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Grippe

Grippe

Titel: Grippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wayne Simmons.original
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Terrasse, den sie nicht kannte. Er war klein und untersetzt, sein Haar füllig und kraus. Er saß entspannt am Tisch und trank Bier. Wie ein Einbrecher sah er nicht aus, vielmehr behaglich und beinahe vertraut. Einen Moment lang vermutete sie, die anderen seien auf ihn gestoßen, während sie geschlafen hatte.
    Auf dem Küchentisch lag der Revolver. Sie nahm ihn leise zur Hand und vergewisserte sich, dass er geladen war. Wider besseres Wissen trat sie vor, um die Glastür zu öffnen.
    Der Mann schaute hoch, als er sie bemerkte.
    »Nein, lass zu«, bat er. Sie kannte die Stimme.
    Geri erstarrte. Die Wollhaube lag auf dem Tisch, daneben Taschentücher und eine Illustrierte. Ein gebrauchtes Tuch hatte er fallenlassen; es war blutverschmiert. Er schniefte und ließ sogleich ein Lachen folgen. Dann füllten sich seine Augen mit Tränen, wobei sie nicht wusste, ob wegen der Nase oder weil er weinte.
    »Kein Heuschnupfen«, bemerkte er mit einem Lächeln. Er wirkte warmherzig und attraktiv, was Geri erstaunte. Nie hätte sie ein solches Gesicht unter der Maske vermutet, eher einen hässlichen, dämlich glotzenden Typen. Genau so hatte sie ihn die ganze Zeit über behandelt.
    »Tut mir leid«, sagte sie und drückte eine Hand an die Scheibe.
    »Muss es nicht«, entgegnete er immer noch lächelnd. Er nahm eine Bierdose vom Tisch. »Hat Lark mir gebracht«, erklärte er und grinste komisch.
    Geri zog die Mundwinkel ebenfalls hoch. »Was hast du vor?«, fragte sie, weil sie nichts anderes zu sagen wusste. Sie hatte keinen besonderen Draht zu McFall, auch sonst niemand – außer vermutlich Lark. Es wäre dumm gewesen, zu heucheln.
    »Werde wohl noch ein, zwei zischen«, sagte er. »Lark hat ja nicht nur eine Dose angeschleppt.« Er nahm einen Schluck und rülpste. »Wenn sie leer sind, verschwinde ich mit einem Knall.« Er zeigte auf den Revolver in ihrer Hand. »In den Filmen«, fuhr er fort, während er die Waffe betrachtete, als sei sie selten und kostbar, »kriegen sie immer ’ nen Kopfschuss.« Als er ihr in die Augen schaute, bemerkte sie, wie rot und verquollen sie waren. »Ich will keiner von denen werden«, führte er an und gluckste leise.
    Auch Geri spürte einen Kloß im Hals, aber sie wollte die Fassung wahren, gerade vor ihm. Krokodilstränen wären unaufrichtig gewesen, egoistisch ebenso. So etwas brauchte er jetzt nicht; was sonst, wusste sie zwar auch nicht, aber das stand ohne Zweifel außer Frage.
    »Du gehst jetzt besser«, bat er, als hätte er ihr Unbehagen bemerkt. »Am besten auch aus dem Haus. Ich glaub, Lark ist schon weg. Lass mir nur die Knarre.«
    Wieder presste sie die flache Hand gegen das Glas, diesmal zum Abschied. Hinter dem feuchten Abdruck, den sie hinterließ, verschwamm McFalls Gesicht.
    Nachdem sie den Revolver wieder auf den Tisch gelegt hatte, ging sie auf den Flur und schließlich nach oben, wo sie die Glock hervorzog, die Lark ihr gegeben hatte, und schnell einige Dinge im Rucksack zusammenpackte. Beides nahm sie mit nach unten. An der Haustür schaute sie durch die schmale Scheibe. Der Landrover stand noch an der Stelle vor dem Grundstück, wo sie ihn geparkt hatte. Falls Lark wirklich verschwunden war, hatte er ihn nicht mitnehmen wollen. Sie erinnerte sich daran, dass die Schlüssel noch steckten. Mehrere Tote zuckelten wie gelangweilt herum. Sie kamen ihr respektlos vor nach dem Gespräch, das sie gerade geführt hatte, weil sie offensichtlich nichts von McFalls tristem Schicksal wussten. Aus irgendeinem Grund fand Geri, die Leichen müssten sich anders verhalten, die Köpfe andächtig senken oder auf andere Weise Beileid bekunden, beziehungsweise sich wenigstens diebisch freuen. Die Ignoranz hingegen, mit der sie einfach wie bisher weitermachten, kam ihr ungeheuerlich vor.
    Nachdem sie vor die Tür getreten war, schloss sie sie sorgfältig, weil sie nicht wollte, dass diese Mistviecher McFall die letzten Momente seines Lebens verdarben, indem sie sich wie Aasfresser an seiner Agonie weideten. Einer der Toten bemerkte sie und näherte sich ihr mit einer Aggression, wie sie sie bei ihnen noch nicht gesehen hatte. Sie zielte mit der Glock und traf den Schädel, womit sein Gehirn teilweise herausrutschte. Er wirkte eine Sekunde lang überrascht, bevor er umfiel wie ein Sack Kartoffeln. Ein zweiter schaute zu ihr, zögerte jedoch, sie anzugreifen. Er schien sich der Gefahr bewusst zu sein, verhielt sich also defensiv zum eigenen Besten. Sie zielte weiter auf ihn, während sie auf das

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