Grimwood, Ken - Replay
zu säubern und die verstopften Sammelbehälter und Röhren freizumachen, die für die Bewässerung seiner Felder nötig waren.
Er hatte das Grundstück vor neun Jahren gekauft, wenige Wochen nach der Beinahekatastrophe auf dem Flug nach Honolulu. Er hatte Sharla seit jenem Tag neben der verrauchten Rollbahn nicht mehr gesehen. Hatte kaum jemanden seit jenem Sommer wiedergesehen, um die Wahrheit zu sagen.
Sein nächster Dauernachbar lebte in Turtle Pond, drei Meilen über einen alten Planwagenpfad nach Osten. Der einzige Weg zu Jeffs Grundstück führte über eine Serpentinenstraße, die häufig weggewaschen wurde. Von November bis Januar machten der Schnee und der Regen und der Schlamm die Überquerung des Marble Creek so gut wie unmöglich; er hatte gelernt, für den Winter sorgfältig Vorräte anzulegen.
Den Rest des Jahres über blieb er fast ebenso sehr für sich. Etwa jede Woche fuhr er in die Kleinstadt Montgomery Creek, kaufte dort im Laden ein paar Sachen oder ließ seinen Pickup an der Zwei-Pumpen-Shelltankstelle warten. Er hatte im großen und ganzen zu trinken aufgehört, aber wenn es eine gute Ernte gab, dann feierte er vielleicht mit einem Bier und einem Essen im Forked Horn oder der Hillcrest Lodge. Das Forked Horn gehörte einer liebenswerten Familie, den Mazzinis, und die Frau, Eleanor, unterhielt in ihrem großen, verschachtelten Haus in der Stadt eine Zweigstelle der Shasta County Bibliothek. Gelegentlich schwatzte Jeff mit dem einen oder anderen über dies und jenes. Ihr Sohn Joe war einige Jahre jünger als Jeff, und seine intelligente Neugier auf die Welt außerhalb schien keine Grenzen zu kennen. Doch keiner aus der Familie mischte sich je in seine Angelegenheiten ein; sie forschten niemals allzu tief nach dem Grund, warum sich Jeff ein so isoliertes Leben ausgesucht hatte. Joe hatte ihm geholfen, in The Cove eine Kurzwellenanlage aufzustellen, und das Radio war Jeffs einzige Verbindung zur Zivilisation geworden, abgesehen von seinen gelegentlichen Gesprächen mit den Mazzinis.
Diese kleine Ecke von Nordkalifornien wurde überwiegend von Holzfällern und Indianern bewohnt, zu denen Jeff keinerlei Kontakt hatte. Ein Haufen Hippies und andere Zurück-zur-Natur-Typen waren aufgetaucht, kurz nachdem Jeff hierher gezogen war, aber die meisten von ihnen waren nicht lange geblieben. Die Landarbeit war härter, als sie sich vorgestellt hatten, und es war mehr nötig als Marihuanapflanzen, um über die Runden zu kommen.
Das Schlimmste an diesen Jahren, vermutete er, war die Enthaltsamkeit, wenngleich nicht aus den Gründen, die er erwartet hätte. Er war, während seiner Zeit mit Sharla und Mireille verdammt nahe daran gewesen, des Sexes um seiner selbst willen überdrüssig zu werden.
Eine Zeitlang hatte es so ausgesehen, als könnte er ausgesprochen gut ohne sexuellen Kontakt leben, und er war überrascht gewesen, wie leicht es war, diesen Teil seiner selbst abzutöten. Doch bald hatte er entdeckt, sehr zu seiner unangenehmen Überraschung, wie stark sein Bedürfnis nach einfachem menschlichem Kontakt doch war. Ihn verloren zu haben, nagte täglich an ihm, quälte ihn sowohl beim Erwachen wie beim Einschlafen.
Manchmal träumte er von einer Frau, die bloß seine Wange berührte, oder daß er ihren Kopf an seine Brust gedrückt hielt. Die Frau in diesen Träumen konnte Judy oder Linda sein, sogar Sharla; häufiger war sie gesichtslos, eine Abstraktion des Weiblichen.
Stets erwachte er aus diesen Träumen mit einer überwältigenden Traurigkeit und dem vertrauten Wissen, daß dieser Mangel nicht ohne das Risiko erneuten Verrats und der letztendlichen Gewißheit absoluter Auslöschung gemildert werden konnte. Beide Schmerzen waren zu stark, um sie wieder auf sich zu nehmen. Besser schien es, seine Seele langsam sterben zu lassen, Stück für einsames Stück.
Sein Rücken begann von all dem Bücken beim Säubern des Bewässerungssystems zu schmerzen, deshalb setzte er sich neben dem Bach nieder. Weit im Norden, hinter den Flatwoods und auf halbem Weg nach Oregon, ragte der erstaunlich weiße Kegel des Mount Shasta über den Horizont empor, wie der schlafende Gott, für den die Indianer in dieser Gegend ihn einmal gehalten hatten.
Er kaute einen Streifen getrocknetes Rindfleisch, spülte es mit einem weiteren kalten Schluck Bachwasser hinunter. Diese, seine neue Heimat lag genau auf dem Grat der windigen Cascade-Hochebene, in der Mitte zwischen Mount Lassen und Mount Shasta. Nördlich befanden
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