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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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öffnete die Augen und verdrehte sie, bis nur noch das Weiße zu sehen war. »Nein, der Fluch, den ich meine, ist so alt wie die Zeit. Verflucht seien diejenigen, die es wagen, in das Wesen des Geheimnisses einzudringen, denn die Türen, die sie aufstoßen, werden für immer hinter ihnen zuschlagen!«, schrie er und starrte immer noch ins Leere.
    Salietti und Grimpow tauschten in Gedanken die Frage, wie sie dem Geheimnis der Weisen auf die Spur kommen konnten. Der alte Einsiedler schien sie zu verstehen, ohne dass sie ein Wort zu sagen brauchten.
    »Wenn Ihr bis zu ihm vordringen wollt, müsst Ihr die Sprache des Steins lernen«, antwortete er, ohne sie anzusehen.
    »Meint Ihr den Stein der Weisen?«, fragte Grimpow.
    Aber der alte Einsiedler kniff bloß die Augen zusammen und verfiel in sinnloses Gestammel, als wäre er in Trance geraten. Diese würde ihn bald in seinen vorherigen wahnhaften Zustand zurückbefördern, aus dem er womöglich gar nie aufgetaucht war, so dachte Salietti.
    Dann stand der Einsiedler auf, ging, auf seinen Stock gestützt, auf die Kapelle zu und schrie erneut: »Flieht, flieht, solange Ihr noch könnt, um Gottes Zorn zu entgehen, verfluchte Söhne des Teufels! Oder kriecht in dieser heiligen Kapelle vor dem Märtyrer zu Kreuze und fleht den Herrn in seiner göttlichen Gnade um Vergebung Eurer Sünden an!«
    Grimpow und Salietti sahen ihn unter dem Vordach der Kapelle verschwinden, als beträte er einen Tunnel, in dem die Zeit stillstand, und die Stille schluckte seine Stimme, wie die Nacht allmählich den Tag schluckte.

Der blutrünstige Räuber

    A ls es dunkel wurde, schlugen Grimpow und Salietti ihr Lager in einer endlosen Einöde ohne Baum und Strauch auf. In alle Richtungen zeichnete sich der Horizont nur als gerader Strich ab, wo sich die Schwärze des Himmels mit den Grenzen der Erde traf. Das Himmelsgewölbe spannte sich wie eine hohle, durchscheinende Halbkugel über die Hochebene, um sich in der Unendlichkeit eines sternenübersäten Firmaments zu verlieren. Es war Neumond und die Dunkelheit schluckte alles um sie herum. Ohne Feuer zu machen, aßen sie eine etwas angetrocknete Schlackwurst sowie Brot und Käse zu Abend.
    Uber ihnen funkelten die Sterne wie ganze Schwärme von Glühwürmchen auf ihren unermüdlichen Nachtflügen. Salietti schob Grimpow eine Satteltasche unter den Kopf und deckte ihn mit einer Decke zu. Eine leichte Brise aus dem Norden streifte unsichtbar über die Ebene und wehte von weit her wirre Geräusche heran, die sich mit dem Zirpen der Grillen und dem Quaken der Frösche in einem nahen Teich mischten.
    »Bruder Umberto hat gesagt, die Antwort auf die Fragen zum Geheimnis der Weisen liege über den Sternen«, sagte Grimpow, ohne dabei den Blick von dem wunderschönen, unendlichen Nachthimmel zu wenden.
    »Nun ja, das ist nur ein Bild, um das Geheimnis alles Unbekannten, was uns umgibt, in Worte zu fassen. Bruder Umberto hatte eine große Schwäche dafür, die Rätsel des Kosmos und der Materie zu erforschen, und verbrachte einen Großteil seiner Zeit damit, in den Himmel und seine Destillierkolben zu blicken, um sie zu lösen. Es ist nur folgerichtig, wenn er glaubt, die Antworten auf alle Fragen lägen über den Sternen, die wir Menschen als unerreichbar betrachten. Aber das darf dich nicht überraschen, Grimpow. Die Erde, auf der wir stehen, kam vor Milliarden von Jahren ebenfalls von den Sternen. Sie ist immer noch hier und dreht sich zu unserer eigenen Verwunderung Tag für Tag um die Sonne. Ich weiß noch, als ich in deinem Alter war, pflegte mein Vater mir zu sagen, es gebe nichts Rätselhafteres als das Universum. Ich starrte jede Nacht staunend in den Himmel und lernte, unter den Sternbildern des Tierkreises Merkur, Venus, Jupiter und Saturn auszumachen. Ich träumte davon, eines Tages mit meinen eigenen Händen nach den Sternen zu greifen«, sagte Salietti und deutete mit seinem Schwert Athene auf die Venus, als wäre der Planet, der dort oben zwischen den anderen Sternen blinkte, die funkelnde Spitze seines Schwertes.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Grimpow zögernd. »Als ich in der Krankenstube mit ihm gesprochen habe, hatte ich den Eindruck, dass er weit mehr weiß, als er mir gesagt hat.«
    »Ich verstehe nicht, was du damit meinst«, versetzte Salietti.
    Grimpow holte den Stein heraus und betrachtete ihn erneut, als sähe er ihn zum ersten Mal. »Bruder Umberto hat gewusst, dass ich den Stein besitze, ohne dass ich es ihm gesagt habe. Er hat

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