Grippe
Kameras zu installieren, ohne dass die Bewohner es merkten. Niemand schien die vorgeblichen Wartungsarbeiten hinterfragt zu haben, doch andererseits wusste er als Eingeweihter, wie die Delegierten der Kammer scheinbar unmöglich zu bewältigende Hindernisse wie dieses aus dem Weg räumten. Brutal.
Pat saß auf einem Stuhl in einem dunklen Raum. Er trug ein weißes Hemd, das seine Frau penibel gebügelt hatte. Jetzt triefte es vor Schweiß. Die Hände hatte man ihm am Rücken verschränkt und verbunden. Eine Lampe strahlte in sein grämliches, aber sauberes Antlitz – wie der Mond: hell, trist und unheilvoll. Schatten tanzten an den Wänden wie während eines irren Puppenspiels.
Ein Mann trat vor, während ein zweiter Pat zurückzog und etwas in sein Ohr flüsterte. Der andere näherte sich, Pat hörte seine Absätze über den Boden schlurfen, als schleppe er sich dahin.
»Wir haben deine Frau, Patrick«, sprach der Mann, dessen Züge im Gegenlicht vollkommen unkenntlich blieben. Seine Stimme klang sanft wie Seide, melodisch wie ein Musikinstrument in perfekter Intonation, fast einlullend und allzu höflich. »Sie steht unter Anklage, weil sie sich der Festnahme widersetzt – oh, und ein Mitglied der Streitkräfte angegriffen hat. Natürlich. Das dürfen wir nicht vergessen.«
Er spuckte in die Richtung, aus der die Stimme kam. Der Mann entgegnete nichts, dafür durchzuckte ein Stromschlag Pats Leib. Schweiß und Urin vermischten sich auf seiner Haut. Die plötzliche Feuchtigkeit fühlte sich gleichzeitig kalt und heiß an.
»Lasst sie in Frieden, ihr –«
»Aber aber, Patrick«, fuhr der erste Mann fort und beugte sich tiefer über ihn. Pat sah, dass er groß und schlank war. »Wenn du lieb und nett bleibst, dann sind wir es auch. Und deine gute Gattin, hübsch wie sie ist –«
»Dreckschwein!«, bellte Pat und versuchte, die Hände freizubekommen, aber vergeblich. Er rüttelte heftig am Stuhl und knurrte vor Frust wie ein tollwütiger Hund.
Der zweite Mann, der sich ins Dunkel zurückgezogen hatte, trat ebenfalls wieder vor. Er sah Pat an und seufzte.
» Erzähl uns einfach, was wir hören wollen«, bat er mit tiefer Stimme, die die Worte entsprechend träge klingen ließ. »Bitte Pat. Tu es. Zum Wohle aller.«
»Fick dich«, entgegnete Pat lapidar.
»Nun gut«, sprach der erste Mann und ging zur Tür hinaus. Pat hörte ihn noch auf dem Flur murmeln, dann den Lärm eines anderen, den zwei weitere Männer in den Raum zerrten. »Hier hinsetzen«, befahl sein Peiniger.
»Wer ist da?«, fragte Pat, da er außer Schatten und Umrissen nichts erkannte.
»Daddy?«, vernahm er eine nervöse Stimme.
»Sean?«, fragte Pat. »Sean, bist du das?«
Der zweite Mann bedrängte ihn erneut: »Sprich, Pat.« Seine Stimme zitterte entweder vor Zorn oder Enttäuschung. »Sprich Pat, oder Gott weiß, was mit dem Jungen geschehen wird.«
»Daddy, sag ihnen nichts!«, rief sein Sohn.
» Okay, das genügt«, warf die erste Stimme ein. Sie schafften Sean genauso zügig hinaus, wie sie ihn hereingeschubst hatten.
»Halt!«, rief Pat wütend. »Wo bringt ihr ihn hin? Sean? Sean!«
Der Junge war fort, und seine Stimme verklang auf dem Flur. Die beiden Männer verharrten im Dunkeln wie um Spannung aufzubauen, als wollten sie, dass sich das, was gerade passiert war, setzte. Dann traten sie gemeinsam vor Pat, wobei ihre Füße noch träger als zuvor über den Boden schlurften.
»Letzte Chance, Pat«, sprach die dunklere Stimme dicht an seinem Ohr.
»Wir könnten ihn … verschwinden lassen«, flüsterte die übertrieben zärtelnde Stimme verheißungsvoll.
»Ihr …« Zutiefst verzweifelt und zornig brach Pat in Tränen aus. Er nahm wahr, dass die zwei weiter auf ihn einredeten, ihn umstimmen wollten, doch er ging nicht darauf ein. Zu wütend, zu wenig Herr seiner Gefühle war er. Ihre Worte klangen unverständlich, und die Stimmen wurden immer lauter, je länger er auf diesem Stuhl in diesem abgedunkelten Raum saß und wie ein Kleinkind heulte. Das Gerede ergab keinen Sinn mehr, klang nach Kauderwelsch und wie im schnellen Vorlauf überhastet abgespult. Die Sätze schwirrten durch die Luft, wirbelten um ihn herum und rasten in seinem Kopf. Sie durchdrangen ihn – gnadenlos maschinell, furchteinflößend und abscheulich laut.
Seine Augen flimmerten, öffneten sich. Pat lag in der Wohnung auf seinem Bett. Er hatte sich nicht ausgezogen. Das Plappern hörte er immer noch, bedrohlich und aus unmittelbarer Nähe. Es ließ
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