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Grimwood, Ken - Replay

Grimwood, Ken - Replay

Titel: Grimwood, Ken - Replay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das zweite Spiel
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Polizeiuniformen herstellte – und aus dem, was ich an Trinkgeldern als Gepäckjunge bei Kogner’s bekam.
    Mein Vater war immer hinter mir her, weil ich so mager war und körperlich nicht besonders stark; er selbst war ein großer, kräftiger Mann, hatte Unterarme, die anderthalbmal so dick waren wie die von Mike dort. Nachdem er das Bein verloren hatte, wurde zwischen uns alles noch schlimmer. Er konnte es nicht ertragen, daß ich, so schwächlich ich war, wenigstens heil war. Manchmal mußte ich Sachen für ihn tragen, wenn er nicht gleichzeitig mit einem Stapel Pakete und seinen Krücken zurechtkam. Er haßte das. Nach einer Weile begann er mich wirklich zu verachten, und mit dem Trinken wurde es schlimmer…
    Ich ging mit achtzehn von zu Hause weg; das war ‘54. Ging in den Westen, raus nach Seattle. Ich war nicht besonders stark, aber meine Augen und meine Hände waren sicher. Ich schaffte es, bei Boeing Arbeit zu finden, lernte Werkzeugmacher, baute Formen für ein paar der leichteren Flugzeugteile, Steuerklappen und so was. Ich lernte dort ein Mädchen kennen, heiratete, hatte ein paar Kinder. Es war gar nicht so schlecht.
    Dann hatte ich im Frühjahr ‘63 meinen Unfall, von dem ich Ihnen erzählt habe. Ich hatte selbst ein wenig getrunken, nicht wie mein Dad üblicherweise, aber ein paar Bier auf dem Heimweg von der Arbeit und ein oder zwei Schluck, als ich zu Hause war, wissen Sie… und ich war betrunken, als ich gegen diesen Baum fuhr. Kam acht Wochen lang nicht mehr zu mir, und danach war nichts mehr wirklich so wie vorher. Die Gehirnerschütterung hatte meine Hand-Auge-Koordination ruiniert, weshalb ich bei der Arbeit nicht mehr klar kam. Es sah so aus, als würde bei mir alles genauso laufen wie bei meinem Dad. Ich fing stärker an zu trinken und mit meiner Frau und den Kindern rumzubrüllen… Schließlich packte sie einfach und zog aus, nahm die Kinder mit.
    Kurz danach verlor ich das Haus; die Bank versteigerte es. Ich kehrte auf die Straße zurück, begann herumzuziehen, zu trinken. Tat das fast fünfundzwanzig Jahre lang. Einer der ›Nichtseßhaften‹, wie man in den Achtzigern dazu sagt. Aber ich wußte immer, wer ich war – bloß ein Penner, ein Säufer. Ich starb auf einer Straße in Detroit; wußte nicht einmal, wie alt ich damals war. Ich fand es erst später heraus; ich war zweiundfünfzig.
    Und dann kam ich zu mir, wieder in demselben Krankenhausbett, erwachte aus meinem Koma. So als hätte ich die ganzen schlechten Jahre bloß geträumt, und die meiste Zeit über glaubte ich das tatsächlich – ich wußte auch nicht mehr viel davon, wie auch immer. Aber ich erinnerte mich an genug, und ziemlich bald erkannte ich, daß etwas wirklich Seltsames vor sich ging.«
    McCowan sah Jeff mit einem plötzlichen Funkeln in den Augen an, die beim Nacherzählen seines ersten Lebens matt geworden waren. »Sind Sie Baseballfan?« fragte er. »Haben Sie in jenem Jahr auch gewettet?«
    Jeff grinste ihn an. »Klar hab’ ich.« »Wieviel?«
    »Eine Menge. Ich wettete erst auf Chateaugay im Kentucky Derby und das erste Belmont-Rennen, machte einen guten Schnitt.«
    »Wieviel haben Sie gesetzt?« beharrte Stuart.
    »Ich hatte damals einen Partner – keinen anderen Wiederholer, bloß jemanden, den ich von der Schule her kannte – und wir beide setzten zusammen fast hundertfünfundzwanzig.«
    »Tausend?«
    Jeff nickte, und McCowan stieß einen gedehnten leisen Pfiff aus. »Sie hatten den Volltreffer früh«, sagte Stuart. »Alles, was ich zusammenkratzen konnte, waren ein paar Hunderter, und meine Frau war verdammt nahe daran, das Haus zu verlassen, als sie’s rausfand – aber nicht mehr, als ich zwanzigtausend zurückbrachte; da wollte sie nicht mehr weg.
    Also wettete ich weiter – nur auf die großen Sachen, die offensichtlichen – Schwergewichtsweltmeisterschaften, Super Bowls, Präsidentenwahlen, auf all die Sachen, deren Ausgang nicht einmal ein lebenslanger Säufer hatte vergessen können. Ich hörte zu trinken auf, gab es meiner Gesundheit zuliebe auf. Hab’ seitdem nicht mal mehr ein Bier angerührt, nicht in all den Wiederholungen, die ich durchgemacht habe.
    Wir zogen in ein großes Haus in Alderwood Manor, oben in Snohomish County, nördlich von Seattle. Kauften ein hübsches Boot, mit Liegeplatz in der Shilshole Bay Marina; kreuzten im Sommer ab und zu den Pudget Sound rauf und runter, manchmal bis nach Victoria, BC. Ein Leben wie Riley, Sie wissen schon, wie das ist. Und dann – dann

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