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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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die Stricke nachziehen, mit denen er die Lieferung befestigt hatte, und senkte den Kopf.
    »Rührt euch nicht und haltet die Luft an, so gut ihr könnt. Wir verlassen jetzt Straßburg und die Soldaten werden den Wagen gleich durchsuchen«, warnte er die blinden Passagiere leise.
    Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, da sah er den Seneschall, einen beleibten Mann mit hochrotem Gesicht und missmutiger Miene, in Begleitung zweier Wachsoldaten auf seinen Karren zusteuern. Er ging den beiden übertrieben humpelnd entgegen.
    »Das ist doch der Krüppel Jan Hinkebein! Schickt dich etwa der Baron, damit du seinen Soldaten mit deinem verwässerten Wein den Durst löschst?«, sagte der Seneschall spöttisch, als er den Kutscher erkannte. Dann nahm er den Helm ab und fuhr sich mit dem Unterarm über die Stirn, um den Schweiß abzuwischen.
    Grimpow, Weynelle und Salietti hielten in ihren Fässern den Atem an, als sie die raue Stimme des Wachmanns vernahmen, und schlossen die Augen, um in der undurchdringlichen Dunkelheit ihrer hölzernen Verstecke über die Angst Herr zu werden.
    »In solchen Zeiten hat Fenio de Vokko Wichtigeres zu tun, als dir mit meinem Wein den Durst zu löschen, du alter Schurke«, rief Jan hochzufrieden über sein Glück. Der wachhabende Mann war nämlich ein Stammgast in seiner Schenke.
    »Na los, zeig mir, was du da drin hast, und sag an, wer der Empfänger dieser kostbaren Wagenladung sein soll«, verlangte der Seneschall, während er um das Fuhrwerk herumging.
    »Ich habe sechs Fässer meines besten Weines für einen Tuchhändler im benachbarten Isbroden geladen. Wenn du die Fässer öffnest, werde ich die Ware unterwegs verlieren. Ich habe sie versiegelt, um den himmlischen Tropfen unterwegs nicht zu verschütten«, sagte Jan und grinste in sich hinein. »Aber wenn du die Güte des Inhalts kosten willst, dann behalte ruhig einen dieser Weinschläuche, die ich als Kostprobe mitgenommen habe. Damit wollte ich eigentlich nach meiner Rückkehr den Handel begießen und mir die trockene Kehle laben«, fügte er hinzu und schlug dabei die Planen des Fuhrwerks beiseite, auf dem die sechs Fässer und die beiden Schläuche zum Vorschein kamen.
    Der Seneschall kratzte sich am Kopf, als würde er über das Angebot nachdenken. »Vorwärts, lasst uns überprüfen, was dieser hinkende Halsabschneider da sagt«, entschied er schließlich. Gleichzeitig gab er seinen Soldaten einen Wink, das prall mit Wein gefüllte Fell in Empfang zu nehmen.
    Einer der Männer drückte seine Lanze kurzerhand seinem Nebenmann in die Hand, holte den Schlauch vom Wagen und öffnete den Stopfen. Dann nahm er einen langen Zug.
    »Schmeckt gut«, sagte der Soldat nur und reichte den Schlauch an den Befehlshaber weiter.
    Der tat es ihm nach, hob den Schlauch wie ein aufgeblähtes Lammfell an den Mund und labte sich an einem ausgiebigen Schluck. Dann wischte er sich mit der Hand über die Mundwinkel, bis der letzte Tropfen daraus entfernt war.
    »Wir behalten das Geschenk, und jetzt steig auf deinen Wagen und geh mir aus den Augen, ehe ich noch auf die Idee komme, auch deine Fässer zu behalten.«
    Die drei Flüchtigen verfolgten das Gespräch in ihren Verstecken und atmeten erleichtert auf.
    Jan kletterte auf den Kutschbock und wollte die Pferde schon antreiben, da fiel ihm noch etwas ein. Er fragte den Seneschall: »Was ist eigentlich in Straßburg los, dass solch eine Unruhe auf den Straßen herrscht?«
    »Sie suchen drei Geächtete, die aus Fenio de Vokkos Festung geflohen sind«, berichtete dieser. »Angeblich ist unter ihnen auch der Sieger des Frühjahrsturniers und die Dame in seiner Begleitung muss eine wunderschöne Zauberin sein.«
    »Glaubst du etwa an solche Märchen?«, frage Jan.
    »Ich glaube nur das, was ich mit eigenen Augen sehe, und wenn ich betrunken bin, nicht einmal das«, sagte der Seneschall und brach in schallendes Gelächter aus, das wie ein grollendes Gewitter in den Fässern widerhallte.
    Jan trieb die Pferde an, und als er kurz darauf den letzten Turm der Brückenbefestigung passierte, fiel endlich die Angst, entdeckt zu werden, von ihm ab.
    Er schlug den Weg nach Norden in Richtung Isbroden ein, und nachdem er die Stadt weit genug hinter sich gelassen hatte, brachte Jan das Fuhrwerk an einem brachliegenden Feld zum Stehen, das von hohem Gestrüpp umgeben war. Er stieg vom Kutschbock und schlug rasch die Plane über den Fässern zurück. Dann kletterte er auf die Ladefläche und nahm vom ersten Fass den

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