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Grimms Erben

Grimms Erben

Titel: Grimms Erben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Weber
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tubenweise
    Eine Werkzeugkiste, komplett
    Ein Dampfstrahler mit 1200 Atú
    Pfefferspray
    Seile
    Etc.
    Usw.
    Usf.
    Ff.
    An der Kasse sammelt er aus allen möglichen Taschen seiner Kleider das Geld zusammen. Er lässt es schließlich dem verdutzten jungen Mann in orangefarbenem Kittel in vielen klimpernden Münzen und zerfledderten Scheinen in die Hand rieseln. Auf die ironische Frage der Kassenkraft hin, ob er es nicht kleiner hat, pickt sich Locher die größten Münzen aus der noch offenen Hand des Jugendlichen und kramt nach weiteren Groschen im Centbereich. Gefunden, legt er es auf das Fließband. Der junge Mann namens Harald, was das Schild an seiner Brust bezeugt, meint genervt: »Nehmen Sie alles so wörtlich?«, während er die Münzen aufzusammeln versucht.
    Locher antwortet ruhig: »Seit einigen Tagen ja, mein Lieber.«
    Harald zieht die Brauen lang. Er hält Locher die Rechnung und eine Postkarte entgegen. Die Front schmückt ein gezeichnetes Bild von Old Shatterhand und Winnetou, der den rechten Arm zum Gruß erhebt. In Comicschrift ist darüber zu lesen »Howgh ruck!« Darunter der Name des Baumarkts. Offenbar eine tolle Idee eines sich geistig auf Zack fühlenden Graphikdesigners.
    »Was soll ich damit?«, fragt Locher.
    »Geschenk des Hauses«, murrt Harald.
    Locher verlässt mit dem Einkaufswagen den großen Baumarkt. Er fährt damit nicht zu seinem Rad, das normalerweise im Ständer vor der elektronischen Eingangstür zu stehen hätte, sondern den Einkaufswagen bis zu seinem Haus. Zurück bringt er ihn nicht.
    Für die Reparatur der Tür seiner hölzernen Bibliothek braucht er Fuchsschwanz, Bretter, Hammer, Nägel und drei Stunden des Mittwochmorgens, an dem er zum zweiten Mal, nach gestern, nicht in die Papierfabrik geht. Bisher war sein Arbeitspensum ohne Fehl und Tadel.
    Dieser Mensch hat jetzt was vor! Großes, möchte man meinen.
    Irgendwann reicht es nämlich!!!

    Betrachtungsmaßnahmen
    »Wussten Sie schon, dass Winnetou und Old Shatterhand Blutsbrüder waren?« Karl Rettig steht am zerbrochenen, runden Küchenfenster. Locher müsste schleunigst dem Glaser Bescheid geben oder zumindest mit Folie und Klebeband das Fenster provisorisch verarzten. Rettig deutet durchs Fenster auf die Baumarktpostkarte. Sie liegt auf dem Küchentisch. August sitzt, seinen Kopf in beide Hände vergrabend, davor. Seine Einkäufe hat er verstaut. Jetzt rastet er am Küchentisch. Eine offene Flasche Karamalz zischt leise vor sich hin. Weder verwundert ihn die plötzliche Anwesenheit Rettigs, noch stört sie ihn. Auf dessen Frage antwortet er: »Na klar. Wer weiß das nicht, Karl? Willst du reinkommen? Sollen wir was lesen?« Locher bedeutet dem Fragenmann, er solle um die Ecke zum Eingang kommen. Der aber verabschiedet sich mit den Worten: »Wussten Sie eigentlich, dass Moby Dick und Kapitän Ahab sowie Sherlock Holmes und Dr. Watson keine Blutsbrüder waren, aber doch unzertrennlich scheinen? Hallo August.« Weg war er.
    Locher lächelt. Dieser Mann ist eine Sensation. Eine nicht zu durchschauende. Die menschliche Sensation hat sich schon verflüchtigt, seine Worte bleiben. Sie zeichnen ein Lächeln in Augusts Gesicht. Dies sitzt ihm wie eingefroren auf den Lippen. Was hat der Fragenmann da wieder von sich gegeben? Von wegen Blutsbrüder? Von wegen Moby Dick? Er blickt auf die Postkarte.
    Und als ob es nun in Lochers Gehirn »Hau ruck« machen, als ob sich tosend ein gedanklicher Urknall erheben würde, so bringen sich einige Überlegungen in Position, sausen wie auf Startschuss los und versuchen sich zu vermengen.
    Winnetou und Old Shatterhand.
    Es durchfährt ihn ein Blitz, ein surrender Pfeil aus des Indianerhäuptlings Bogen, der in Lochers Denkzentrale ins Schwarze trifft.
    Scharlih, mein Bruder.
    So nannte der Häuptling der Apachen seinen weißen Freund Old Shatterhand, ein Querverweis des Autors Karl »Charly« May. All die Jahre schwirrte das Wort vor Lochers Augen und war so offensichtlich, so deutlich greifbar. Scharlih, mein Bruder. Scharlih – offenbar Pips Bruder. Egal nun, ob Großvater auf dem Bild Scharlih oder Pip war, es besagt: Großvater hatte wohl einen sehr engen Freund, einen Blutsbruder, wenn nicht sogar einen wahren Bruder, ebenden jungen Mann neben ihm auf dem abhandengekommenen Foto. Und wenn August seine Sinne schärft, würde er auf Letzteres tippen. Hat diese Tatsache mit Zacharias’Verschwinden zu tun? War es gar Auslöser, den grauen Wal zu verlassen?
    Der graue Wal.
    Ein weiterer

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