Grimwood, Ken - Replay
Gletscherspalten seiner tiefgelegenen Hänge; beim näheren Hinsehen konnte Jeff erkennen, daß zwei der Delphine alterslose, eindeutig menschliche Augen hatten.
»Es ist… überwältigend«, sagte Linda. »Und sieh mal, sieh dir das da drüben mal an.«
Jeff wandte sich in die Richtung, in die sie zeigte. Das kleinere Gemälde dort war nicht weniger verblüffend als das mit dem überfluteten Berg; dieses stellte die Sicht aus einem Segelflugzeug dar, wie durch die Optik einer Froschaugenkamera gespreizt, um das 180-Grad-Gesichtsfeld einzufangen. Im Vordergrund waren der Steuerknüppel und Flugzeugverstrebungen sichtbar; durch die Fenster konnte man einen weiteren Segler in der Nähe erkennen – aber beide schwebten nicht am blauen Himmel, sondern in der Unendlichkeit des Raums, im Orbit um einen düster-orangefarbenen, beringten Planeten.
»Ich bin froh, daß Sie kommen konnten«, hörte Jeff eine Stimme hinter sich sagen.
Diesmal waren die Jahre gnädig mit ihr gewesen. Da war nichts mehr von der abgespannten, hageren Leere, die ihr Gesicht in Maryland und in New York nach ihrem Treffen mit Stuart McCowan gezeichnet hatte. Obwohl sie eindeutig eine Frau in den späten Dreißigern war, leuchtete aus ihrem Gesicht das klare Licht der Zufriedenheit.
»Linda, ich möchte dir Pamela Phillips vorstellen. Pamela, das ist meine Frau, Linda.«
»Ich freue mich so, Sie kennenzulernen«, sagte Pamela und ergriff Lindas Hand. »Sie sind noch reizender, als Jeff mir erzählt hat.«
»Danke. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich von Ihrer Arbeit beeindruckt bin; es ist einfach großartig.«
Pamela lächelte wohlwollend. »Das hört man immer gerne. Sie sollten sich auch ein paar der kleineren Arbeiten anschauen; sie sind nicht alle ganz so beeindruckend und streng. Ein paar davon sind sogar ganz humorvoll, finde ich.« »Ich freue mich darauf, die ganze Ausstellung zu sehen«, sagte Linda erwartungsvoll. »Es war nett von Ihnen, uns einzuladen.«
»Ich freue mich, daß Sie von Florida heraufkommen konnten. Ich war seit Jahren eine Verehrerin der Bücher Ihres Mannes, noch bevor wir uns letzten Monat kennenlernten. Ich dachte, er und Sie hätten vielleicht Spaß daran, ein paar der Sachen zu sehen, die ich gemacht habe.«
Pamela wandte sich einer Traube von Menschen zu, die in der Nähe standen, Wein tranken und auf kleinen Tellern voller Pastasalat mit Piniennüssen und Pestosauce herumstocherten. »Steve«, rief sie, »komm herüber, hier sind ein paar Leute, die ich dir gern vorstellen würde.«
Ein umgänglich aussehender Mann mit Brille und einem grauen Köperjackett löste sich aus der Gruppe und schloß sich ihnen an. »Das ist mein Mann, Steve Robison«, sagte Pamela. »Ich benutze meinen Mädchennamen, Phillips, für meine Arbeit und Robison im Alltag. Steve, das sind Jeff Winston und seine Frau Linda.«
»Angenehm.« Der Mann strahlte, ergriff Jeffs Hand. »Ist mir wirklich ein Vergnügen. Ich glaube, Harfen an den Weiden ist eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe. Hat den Pulitzer-Preis gewonnen, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Jeff. »Es hat mich gefreut, daß es bei so vielen Leuten eine Saite anzuschlagen schien.«
»Ein verdammt gutes Buch«, sagte Robison. »Und Ihr letztes, das über Leute, die zu Orten zurückkehren, an denen sie aufgewachsen sind, das kommt nahe daran. Pamela und ich sind seit langem große Fans von Ihnen; ich glaube, einige Ihrer Gedanken haben sogar ihre eigene Arbeit beeinflußt. Ich konnte es nicht glauben, als sie mir sagte, sie hätte Sie vor ein paar Wochen im Flugzeug aus Boston kennengelernt. Was für ein wunderbarer Zufall!«
»Sie sind bestimmt sehr stolz auf sie«, sagte Jeff, indem er das Märchen überging, das er und Pamela sich ausgedacht hatten, um ihre Bekanntschaft zu erklären. Sie hatte ihm Anfang Sommer geschrieben, ihn wenigstens kurz vor diesem letzten Herbst treffen zu wollen; hatte gewollt, daß er diese Eröffnung sah. Pamela war allein dorthin und wieder zurück geflogen, um ihre vorgefertigte Geschichte zu begründen, während er eine Woche in Atlanta verbrachte, auf dem Campus von Emory herumspazierte und über alles nachdachte, was er seit jenem ersten Morgen, als er dort im Zimmer des Wohnheims aufgewacht war, erlebt hatte.
»Ich bin außerordentlich stolz auf sie«, sagte Steve Robison, einen Arm um seine Frau legend. »Sie haßt es, wenn ich so über sie rede, sie sagt, es höre sich so an, als ob sie gar nicht anwesend wäre.
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