzeichnungen. Alle Spuren führen in die Alpen. Zwischen Grainau und Ehrwald, zwischen dem Vorderen Tajakopf und der Zugspitze. Er versucht die neuerworbenen Informationen, mitsamt den unterbewusst erhaltenen Erkenntnissen, zu ordnen. Nach all den Jahren eine Lösung?
Aber wir kennen das, wenn der Knoten platzt, dann läuft die Maschine heiß.
Im Inneren des Wals rumort es. Locher weiß jetzt, er wird seinen Adler abflugfertig machen. Er wird auf Reisen gehen. Später.
Zuerst wird er seinen Rucksack packen, seinen Plan optimal vorbereiten, seine Instrumente, Werkzeuge und Waffen bereitlegen. Seine ihm möglichen Zauberkräfte bündeln und auf Jagd gehen!
Die Septologie des Glücks oder
Von einem der auszog, anderen das Fürchten zu lehren
(Sieben Märchen: A — G)
A – DIE PUMPE UND DIE BRENNENDE LUFT
Donnerstag, 9 Uhr 23
Locher frei nach Böhm: »Sage mir, du lieber Wald, hältst du fern des Tages Sorgen dort im grünen Hinterhalt ein verschwieg’nes Glück verborgen? Oder zumindest irgendetwas Brauchbares für mich?«
Wald: »Lieber August, das Glück schmiedest du dir selbst! Fass an die Kette, die dir einst deine Mutter als ewigen Trost mit auf deinen Weg gab. Eustachius, er wird dir zur Seite stehen. Jage nach deinem Glück und dann: Saug es auf!«
Locher: »Ich will jagen. Ich will saugen!«
Nach den zustimmenden Worten seiner Kumpanen begibt sich Locher in Position. Er verharrt einige Zeit lautlos, einem Apachen gleich, in seinem Rosenversteck.
Erst der Hut, dann der Köter, dann der ganze Malangré. Aus Lochers Blickwinkel taucht die Gestalt des Nachbarn auf, dessen Hund verdächtig am Gartentor schnüffelt. Locher beobachtet in gebückter Haltung, hinter einem dicken Rosenbusch lauernd, das Treiben des human-animalen Paares. Locher erhebt sich leicht aus seinem nahen Versteck. Der Nachbar blickt seinem Hund liebevoll beim Koten zu.
Obacht, da, der Hund platziert sein Rektum über die übliche Stelle am Betonpfeiler des Gartentors. Zum Abdrücken bereit. Auf Viecher ist insofern Verlass, dass sie automatisierte Gewohnheiten nicht mehr so schnell ablegen. In diesem Fall zielt der Hund genau richtig.
Hundebesitzer sprechen oftmals stolz von »Territorium abstecken«. Doch Hunde stecken meist Territorien ab, auf denen sie nichts zu suchen haben.
Bevor sich der Anus dehnt, ertönt ein grelles Geräusch. Als würde Luft mit Hochdruck entweichen. Jedoch nicht aus des Hundes Öffnung. Im unmittelbar nächsten Moment schnalzt Bombay etwa einen halben Meter in die Höhe. Ein befelltes Katapult, eine Bombaybombe. Ein einem Tier untypischer Aufschrei begleitet den Flug, das den Eintritt erheblicher Schmerzen vermuten lässt, gefolgt von einem bitterlichen Jaulen. Dieses setzt ein, als der Hund den Boden wieder berührt. Unsanft, wie ich hinzufügen möchte. Was nun folgt, gleicht einer zeitgenössischen Tanzdarbietung. Der Hund führt, da gibt es keine zwei Meinungen, kreisende Bocksprünge auf und zieht den verdutzten Malangré hinter sich her, der, zappelnd wie eine Strohpuppe, den ausrastenden Hund nicht halten kann. Beim Tier werden autonom geschützte Reserven frei, ich bitte Sie, was denn sonst: Bei einer derartigen Ladung Schrot, die einem ins Arschloch geblasen wird. Das Malangré’sche Gesindel entfernt sich jaulend und hilferufend. Immer wieder: »Aus«, und vor allem: »Platz!« ist aus Herrn Malangrés keifendem Mund zu vernehmen.
Keine Angst, denkt sich Locher, der platzt gleich.
Locher erhebt sich genüsslich aus seinem Versteck. Neben seinem rechten Schuh liegt der Abzug des Dampfstrahlers. Bei der Betätigung des Dampfstrahlgerätes trat nicht das übliche Wasser aus der Öffnung, sondern ein Spezialgemisch, das eine Beendigung des Kotvorganges auf Lebzeiten hervorrufen sollte. Locher präparierte den Dampfstrahler mit einer Sonderflüssigkeit. Bestehend aus: Pfefferspray, Tabasco, Cayennepfeffer, die abgezwickten vorderen Enden von Kaktusnadeln und kleinen zermahlenen Scherben, Glasmehl, um genau zu sein, gewonnen aus seiner zerstörten Küchenfensterscheibe. Als Locher nun aus seiner zwei Meter
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